Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
Vom Netzwerk:
sich los. »Nein.«
»Kommen Sie, Sie zittern ja. Nehmen Sie das.« Er streifte seine Jacke ab und hängte sie um ihre Schultern. Scheu tastete sie nach den Aufschlägen und zog das warme Kleidungsstück enger um sich. »Und Sie?«
»Es geht schon.« Über seinem karierten Flanellhemd trug er eine gefütterte Reitweste.
»Die Nacht ist ja nicht kalt. Sie zittern bloß, weil Sie nervös sind.«
»Haben Sie vielleicht eine Zigarette?«
»In meinem Rucksack. Er ist drüben beim Pony. Kommen Sie.« Als sie neben ihm hertrottete, blickte er auf sie nieder. »Ich hätte nicht geglaubt, daß Sie rauchen, Louise.«
»Was dachten Sie denn von mir? Daß ich an den Weihnachtsmann glaube und mit Puppen spiele?!«
Ja, was hatte er eigentlich von ihr gedacht? Nichts Gutes, jedenfalls: »Ich hielt Sie für eine vorlaute, verzogene und ziemlich eingebildete Göre. Ist das Antwort genug?«
»Und ... und was denken Sie jetzt?«
Sie hatten Gray Beard erreicht, und Eric hielt ihr das Zigarettenpäckchen hin. Als er sah, mit welchem Hunger sie den Rauch inhalierte, grinste er. »Ich denke jedenfalls, daß dies hier nicht Ihre erste Zigarette ist.« Er entzündete eine für sich, ließ sich neben Gray Beard mit gekreuzten Beinen auf dem Boden nieder und zog Louise am Ärmel seiner Jacke neben sich. Ohne Widerstreben gehorchte sie. »Das soll wohl so was wie eine Friedenspfeife sein, schätze ich?«
»Ich wollte nie Unfrieden mit Ihnen, Louise. Sie waren von Anfang an gegen mich.«
»Hab meine Gründe.«
»Schön, lassen wir das. Was hatten Sie da am Zaun zu tun? Ich glaube auch, Huftritte gehört zu haben, und zwar auf diesem Gelände.«
»Ich zeige es Ihnen.« Sie rappelte sich auf und ging dicht am Zaun entlang den Weg zurück zu der Stelle, wo er sie gepackt und niedergeworfen hatte. »Hier, sehen Sie.« Mit einer Hand machte sie sich am Zaun zu schaffen, wo er um einen der Stützbalken lief; wieder klimperte das Metall leise, und eine Öffnung war im Zaun.
»Die haben das gemacht.« Sie nickte zum Land der Cochans hin. »Der Zaun ist hier so bearbeitet, daß er nur um den Balken gehakt werden muß. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich ihnen auf die Schliche gekommen bin. Das ist gar nicht dumm, sehen Sie? Statt den Zaun aufzuschneiden und wieder zu reparieren, damit nichts auffällt, haben sie sich eine Art Tor gebastelt.«
Eric stieß einen leisen Pfiff aus, warf seine Zigarette zu Boden und trat sie aus. Louise bückte sich, hob die Kippe auf und ließ sie in der Jackentasche verschwinden.
»Sie müssen ja nicht wissen, daß wir's wissen. Die sind schlau. Wenn die Kippe an dieser Stelle liegt, rechnen die sich aus, daß hier einer gestanden und ihr Tor begutachtet hat.«
Eric beugte sich nieder und nahm den Zaun in Augenschein. »Saubere Arbeit«, sagte er, »so gut wie unsichtbar. Ich bin gestern nacht den ganzen Zaun abgeritten und habe nichts bemerkt.«
»Um es zu sehen, müßte man im hellen Tageslicht den Zaun Zentimeter für Zentimeter absuchen.«
»Und das haben Sie getan?«
Sie schüttelte den Kopf. »Bald nachdem die da«, sie wies verächtlich über den Zaun, »das Land gepachtet hatten, verschwand ein Kalb, das Mutter als Bullen aufziehen wollte, und sie hat sich deswegen sehr geärgert, und weil die Polizei...«
»Ihre Mutter erzählte mir davon.«
»Mir hat das keine Ruhe gelassen. Ich habe manchmal beinahe die ganze Nacht draußen verbracht und gewartet, daß sie es wieder tun.«
»Und Ihre Mutter weiß nichts davon.«
»Mama sitzt oft so lange über ihren Büchern, bis sie einschläft. Sie ist froh, wenn man sie nicht stört. Es ist nicht schwer, sich aus dem Haus zu schleichen. Aber wenn sie es wüßte ... auch nur etwas ahnte, würde sie mich in meinem Zimmer anketten. Und Grandpa – Sie haben ja gesehen, wie er sich aufregen kann.«
»Aber Sie sind doch nicht zu Fuß über das riesige Gelände gewandert?«
»Ich hab ein gutes Fahrrad. Es ist da im Busch versteckt.«
Eric wußte nicht, was er sagen sollte. Dieses Mädchen, das er für ein verzärteltes Pflänzchen gehalten hatte, war auf einem Fahrrad unermüdlich über unwegsamstes Gelände gefahren, um ihrer Mutter zu helfen, und sie hatte ihr Geheimnis ebenso für sich behalten wie die Müdigkeit, ja, Erschöpfung, die sie nach einer solchen Nacht verspüren mußte. Schließlich fuhr sie ja auch noch jeden Morgen zur Schule in Kirkrose. Jetzt verstand er ihre Gereiztheit. »Louise«, sagte er leise, »ich muß mich wirklich bei Ihnen entschuldigen.«
Sie sah

Weitere Kostenlose Bücher