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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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wir keine andere Wahl, als zu verhandeln.«
    »Mit wem?«
    »Abreg stellt Forderungen, über einen Mittelsmann.«
    »Sicher.« Ich sage das so nüchtern, weil ich inzwischen auf das Schlimmste gefasst bin. »Und er benutzt Khanzad als Vermittler.«
    »Richtig.«
    Er schaut mich aufmerksam an, wie ein Lehrer, der wissen will, ob sein Lieblingsschüler ihn verstanden hat. »Wenn du den Rest kombinierst, Volk, was siehst du dann?«
    Das Bild ist immer noch grobkörnig und überschattet von mehreren Zeitebenen, sowie von edlen und niederträchtigen Motiven. Aber im Wesentlichen glaube ich zu wissen, was aus dem Ei und dem Video geworden ist.

35
    Nach der Revolution landete das Hennen-Ei in Tschetschenien. Vielleicht hatte Dubinin recht damit, dass die Bolschewiken die Rebellen an der südlichen Grenze damit besänftigen wollten, aber wie genau es dorthin kam, ist nicht mehr wichtig. Wichtig ist, dass Khanzad es an sich gebracht hat, ob käuflich, durch Diebstahl oder irgendeine List, spielt dabei eigentlich keine Rolle.
    Er bot es zum Verkauf an und setzte sich mit Dubinin in Verbindung.
    Zur selben Zeit fristete Melnik sein schuldbeladenes Leben in Wladimir. Der ehemalige Soldat und verhinderte Filmemacher verbrachte die Zeit nach dem Krieg im Gebet, auf der Suche nach Vergebung, die ihm offenbar nie zuteilwurde. Einen zweiten Versuch startete er dann wohl mit der Internetrecherche nach einer Organisation, die ihm helfen würde, sein Video am besten zu verwerten. Dabei stieß er auf Ravi Kho, einen vermeintlichen Pazifisten, der gerade erst einen viel beachteten Eintrag ins Netz gestellt hatte, in dem er verkündete, er werde die »Gräueltaten in Tschetschenien aufdecken«. Ravi muss in seinen Augen der ideale Mann gewesen sein, um das Video an die Öffentlichkeit zu bringen – ein Außenseiter, der weder politische noch wirtschaftliche Ziele verfolgt.
    Melnik händigte Ravi sein Lebenswerk aus. Ravi, der entweder dazu verleitet wurde oder von vornherein seine eigenen Pläne hatte, gab es weiter an Khanzad. Und Khanzad legte sie beide rein. Er verkaufte es an den höchsten Bieter – oder an den Mann, den er am meisten fürchtete, was aufs selbe hinausläuft. Khanzad verkaufte es an Abreg.
    »Khanzad hat das Ganze arrangiert«, sage ich zum General, denn das ist die Wahrheit. »Er hat Abreg das Video verkauft und die Information, wo er Melnik und Dubinin finden kann. Dann hat er Dubinin das Ei und eine Kopie des Videos verkauft, und Abreg hat beides bekommen, als er Dubinin tötete.«
    Die dicken Falten um den Mund des Generals nehmen einen zufriedenen Ausdruck an. »Das sehe ich auch so, obwohl mir nicht ganz klar ist, warum das Mädchen, Charlie, am Ende den Anhänger hatte.«
    »Ich schätze, Ravi fand heraus, dass er reingelegt worden war. Ich wette, er hat den Anhänger gestohlen und ihn ihr geschickt. Wahrscheinlich zur selben Zeit, als er ihr Khanzads Aufnahme von dem Ei gemailt hat.«
    »Was ist mit Lachek? Warum fährt er nach Wladimir, stiehlt eine Polizeiakte und durchsucht Melniks Wohnung?«
    »Lachek war ebenfalls in Starye Atagi. Er muss dort gewesen sein. Er hat versucht, die Sache zu vertuschen; aus demselben Grund hat er auch die Datei neunundfünfzig dreizehn gelöscht.«
    »Nein. Dafür ist er zu alt, und 2003 war er in Asien«, widerspricht der General. »Denk mal eine Minute nach.«
    Ich brauche sehr viel weniger als eine Minute, um darauf zu kommen. »Sein Sohn. Der Schwachkopf, dem ich eins übergezogen habe, der war dort, und Lachek wollte ihn schützen.«
    Der General nickt. »Lachek schwebt über der ganzen Geschichte wie ein übler Gestank über totem Fisch. Als einer der Direktoren von Kombi-Oil ist er außerdem beteiligt an unserem anderen kleinen Projekt. Öl. Aber das ist meine Angelegenheit. Du konzentrierst dich auf das Video. Sieh zu, dass du es findest, und wenn du dabei auch noch das Ei zurückbekommst, umso besser.«
    »Warum geht Abreg mit dem Video nicht an die Öffentlichkeit?«
    »Weil er klug genug ist, zu erkennen, dass es als Verhandlungsmittel sehr viel nützlicher ist.«
    »Was will er?«
    »Geld. Den Abzug sämtlicher russischer Truppen aus Tschetschenien. Die Zusicherung der Unabhängigkeit und konkrete Schritte, um sie innerhalb von zwei Jahren umzusetzen. Wir zahlen, solange die Summe nicht unrealistisch ist. Die letzten beiden Bedingungen kommen nicht infrage.«
    »Das ist Quatsch. Wenn er das Geld erst hat, wird am nächsten Tag eine Kopie des Videos überall im

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