Im Schatten des Pferdemondes
dem weichen Stoff. Der Hengst schnaufte leise und streckte sich so wohlig, daß seine mächtige Gestalt die schwellenden Rundungen verlor.
»Wenn wir mal ein wenig Zeit haben, dann werde ich dich überall putzen – mit einer ganz weichen Bürste, und danach werde ich dich mit einem weichen Tuch wie diesem hier abreiben, bis dein Fell glänzt, daß man sich darin spiegeln kann. Aber jetzt mußt du gehen, mein Junge. Deine kleine Verlobte würde buchstäblich die Pferde scheu machen, wenn ihr bleibt.« Er gab ihm einen kleinen auffordernden Klaps auf die Kruppe.
Excalibur stand, ohne sich zu rühren.
Eric kannte diese stoische Haltung, hinter der sich eine Bitte verbarg, die aus Stolz nicht deutlicher geäußert wurde.
»Also gut.« Er zog sich mühsam auf den hohen Rücken. Sämtliche Muskeln protestierten, und er mußte heftig die Zähne zusammen beißen. Sacht berührte er Excaliburs Hals. »Zurück ins Paradies, mein Junge.«
Dieser Ritt aus dem Tal heraus war immerhin um einiges sanfter als der, der die Stuten eingebracht hatte, aber doch noch schlimm genug: Sobald eine Stute ausscherte, war Excalibur hinter ihr her, bockend, bäumend, schlagend, beißend. Eric hatte nichts anderes erwartet. Der Hengst erfüllte nur die Aufgabe, die ihm die Natur vom Beginn seines Lebens an gegeben hatte. Als sie schließlich in das dritte Tal hinabgetaucht waren, hob er das rechte Bein über den Widerrist, als Excalibur sich endlich zu Schrittempo gemäßigt hatte, und ließ sich von dem mächtigen Hengst heruntergleiten. Excalibur hatte ihn so leicht getragen wie zuvor, so, als fühle er sein Gewicht gar nicht; aber er blieb sofort stehen und sah zu Eric zurück, der sich mühsam aus dem hohen Gras aufrappelte. »Du mußt jetzt ohne mich weitergehen.«
Oben auf dem Hügel hielt der Geländewagen der Fargus', ein Arm winkte aus dem offenen Fenster, Emilys Stimme klang zu ihnen herunter: »Eric! Ich bin Ihnen nachgefahren, damit Sie nicht den ganzen Weg zu Fuß zurückgehen müssen!« Excaliburs Nase stieß kurz gegen seinen Arm, dann spannte sich der rote Pferdeleib und war in zwei Atemzügen mitten unter seiner Herde, die er vehement über die nächste Hügelkuppe trieb. Er selbst verhielt auf dem höchsten Grat, bäumte sich auf, stieß ein kurzes dunkles Wiehern aus, wendete auf der Hinterhand und verschwand hinter dem schroffen Hügelkamm.
»Was für ein Pferd!« Eric atmete schwer, als er den Wagen erreichte, der ihm über den allzu steilen Abhang nicht hatte entgegenfahren können. Er fand sein Hemd auf dem Beifahrersitz, zog es über und stopfte es in die enganliegenden Reithose. Er beeilte sich damit, denn ihm war unbehaglich unter Emilys Blick.
»Sie haben ihn wirklich um den Finger gewickelt«, empfing sie ihn, als er auf den Beifahrersitz glitt. »Es ist, als sei er ein anderer. Wenn ich an früher denke –« Sie legte den Gang ein und setzte den Wagen vorsichtig zurück. Der Boden war felsig durchsetzt, so daß sie nicht gleich wenden konnte. Erst ein Stück hügelabwärts kamen sie auf eine Lichtung, von wo aus sie im Vorwärtsgang weiterfahren konnte.
»Sagen Sie, Eric, können Sie sich jedem Pferd so schnell nähern wie Excalibur? Ich meine, er gab sich uns gegenüber immer so wild und mißtrauisch, es war kaum ein Auskommen mit ihm.«
Eric schwieg. Wie sollte er ihr, ohne sie zu verletzen oder das Ansehen ihres Mannes zu entehren, begreiflich machen, daß der Hengst nur aufgrund der Vorurteile und des daraus resultierenden Verhaltens so unnahbar erschienen war? Wie sollte er erklären, daß das Tier heute gelernt hatte, daß Freundschaft mit Zweibeinern möglich ist? – Denn dann müßte er auch erklären, daß ein freier Hengst im allgemeinen keine Freunde hat – in dem Leben eines solchen Hengstes gibt es Stuten und Fohlen, und sie sind ihm untergeben: Er ist ihr Herrscher und Beschützer, er fordert und nimmt. Aber was er erhält, ist nicht Freundschaft, sondern Demut und Gehorsam. Und er gewährt mit all seiner Größe ganz selbstverständlich den Schutz, den seine Kraft und seine Intelligenz bieten können.
Eric schwankte einige Augenblicke zwischen Wahrheit und Diplomatie und sagte schließlich: »Sehen Sie, Emily, Excalibur ist ein durch und durch gesundes Pferd. Mit allen Schrecken, die ihm jemals hier draußen begegnet sein mögen, konnte er dank dem fertig werden, womit ihn seine Natur ausgestattet hat: Mut, Stärke, Unerschrockenheit, die Bereitschaft zum Kämpfen, Rücksichtlosigkeit, um sein Ziel
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