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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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unglaublich talentiert und kompetent, sie vereint auf einzigartige Weise die verschiedensten Fähigkeiten in sich. »Ich glaube, das ist eine gute Idee.«
    »Ich würde mich freuen.«
    Sie klingt jung und irgendwie euphorisch. So habe ich sie nie zuvor gehört. Merkwürdig, wie so wenige Worte eine solche Magie entfalten können.
    »Mach’s gut, Alla.«
    »Du auch, Alexei.« Sie lacht noch kurz, dann legt sie auf.
    Das Zona hat auf seinen fünf Etagen Platz für mehr als tausend Leute. Das Motto ist Gefängnislook: Lagerwächter und Patrouillenhunde begrüßen die Gäste von einem mit Stacheldraht umwickelten Wachturm aus; massive Türen, Eisenstangen, Zellen und Kellner in Häftlingsuniformen vervollständigen das Bild. Hinzu kommen eine Tanzfläche mit wechselnden Ebenen, eine sich drehende Bar, blau, rot und grün funkelndes Stroboskoplicht und ein durchsichtiger Fußboden, unter dessen Glas lebende weiße Ratten umherwuseln.
    Im vierten Stock gibt es einen VIP-Raum. Gedämpfte, an die Decke gerichtete Strahler, die Musik immer noch laut, aber nicht zu laut, weiträumig verteilte Tische, sich windende Tänzerinnen, jede Menge Personal mit Essen, Alkohol und Drogen – wer es sich leisten kann, hier zu sein, dem soll es an nichts fehlen. Nachdem mich ein Türsteher in Gefängniswärterkluft in Augenschein genommen hat, sehe ich mich erst mal in Ruhe um.
    An einem Ecktisch sitzen drei asiatische Männer. Einer von ihnen hat eine Tänzerin aus dem Club auf dem Schoß. Die anderen beiden unterhalten sich angeregt, während mehrere Mädchen so tun, als hingen sie ihnen an den Lippen. Doch plötzlich sehen die Männer nach oben und hören auf zu reden.
    In einem herunterfahrenden Käfig tanzt Mei. Sie trägt einen winzigen goldenen G-String mit passendem Bikini-Oberteil. Die Augen halb geschlossen, dreht und wiegt sie sich geschmeidig im Sound-Tsunami aus den Lautsprechern, versunken im narkotisierenden Bann der Musik. Ihr Drachentattoo windet sich mit jeder ihrer sinnlichen Bewegungen, feuerrot und orange glühend wie ein lebendiges Wesen unter der Haut. Ich nutze die Ablenkung, um mir die Männer näher anzusehen und meinen ersten Eindruck zu bestätigen. Als das Lied zu Ende ist, fährt der Käfig an fast unsichtbaren Drähten hoch, bis er in der verrauchten Dunkelheit unter der hohen Decke verschwindet, um Sekunden später mit einer anderen Gefangenen erneut aufzutauchen, die bis auf etwas gelbe Farbe in Form eines Bikinis völlig nackt ist. Die Gespräche werden wieder aufgenommen.
    Ich folge der kurvenförmigen Wand bis zu einer Eisentreppe und warte auf einem Absatz. Ein paar Minuten später gleitet Mei hinunter, in einem schwarzen Mantel und Jeans. Sie kramt in ihrer Gucci-Tasche und sieht mich erst, als ich neben ihr bin und gemeinsam mit ihr die Stufen hinuntersteige. Sie gerät ins Wanken.
    »Hallo, Mei, machst du gerade Pause?«
    Sie dreht ruckartig den Kopf herum, guckt erst an mir vorbei, dann auf die Treppe hinter sich. Sie packt meine Hand und läuft mit mir hinunter zu einer Toilette auf der nächsten Ebene, in eine Kabine mit Glastür, die blickdicht wird, als sie sie hinter uns abschließt. Sie öffnet den Mantel, unter dem ein enges dünnes T-Shirt zum Vorschein kommt, presst ihren Körper gegen meinen und sieht mich mit der Aufrichtigkeit eines Pornostars an.
    »Ich hätte dich nicht hier erwartet, Baby.«
    »Warum verstecken wir uns?«
    Ihr Gesicht ist noch gerötet vom Tanzen, und ihr Körper und ihre Hände fühlen sich warm an. »Ich habe Kunden. Die dürfen mich nicht mir dir erwischen.«
    »Du sahst so aus, als wolltest du gehen.«
    »Ich wollte nur eine Pause machen.«
    Ich umfasse ihre Hände und schiebe sie von mir weg, bis sie mit dem Rücken gegen die Marmorwand steht. »Wer sind deine Kunden?«
    Das Schimmern in ihren bernsteinfarbenen Augen wirkt schon nicht mehr ganz so eisig. »Irgendeine Männerrunde. Dasselbe wie immer.«
    »Asiaten.«
    »Und?«
    Ich nähere meinen Mund ihrem Ohr. Ihr Parfüm riecht nach Orangenblüten. »Ich glaube, sie sind von der chinesischen Staatssicherheit, Sechste Behörde«, flüstere ich, und sie erstarrt ganz leicht in meiner Umarmung. »Genau wie du.«
    Ich lege den Kopf zurück, bis sich unsere Nasen berühren. Sie hat die Augen geschlossen. Es fühlt sich an, als wären unsere Körper miteinander verschmolzen. Es ist lange her, dass ich einer Frau so nahe war. Jemand klopft an die Tür und sagt, wir sollen uns beeilen.
    »Warum ist die Sechste

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