Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
am Ufer davon, während seine Männer hinter ihm herhasten.
    Ich wähle meine persönliche Nummer, unter der nur ich den General erreichen kann. Er hebt ab, ohne sich zu melden, denn, wer weiß, vielleicht befinde ich mich in Stücke zerlegt in einer Folterkammer, und ein Typ mit einer blutigen Säge in der einen Hand gibt mit der anderen die Kurzwahl ein.
    »Wir müssen über Marko Hutsul und Kombi-Oil reden«, sage ich.

32
    Eine Stabsoffizierin, die nur unwesentlich jünger als Mascha aussieht, führt mich die Treppen unter der Rüstkammer des Kreml hinunter. Zunächst Marmor, dann Steinplatten und irgendwann Flussgestein: Der Boden verschlechtert sich zusehends und verlangsamt ihren sowieso schon vorsichtigen Schritt. Die letzten zwanzig Meter führen durch einen höhlenartigen Durchgang, der an der verwitterten Tür des Generals endet. Auf ihr Klopfen hin werde ich eingelassen.
    Er sitzt hinter seinem Ebenholzschreibtisch, in das bläuliche Licht von Computerbildschirmen getaucht. Ansonsten ist der Raum dunkel. Die Tür schlägt hinter mir zu und verschließt sich mit dem Geräusch angesaugter Luft, was mich daran erinnert, welche Technologie hinter der primitiven Fassade der Kommandozentrale des Generals steckt. Während er auf seine Tastatur hämmert, stehe ich da und warte. Jetzt, wo kein Licht mehr durch die Tür dringt, scheint er von einem Heiligenschein umgeben, und es kommt mir vor, als würde ich vom Boden eines Brunnens zu ihm aufsehen.
    Als er fertig getippt hat, betätigt er einen Schalter, woraufhin der Raum plötzlich im Licht einer nackten Glühbirne erstrahlt. Er deutet auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    »Die Polizei hat drei Tote in einem Lieferwagen in der Nähe der M7 gefunden«, erklärt er und richtet seine Manschetten. »Wahrscheinlich im Zusammenhang mit Drogen, sagen sie.«
    »Wie geht es Charlie?«
    Er zeigt über seine Schulter in Richtung eines Zellenblocks, den er in seinem Gewirr von unterirdischen Gängen unterhält. »Offenbar ist sie geistig verwirrt. Die Amerikaner machen Druck, sie wollen sie unbedingt finden. Am meisten Lärm macht dieser Agent, mit dem du in Washington zusammengearbeitet hast. Matthews. Er sagt, sie gingen in ein paar Tagen an die Öffentlichkeit.«
    »Sollen sie ruhig. Sie behalten sie besser hier, sie könnte noch von Nutzen sein.«
    Er antwortet nicht darauf. Von diesen Dingen versteht er mehr als ich. »Golko hat mich über das Wesentliche unterrichtet. Du darfst die Lücken füllen.«
    Während ich meinen Bericht abliefere, zeigt sein Gesicht keine Regung, erst als ich Kombi-Oil erwähne und dass ihnen das Lagerhaus gehört, in dem Melniks Leiche gefunden wurde, meine ich, ein Flackern in seinen Augen zu erkennen. Er tippt etwas in seinen Computer. Als ich fertig bin, reicht er mir einen Ordner.
    »Marko Hutsuls Akte. Danach weißt du, was für ein Mensch er ist.«
    »Wie gut kennen Sie ihn?«
    »Er hat nie an der Front gedient«, erwidert er mit der Verachtung von jemandem, der es getan hat. »Seine Aufgaben waren politischer Art. Wir waren häufig bei denselben Besprechungen und haben uns einmal über den Einsatz einer Panzerdivision im Kaukasus gestritten. Ich kann den Knochen, die du da vor dir hast, nicht viel Fleisch hinzufügen.« Er weist auf die Akte.
    Ein leises Läuten ertönt. Der General drückt einen Knopf auf seinem Computer, und die Tür an der Rückwand öffnet sich summend. Die gebrechliche Offizierin, die mich hergebracht hat, tritt vorsichtig ein und überreicht ihm einen circa zwei Zentimeter dicken Ordner. Bei näherem Hinsehen wirkt sie ein bisschen jünger, vielleicht Anfang fünfzig. Ihre gebeugte Haltung lässt sie aussehen wie ein wandelndes Fragezeichen und macht sie um Jahre älter. Während sie sich zurückzieht, wirft der General einen Blick in den Ordner und schiebt ihn mir dann mit derselben Geste herüber wie das Hutsul-Dossier.
    »Das ist alles, was ich bis jetzt über Kombi-Oil herausgefunden habe. Das meiste davon ist öffentlich bekannt, aber einige der Finanzdaten nicht. Abgesehen von großen Anteilen an unseren Öl – und Gasreserven besitzen sie sechs Raffinerien, Hunderte von Kilometern an Öl-und Gaspipelines und ein Tankstellennetz in achtzehn russischen Bezirken.«
    »Haben AMERCO und Kombi-Oil irgendwelche gemeinsamen Interessen?«
    Er schüttelt den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Was ist mit den Chinesen?«
    Er greift erneut nach seiner Computermaus und tippt etwas in die Tasten. Als er auf den

Weitere Kostenlose Bücher