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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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der sie sich barg, bezauberte sie.
»Warum tun Sie das? Was wollen Sie mit dem Ding?«
»Es behalten.« Er ragte über ihr auf. Sie sah die Angst hinter der einschüchternden Haltung und wußte, wovor er sich fürchtete.
»Warum denn?« Ihr pochendes Herz ließ ihre Hände zittern. Gut, daß dieses Zittern von den dicken Fäustlingen vor seinem aufmerksamen Blick verborgen wurde.
»Um ... nun ... Sie haben Ihren Standpunkt ja klargemacht, also ...« Er blickte zu Boden.
Sie ergriff die Initiative. »Also – was?!«
»Ich darf nicht hoffen, aber ich ... ich möchte doch gern etwas haben, das Sie ... verflixt! – Elaine, zwingen Sie mich nicht, so abstruse Dinge zu sagen! Ich könnte es mir nie verzeihen. Und Sie würden es ebensowenig verzeihen können.«
Er wollte sich abwenden, er hatte das Gefühl, ihr nie wieder ins Gesicht sehen zu können. Aber sie faßte nach den Aufschlägen seines Lodenmantels und hielt ihn auf, zwang ihn sanft, sie anzusehen: »Standpunkte können geändert werden, Eric.« Er hatte sich losreißen wollen, doch nach diesen Worten wandte er sich ihr zu. Sein bleiches Gesicht war unbewegt, aber seine Augen konnten nicht täuschen – zumindest nicht sie. Sie hatte von Anfang an in ihnen lesen können.
»Ich ... ich habe meinen geändert. Ich«, ihre Stimme bebte, »ich ...«
Er starrte sie an. Hoffnung lag in diesem Blick.
»Geändert?«
»Geändert, ja.« Ihre Hände in den Fäustlingen klammerten sich an seine Mantelaufschläge. »Ich – habe – meinen – Standpunkt – geändert!«
»Was ... was heißt das?«
»Weißt du das nicht?«
Er schüttelte den Kopf, als sei er benommen von einem starken Mittel, als versuche er, sich von Traumgespinsten zu befreien. Sie bemerkte ein leises Zittern.
»Was immer du tust, Eric – ich möchte bei dir sein.«
»Du ... möchtest bei mir sein?«
»Bei dir. Wo auch immer. Gleichgültig, was du tust. Und wo du es tust.«
»Bei mir. Wo auch immer«, wiederholte er benommen. »Wo auch immer.« Er wurde noch eine Spur blasser. Sie ließ eine Hand aus dem Fäustling schlüpfen und strich über seine kalte Wange. Er drehte den Kopf, als wolle er die Innenfläche ihrer Hand küssen, verharrte aber. Leicht machte er es ihr gerade nicht.
Sie liebte ihren Beruf. Sie liebte ihr Land. Oh ja, sie liebte ihr Land. Aber an seiner Seite würde sie jedes Land lieben können, und es gab überall Menschen, denen sie helfen konnte. Er war wert, alles, was ihr bislang wichtig gewesen war, aufzugeben. Er war alles wert. »Weißt du was? Mir ist kalt. Ich hätte jetzt gern einen Tee.«
»Tee?!« Er schrak auf und sah sich um, ließ den Blick über die verschiedenen Buden schweifen, versuchte sich zu erinnern, an welchem Stand man Tee bekommen konnte.
»Nicht hier«, erklärte sie. »Ich kenne einen Platz, wo es zum Tee wunderbare Scones gibt.«
Ihm stand der Sinn durchaus nicht nach Gebäck, aber wenn sie es sich wünschte ... Sie hakte sich wieder bei ihm ein, und er ging neben ihr, fragte stumm Wolf: Bist du sicher, daß dies wirklich kein Traum ist? Der Hund wedelte und schob ihm seine kalte Nase gegen die Hand.
»Aber Claire!« wandte er nach einigen Schritten ein.
»Claire«, sagte Elaine lächelnd. »Sie ist eine fabelhafte Frau.«
»Natürlich! Und darum muß sie unbedingt Bescheid wissen. Ich meine, ich kann nicht einfach gehen, und sie –«
»Eric – glaubst du denn wirklich, es sei ein Zufall, daß wir uns heute begegnet sind? Ich bin nur froh, daß Claire dich überreden konnte. Sie sagte, es würde nicht leicht werden, weil du Gedränge nicht ausstehen kannst. Aber sie ist eben wirklich eine einfach fabelhafte Frau.«
»Oh!« Er erinnerte sich jetzt an Claires beiläufige Bemerkungen über die heimelige Schönheit des Weihnachtsmarktes, die sie seit einigen Tagen immer wieder ins Gespräch eingeflochten und mit denen sie ihn schließlich ganz neugierig gemacht hatte; und sog darauf, tief bestürzt, die Luft ein. Aber er tat es auch mit einem Hauch von Belustigung: »Eine Verschwörung!«
»Wenn du es so nennen willst.« Sie waren bei ihrem Wagen angelangt. »Sie kann uns auch jederzeit erreichen, falls es einen dringenden Fall für dich gibt. Sie hat meine Telefonnummer, und die meines Handys.« – Seit Jahren war sie selbst daran gewöhnt, immer genau dann angerufen zu werden, wenn sie es am wenigsten erwartete oder einrichten mochte. Es gab wenige Konzerte, Gesellschaften oder Kinovorführungen, die sie von Anfang bis Ende hatte erleben können; und wenige

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