Im Schatten des Kreml
Behörde hier?«, will ich wissen.
»Davon weiß ich nichts.« Irgendwie hat sie ihre Hände befreit. Ich spüre sie plötzlich unter meinem Hemd.
Kurz darauf habe ich die Situation wieder unter Kontrolle und halte ihr die Hände über den Kopf Obwohl ich sie nicht mehr gegen die Wand drücke, klebt sie weiter an mir und bewegt ihre Hüften so wie vorher beim Tanzen. Wieder klopft es an die Tür. Ich presse ihre Handgelenke zusammen. Sie stöhnt auf, ich spüre ihren heißen Atem auf meinem Gesicht.
»Das funktioniert nicht, Mei. Warum bist du hier?«
Keine Antwort. Ihre Augen bleiben geschlossen. Die Gucci-Tasche baumelt von ihrer Schulter. Immer noch auf Tuchfühlung mit ihr, greife ich hinein, fingere darin herum und hole eine sowjetische PSM heraus, eine schmale Waffe, die sich gut verstecken lässt. Angewidert lasse ich sie in die Tasche zurückfallen.
»Maxim weiß alles«, flüstert sie. »Es ist besser für mich, wenn er es dir erklärt.«
Ich spüre mehrmals ihr Herz schlagen, bevor ich mich von ihr losmache und einen Schritt zurücktrete.
»Was weißt du?«
»Das habe ich dir schon beim ersten Mal gesagt. Öl ist alles.«
»Was bedeutet das?«
Sie antwortet nicht, Stattdessen sieht sie mir fest in die Augen. Vielleicht würde sie reden, wenn ich ihr ein Messer an den Hals hielte, aber ich glaube eher nicht, und ich habe es auch gar nicht vor, nicht wegen dieser Sache. Ich stoße die Tür auf. Der Mann vor mir reißt die Augen auf und sagt, »Oh, Verzeihung«, dann stolpert er rückwärts, während ich mich an ihm vorbeidränge.
37
Mein Atem dampft in der Luft draußen vor dem Nachtclub. Ich bleibe einen Augenblick stehen und werde vom Türsteher, einem falschen Gefängniswärter, und seinem Wachhund, einem echten Deutschen Schäferhund, beäugt. Es ist bereits nach Mitternacht, aber wer beim Geheimdienst arbeitet, ist nachts aktiv, so wie Fledermäuse, Schlangen und Skorpione. Ich mache mich auf den Weg zur amerikanischen Botschaft. Die Zeit für eine weitere Konfrontation mit Brock Matthews ist gekommen. Ich schätze, er wird diesmal aufrichtiger sein, jetzt, wo ich Charlie gefunden habe.
Zu viele Nachtgeschöpfe verstopfen den Bürgersteig entlang der Hauptstraße, also entscheide ich mich für die Nebenstraßen. Während ich durch eine schmale Gasse laufe, rufe ich über die Kurzwahl Vadim an, der grummelnd abnimmt. »Ich brauche die Telefonnummer von dem Amerikaner. Matthews. Sie steht auf dem Notizzettel in meinem Büro.« Ein Klacken in meinem Ohr sagt mir, dass er den Hörer beiseitegelegt hat, um in den Keller zu gehen. lch gelange in eine etwas breitere Straße; sie ist menschenleer bis auf einen Bettler, der, bis zur Nase in Decken eingewickelt, langsam auf mich zukommt und mich durch flaschendicke Brillengläser anstarrt, und einen Jugendlichen, der auf dem Moped vorbeiknattert. Das Grollen eines schweren Motors lässt mich einen Blick über die Schulter werfen. Eine amerikanische Limousine mit einem gigantischen, spitz zulaufenden Kühler taucht aus der Seitengasse auf und rollt auf mich zu. Vorsichtig beschleunige ich meine Schritte und spüre einen heftigen Adrenalinschub. Vermutlich habe ich mehr schlafende Hunde geweckt, als gut für mich ist. Ich weiche an die Mauer eines backsteinernen Fabrikhauses zurück. Schiebe die Hand unter die Jacke und greife nach der Sig.
Ein Taxi erscheint in der Mündung der nächsten Querstraße vor mir, im selben Moment saust ein Motorrad mit brüllendem Motor um die gegenüberliegende Ecke. Ich sehe mich kurz um. Die Limousine ist näher gekommen, sie ist jetzt weniger als zwanzig Meter entfernt. Das Taxi schneidet den Motorradfahrer, der gezwungen ist, so scharf zu bremsen, dass er fast den Asphalt berührt und seine Maschine Funken sprühend über die Straße rutscht. Die Limousine heult knurrend auf.
»So, jetzt«, höre ich Vadim sagen, kurz bevor ich das Handy fallen lasse.
Die Limousine steuert zur Seite, springt auf den Bordstein und rast auf mich zu, den gezähnten Kühler direkt auf meinen Oberkörper gerichtet.
In einer einzigen Bewegung ziehe ich die Sig und schnelle in die Höhe, entgehe knapp dem heransausenden verchromten Maul und rolle über die Motorhaube. Kurz bevor der Wagen gegen die Mauer knallt, lande ich in der Windschutzscheibe. Das Sicherheitsglas vibriert mit einem dumpfen Knirschen, ohne jedoch zu zerspringen. Der Rückstoß befördert mich zurück auf die Haube, wo ich ein Knie aufstütze und die Arme nach vorne
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