Im Schatten des Pferdemondes
Eric widerstand der Versuchung, sich die Augen zu reiben.
»Wir hatten mal 'nen Gast, der sagte, das wär' wie in Holyrood House, wo die Queen Mary residiert hat. Ich hab's nie gesehen, aber sein Wort ist mir gut dafür, der war weit herumgekommen.«
»Und Lance dürfte aus diesem Brunnen trinken?«
»Ihr Pferd, ja warum nicht? Und Sie können sicher sein, besseres Wasser finden Sie nicht im Umkreis von fünfzig Meilen. Es ist unsere eigene Quelle. Sie speist das Haus, wir kochen und backen damit, und wir haben eine Vorrichtung, um es zu erhitzen, so daß wir damit auch baden und duschen können.«
»Aber seine Hufe werden vielleicht diesen schönen Rasen aufreißen!«
»Ach du meine Güte!« Mrs. Hickmans Züge zuckten krampfhaft und konnten das Lachen schließlich nicht mehr zurückhalten. »Das Gras wird schon wieder nachwachsen.«
»Er könnte sich aber auch darauf wälzen!«
»Schätze, das macht dem Gras noch weniger aus.«
»Aber ein Pferd gehört einfach nicht hierher! Dies ist wie
– ein Klostergarten!«
»Ich sag Ihnen jetzt was, junger Mr. Gustavson.« Mrs. Hickman zupfte erneut an seinem Ärmel. »Als Sie vorhin kamen, da drehte sich Ihr Lance um, und ich konnte sein Gesicht über der Klappe sehen. Das ist ein hübsches Pferd, das Sie da haben, und ich finde, ein hübsches Pferd hat diesem Garten immer gefehlt. Lassen Sie ihn hier laufen, grasen, sich wälzen – ich würd mich freuen, wenn ich am Fenster stehen und auf ein nettes Pferd schauen könnte. – Aber es ist natürlich Ihre Entscheidung, und da ist ja auch noch –«
»Haben Sie, sagen wir, vier bis fünf große Strohballen, um sie im Stall aufzuschütten?«
Mrs. Hickman blickte zu ihm auf. »Schon, aber – Sie haben Ihr Zimmer doch noch gar nicht gesehen. Vielleicht mögen Sie's nicht.«
»Doch«, sagte er sanft. »Ich bin sicher, daß ich es mag.« Sein Zimmer mochte einer Besenkammer gleichen, es war ihm egal.
Mrs. Hickman blickte nach dem wolkenlosen Himmel, von dem die Sonne herunterbrannte, und ließ ihren Blick dann über den Garten schweifen.
»Ihr Pferd ist auch mit dem Roten zusammengetroffen?«
»So wie ich, aus der Ferne.« Und noch ehe er es sich versah, sprudelten die Ereignisse des frühen Morgens aus ihm heraus.
»Liebe Güte, Mr. Gustavson, Sie haben ja was mitgemacht! Ich hab mich schon gefragt, was wohl mit Ihrem Gesicht passiert ist.« Ohne recht zu wissen wie, fand sich Eric wieder an dem großen Tisch in der Küche, und eine Platte und ein weiterer Becher mit dampfend heißem Tee standen vor ihm. Auf der Platte fand er das, was man in dieser Gegend »Pie« nennt – einen großen Batzen knusprigen Teigs, beladen mit Schinken und hartgekochtem Ei und zerlassenem Käse und dicken Tomatenscheiben. Eric spülte diese Köstlichkeit mit seinem Tee hinunter und blickte schließlich zu Mrs. Hickman auf, die ihm gegenübersaß, an ihrem Tee nippte und ihn beobachtete. Die herrlichen Scones hatten seinen Appetit nur eben so angeworfen; dieser gewaltige Batzen Pie jedoch hatte das quälende Rumoren seines Magens beendet, und ebenso seine Kraftlosigkeit. Er war wieder er selbst, als er seine Lippen mit der Serviette betupfte und sich vom Tisch erhob.
»Gee, das seh ich gern, Mr. Gustavson.«
»Warum sagen Sie nicht Eric?« Diesmal hatte er das Gefühl, der richtigen Person diese Vertraulichkeit zu gewähren.
»Eric. Ja. Netter Name. Ich glaube, mein Pie hat Ihnen gutgetan.«
Eric fühlte sich versucht, seinen Arm um ihre Schultern zu legen. »Mehr als das, Mrs. Hickman.«
»Wollen wir dann Ihr Pferd holen?«
»Er gehört nicht mir«, erklärte er, während sie auf den Transporter zugingen. »Er gehört dem Herrn, der am Steuer sitzt. Ich bin sein, hm – sein Bereiter. Und sein Name ist eigentlich nicht Lance, sondern Sir Lancelot.«
Ein Blick durch die Windschutzscheibe auf Turners schmales Gesicht sagte genug. Er mußte eingeschlafen sein, kurz nachdem Eric aus dem Wagen gesprungen war. Das erklärte, warum er noch nicht zur Eile gedrängt hatte. Eric lauschte auf das vertraute Schnorcheln und drehte sich zu Mrs. Hickman herum. »Holen wir Lance.«
»Ja, bitte! Ich muß sagen – ich bin wirklich neugierig auf ihn!«
Eric ließ die schwere Lade herunter, ging hinauf zu Lance und löste den Führstrick. Er kraulte sein Kinn: »Streng dich an, alter Junge, ich weiß, dir geht's nicht gut, aber da ist eine Lady, die wartet auf dich.«
Lance trippelte geschickt die Rampe hinunter und stand dann hoch aufgereckt im Sonnenschein. Die
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