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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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kniete neben Edward, beugte sich über ihn. Die Schreie der eingeschlossenen Stute gellten in seinen Ohren. All dies war seine Schuld. Wäre er nicht so vermessen gewesen zu glauben, er könne Solitaire helfen, wäre Edward noch am Leben.
Seine Finger legten sich auf dessen Halsschlagader, in der Hoffnung auf einen Puls, aber sein eigenes Blut pulsierte heftig in seinen Fingerkuppen, und lange war er unsicher. Schließlich drückte er die Fingerspitzen für Sekunden gegen den kalten Stein des Kopfsteinpflasters und dann wieder auf Edwards Halsschlagader – und da – da – war ein Puls! Eilig befreite er Edwards Oberkörper von der Kleidung und blickte auf zwei tiefrote hufförmige Druckstellen, die an den Rändern schon blau zu werden begannen – eine direkt über dem Herzen, die zweite zwischen den Rippenbögen. Er rannte durch den Eingang des zweiten Stallgangs, wo sie die Reitstuten untergebracht hatten, traf dort auf das magere Korps der Hilfsarbeiter, die ihr Bestes taten, um die sechs Stuten ruhig zu halten, griff ein Strohbund, wehrte alle Fragen ab, und schob das massive Bund Edward unter die Füße. Darauf traktierte er das leichenblasse Gesicht mit kleinen Klapsen und erwog gerade, ihn auf die Seite zu legen, als Edwards Lider flatterten. Fortwährend drangen während dieser endlos scheinenden Augenblicke die Schreie der Stute in seine Ohren. Edward blinzelte und blickte ihn endlich an, völlig klar. »Die ist verrückt, Master E –« Er mußte husten und würgen, und Eric zog vorsichtig den Strohballen unter seinen Beinen weg und schob ihn gegen seinen Rücken, so daß Edward sitzen konnte, und stützte ihn fürsorglich.
Edward hustete sich schier die Lunge aus dem Leib. Mit triefenden Augen sah er ihn endlich wieder an und fuhr sich verschämt mit dem Handrücken über den Mund. Eric zerrte ein Taschentuch aus der Gesäßtasche seiner Reithosen. Es war völlig zerknüllt, aber immerhin sauber, und Edward nahm es mit einem dankbaren Blick.
»Was ist passiert, Edward?«
»Was, ja – ich weiß nicht recht, es ging alles so schnell –« Eric untersuchte ihn gründlich. Keine Frakturen. »Ob Sie es bis zum Haus schaffen?«
»Will's versuchen, Sir.«
Eric half ihm auf. Er mußte ihn beinah tragen. Lahm wie er war, empfand er kaum Anstrengung: Edward lebte, alles andere war unwichtig. Grandpa erhob sich schwankend, als sie über den Hof auf ihn zu wankten, und streckte haltsuchend die Hand nach dem Geländer aus: »Edward! Und ich dachte – oh, gütiger Gott und St. Andrew, ich danke euch!«
Heftig umarmte er Edward. »Dachte, es war vorbei mit dir, Junge.«
»Nay, Mylord, nay«, keuchte Edward mühsam. »Wird schon wieder. Und Sie, Mylord – Sie hier draußen, auf der Treppe?«
»Hast recht, Junge! Gehen wir ins Haus. Ein guter Malt bringt uns wieder ins Lot.«
Eric und Emily wechselten sprechende Blicke und brachten die beiden mit vereinten Kräften in den Salon, wo sie sich nebeneinander auf die breite Couch fallen ließen. Eines der Hausmädchen verschloß die Tür gegen die fortwährenden Schreie vom Stall.
Edward nahm seinen Whisky mit zitternder Hand entgegen und kippte ihn in einem langen Schluck hinunter. Danach mußte er wieder husten und hielt sich die schmerzenden Rippen. »Gott helfe mir!« stöhnte er. »Beim heiligen Andreas, dieses Weib ist wirklich völlig durchgedreht.« Grandpa füllte mit eigener Hand sein Glas wieder auf, stürzte darauf seinen eigenen zweiten Tumbler hinunter und klopfte Edward auf die Schulter. »Sie wird keine zweite Gelegenheit haben, je wieder so was zu tun, Junge.«
»Vater!« Emily richtete sich auf. »Bevor du noch einmal davon sprichst, Solitaire zu erschießen, bestehe ich darauf zu erfahren, was geschehen ist!«
Es war Edward, der antwortete. Sein Gesicht war nach dem hastig getrunkenen Whisky hochrot, und sein Blick war verschwommen. Aber er sprach überlegt und klar. »Es war folgendermaßen, Mylady. Master Eric hatte mich ja geheißen, auf die Reitstuten zu achten, und sie waren auch ganz schön zappelig, aber keine von ihnen machte wirklich Mucken. Solitaire aber wurde lauter und lauter. Zuerst hörte ich sie schlagen und wiehern, und dann das Krachen von Holz, genau wie neulich, als Master Erics Hengst so wild war. Ich rief die anderen Jungs, damit sie auf die Stuten achteten. Irgendwie«, Edward nippte an seinem dritten Glas Whisky, »na – ich hatte das Gefühl, als hätte ich besonders für Solitaire die Verantwortung. Master Eric war ja mit dem

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