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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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hinein.
    »Von wo?«, wollte der Capitaine wissen.
    Jonan sah sich suchend um, konnte allerdings nichts entdecken. »Keine Ahnung. Haben Sie ein Fernglas?«
    »Ja, unter dem Beifahrersitz. Kommen Sie und holen Sie es sich.«
    Während Jonan der Aufforderung nachkam, lenkte der Capitaine ihren Wagen die Uferstraße links von der Seine entlang. Der rechts vom Fluss verlaufende Weg wäre zwar näher liegend gewesen, weil sie so keine Brücke hätten überqueren müssen, um zurück in Bonasses Gebiet zu gelangen. Bloß hatten einige Krater in der Promenade die Fahrt dort unmöglich gemacht, sodass sie ans andere Flussufer gewechselt waren.
    Auch hier fiel ihnen das Vorwärtskommen nicht leicht. Sie waren gezwungen, langsamer zu fahren, weil viel mehr Hindernisse auf der Fahrbahn lagen. Aufgegebene Motorwagen, Müllbehälter, herabgestürzte Äste und zerborstene Straßenlaternen behinderten sie. Außerdem mussten sie höllisch aufpassen, um nicht in eines der riesigen Schlaglöcher zu fahren.
    Weitere Schüsse peitschten, nun etwas lauter. Sie bewegten sich eindeutig auf die Quelle der Geräusche zu. Aus einer Ahnung heraus richtete Jonan den Blick auf das absurd hoch in den Himmel aufragende Metallungetüm, das unweit des Flussufers stand. Durch das Fernglas glaubte er, winzige Gestalten im Gerüst des Turms umherturnen zu sehen.
    »Verflucht, was machen die da?«, murmelte er. »Rochefort!«, rief er ins Wageninnere. »Wir müssen über den Fluss zu diesem Metallturm hinüber. Dort wird gekämpft. Schnell! Sonst erwischt es noch jemanden, bevor wir eingreifen können.«
    »Geht klar«, bestätigte der Capitaine und gab Gas. Metall schepperte, und Jonan wurde ordentlich durchgeschüttelt, als der gepanzerte Motorwagen durch alle Hindernisse hindurchzufahren begann, die nicht größer waren als er selbst.
    Licht Gottes, ich bitte dich, lass mich nicht zu spät kommen , betete Jonan.
    Weitere Schüsse waren die einzige Antwort, die er bekam.
    Die Kugel schlug unmittelbar neben dem Kopf des Mondkaisers in die Lehne des Throns ein. Holz splitterte, und er zuckte leicht zusammen. Nein! , schrie Carya im Geiste und warf sich innerlich mit aller Macht gegen die Barrieren, die sie von der bewussten Kontrolle über ihren Körper abhielten.
    Sie richtete den Lauf der Waffe etwas zur Seite, und ihr Finger krümmte sich erneut um den Abzug. Aber sie zog ihn nicht durch. Carya starrte in die stechenden, intensiv blauen Augen des Mondkaisers und fing an zu zittern.
    »Tun Sie es nicht«, sagte er leise und beschwörend. »Sie müssen mich nicht töten.«
    »Nein …«, presste Carya zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Will nicht …« Das Zittern ihres Arms verstärkte sich, und sie legte zusätzlich die linke Hand an die Waffe. Sie spürte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat. Carya kämpfte gegen sich selbst, gegen die erbarmungslose Konditionierung, der die Erdenwacht sie unterzogen hatte und die gegenwärtig nur ein Ziel kannte: den Kaiser um jeden Preis zu töten.
    »Hören Sie auf meine Stimme«, sprach der Mondkaiser. »Sie wollen mich nicht umbringen. Ich sehe Ihren Konflikt. Legen Sie die Waffe nieder.«
    »Majestät …«, setzte Aurelie an, doch der Kaiser brachte sie mit einer entschiedenen Geste zum Schweigen. Die ganze Zeit hielt er Caryas Blick mit seinen Augen gefangen.
    »Ich … will … nicht«, ächzte Carya. Ihre Arme begannen sich langsam zu senken. Sie kämpfte um jeden Zentimeter, und sie merkte, dass ihr die Präsenz des Kaisers half, weiterzumachen. Mehr und mehr wurde ihr scheinbarer Wille wieder zu Befehlen eines Schattens namens Cartagena, den sie hasste und der ihr wahrer Feind war. Das Gespräch mit ihm, das sie schon beinahe vergessen hatte, kehrte in ihre Erinnerung zurück, und das ganze Ausmaß seiner Intrige wurde ihr bewusst.
    Ein heißer Zorn durchflutete sie und verlieh ihr neue Stärke, sodass sie die Attentäterin zurückzudrängen vermochte. Ihr Blick klärte sich, ihr Geist wurde weiter und größer. Es war ein Gefühl, wie wenn man nach einem schlimmen Drogenrausch wieder nüchtern wurde.
    »Nein!«, rief plötzlich ein Mann neben ihr. Es handelte sich um Justeneau. »Tun Sie es! Schießen Sie. Sonst bringe ich Sie um.« Unvermittelt hielt er ein silbernes Kästchen mit einem Knopf in der Hand, auf den er den Daumen legte.
    »Was haben Sie da?«, fragte Neve Arida scharf.
    »Einen Funkauslöser«, antwortete Justeneau, ohne seinen Blick von Carya abzuwenden. »Er zündet den

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