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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Sprengsatz in Mademoiselle Diodatos Medaillon. Also schießen Sie – oder ich jage Sie in die Luft.«
    »Das ist Hochverrat«, warnte ihn der Mondkaiser.
    »Es ist ein notwendiger Verrat«, fauchte Justeneau. »Oder glaubt Ihr, dass wir tatenlos zusehen, wie Ihr ein Bündnis mit unserem Erzfeind, dem Lux Dei, eingeht?«
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte Factice. Sie warf Carya einen prüfenden Blick zu, als wolle sie sich versichern, dass sie nicht mehr blindlings drauflosschießen würde. Dann erhob sie sich und ging langsam zur Tür. Mit bedächtigen Handgriffen schloss sie sie von innen, damit auf dem Korridor niemand mitbekam, was geschah.
    »Ihr also auch, Julianne?«, entfuhr es dem Kaiser fassungslos. »Ich habe Euch persönlich unterstützt.«
    »Es tut mir leid, Majestät«, sagte die Ministerin. »Ich bin eine Invitro. Was Ihr tut, ist falsch. Der Lux Dei ist bis ins tiefste Mark verdorben. Ich habe es Euch in Freundschaft zu sagen versucht. Aber Ihr habt nicht auf mich gehört. Also musste ich zu anderen Mitteln greifen. Euer Sohn wird sicher verständiger sein, wenn er erst erfährt, dass eine Attentäterin aus Arcadion Euch ermordet hat.«
    Plötzlich wünschte sich Carya, sie wäre nicht so früh schon wieder sie selbst geworden. Binnen Sekunden war die Situation vollkommen außer Kontrolle geraten. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und sie wusste nun nicht mehr, was sie tun sollte.
    Eigentlich hatte sie erwartet, dass zumindest Aurelie sich auf die Seite des Vaters ihres zukünftigen Mannes schlagen würde. Doch die Versprochene Alexandres schwieg nur und schaute drein, als hätte sie Entsetzen gelähmt. Aber irrte Carya oder lag da ein kaum wahrnehmbares Funkeln von Zufriedenheit in ihren Augen? Gehörte Aurelie etwa ebenfalls zu den Verschwörern? Oder sah sie nur Alexandre in ihre Arme zurückeilen, wenn sie ihm schluchzend mitteilte, dass die teuflische Hexe Carya aus Arcadion seinen Vater ermordet hatte?
    »Wie es aussieht, bin ich die einzige Kaisertreue in diesem Raum«, stellte Arida trocken fest. »Und das, obwohl ich dieses Land nicht mal besonders mag.« Bevor jemand darauf reagieren konnte, stand sie auf. Aus dem weiten Ärmel ihres figurbetonten Gewandes schnellte ein winziger Revolver in ihre Hand, den sie mit kühler Miene auf Justeneau richtete. »Drücken Sie den Knopf.«
    »Was?« Erschrocken blickte er auf die kleine, aber bösartig glänzende Waffe, die auf seine Stirn zielte.
    »Drücken Sie den Knopf, der den Sprengsatz auslöst. Sofort.«
    »He«, rief Carya. »Das Medaillon liegt um meinen Hals. Wollen Sie mich umbringen?«
    Ein dünnes Lächeln umspielte Aridas Lippen. »Ja, das will ich. Deswegen bin ich hier. Dies hier ist nicht der Augenblick meiner Wahl, aber besser jetzt, als nachdem Sie den Kaiser getötet haben. Übrigens soll ich schöne Grüße von Großinquisitor Aidalon ausrichten, Carya Diodato aus Arcadion, Hochverräterin am Orden des Lux Dei.«
    Caryas Kehle wurde staubtrocken. Die Sondergesandte – oder wohl eher Agentin des Tribunalpalasts – hatte es gewusst. Sie hatte die ganze Zeit gewusst, wer Carya war, und nur auf den Moment gewartet, um zuzuschlagen. Caryas Blick huschte zu Justeneau, dessen ruhige Hand zu zittern begonnen hatte und der seinerseits zwischen ihr, Arida und dem Kaiser hin und her schaute. »Schießen Sie!«, forderte der Minister Carya auf.
    »Töten Sie Carya!«, zischte Arida Justeneau an.
    In diesem Moment wurde schwungvoll die linke Flügeltür aufgerissen, traf Julianne Factice und ließ sie mit einem erschrockenen Aufkeuchen seitlich zu Boden stürzen. Im Türrahmen stand Pitlit, seinen silbern glänzenden Revolver in der Hand, der in Richtung Arida und Justeneau zielte. »Hier tötet niemand niemanden, würde ich vorschlagen«, sagte er grimmig.
    Über eine breite Brücke fuhren sie direkt auf den Turm zu. Erst jetzt aus der Nähe erkannte Jonan, wie gewaltig dieses Monument aus Eisenträgern war, das lange vor dem Sternenfall errichtet worden war. Es erhob sich unfassbar hoch in den Himmel und ragte aus dem zertrümmerten Leib von Paris empor wie der verrostete mahnende Zeigefinger der Stadt selbst.
    Obwohl es wegen der Wolken mittlerweile merklich dunkler geworden war und der Wind kräftig auffrischte, sah und hörte Jonan ganz deutlich, dass am Boden des Turms, zwischen seinen vier gewaltigen Stützpfeilern, geschossen wurde, und ebenso auf einer Plattform in gut fünfzig Metern Höhe.
    Jonan fluchte. Er hatte keine Ahnung,

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