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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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zu erreichen. Dieses Pferd ruht in sich selbst. Er vertraut auf sich. Ich ... ich will damit sagen, daß gerade durch seine Furchtlosigkeit ein Band zwischen uns, ihm und mir, geknüpft werden konnte. Angst erstickt und blendet. Excalibur hat aber keine Angst, bis auf die eine; das sagte ich ja vorhin schon. Er ist offen. Nicht erstickt, nicht geblendet.«
»Aber Sie – hatten Sie denn keine Angst, als er vor Ihnen herumwirbelte? Sie taten gerade das Gegenteil von dem, was jeder getan hätte, den ich je mit Pferden erlebt habe. Einschließlich mir selbst.«
»Ich bin ja beinah mein Leben lang mit schwierigen Pferden umgegangen. Und Excalibur ist nicht eigentlich schwierig. Er ist bloß – einschüchternd. Ich bin wahrscheinlich gegen einschüchternde Eindrücke ziemlich abgestumpft.«
Sie lächelte und wandte ihm den Kopf zu. »Sie mögen alles mögliche sein, Eric, aber abgestumpft sind Sie gewiß nicht.«
»Emily, Achtung! Da ist ein Zaun!« Er langte in die Mitte des Wagens zwischen ihnen und riß die Handbremse hoch. Zitternd und stuckernd stand der Wagen darauf eine Handbreit vor einem hohen Drahtzaun, über dessen oberste Reihe Stacheldraht drohend blitzte. Emily lehnte sich mit einem leisen Schreckenslaut in ihren Sitz zurück, kuppelte und stellte den Motor ab. »Ich kenne diese Gegend nicht sehr gut, jedenfalls nicht mit dem Wagen. Ich wußte nicht, daß der Zaun so nahe war. Danke.«
»Ist das da drüben das Gebiet Ihrer Nachbarn? Der Cochans?«
»Ja.«
Ein Drahtzaun bildete also die Grenze. Es konnte nicht schwierig sein, ihn an einer Stelle zu durchschneiden, ein paar Tiere durch die Lücke zu treiben, und dann den Draht zu erneuern, so daß kein Loch zu sehen war.
»Hier sieht die Gegend auch nicht gerade einladend aus für einen Wagen.« Eric musterte die dünne Erdschicht, die das aus Kalk bestehende Skelett der Erde an vielen Stellen kaum zu verdecken vermochte, die steil aufschießenden Felsformationen und die vereinzelt stehenden knorrigen Kiefern, die windgekrümmt und verschrumpelt waren und deren Nadeln borstig in das Licht stachen. Kein guter Boden.
Emily startete den Wagen wieder. »Es gibt einen Weg entlang des Zauns, er müßte ganz hier in der Nähe anfangen.« Sie fuhren dicht am Zaun entlang, immer noch sehr vorsichtig, bis sich tatsächlich etwas wie ein Weg vor ihnen öffnete, gerade breit genug für den Wagen. Sie kamen schneller voran. »Als es hier noch ausreichend Bäume gab, benutzten die Holzfäller diesen Weg mit ihren Langholzwagen. Hier wächst alles viel langsamer als in fruchtbareren Gegenden, sonst wäre er sicher schon überwuchert. Eric, ich habe darüber nachgedacht, was Sie vorhin über die Angst sagten. – Solitaire hat große Angst, nicht wahr?«
»Ich habe niemals ein Pferd gesehen, das so voller Angst war. Wenn Sie nur die Stimme eines Menschen hört, scheint sie nahe daran, den Verstand zu verlieren.«
»Das – es klingt, als wäre es das Beste für sie, sie ihr Leben lang frei mit der Herde umherziehen zu lassen, fern von den Menschen. Sich ihr niemals mehr zu nähern.«
»Es wäre die einfachste Lösung. Ihren Zuchtstamm aber, Emily – den würde es zerstören.«
»Ja, ich weiß. Ich sagte Ihnen ja, Sie seien meine letzte Hoffnung. Entweder können Sie ihr helfen, oder ich muß – ich muß es wirklich tun lassen. Sie ist noch um so vieles schlimmer geworden ...«
»Edward sprach davon.«
»Vielleicht ist ihr Gehirn nicht ... richtig? Irgend so eine dieser schrecklichen fortschreitenden Krankheiten?«
»Ich weiß es nicht, Emily, aber es gibt Möglichkeiten, das herauszufinden; dazu müßte sie sich allerdings anfassen lassen ... nun, notfalls müßte sie betäubt werden. Aber irgendwie glaube ich nicht, daß dies die Fährte ist; ich hatte den Eindruck eines hochintelligenten Tieres im vollen Besitz all seiner Kräfte – zerfressen von Angst. Es muß eine Ursache außerhalb der Stute dafür geben, und ich will diese Ursache finden. Wenn ich die Ursache kenne, werde ich einen Weg finden, sie wieder zugänglich zu machen.«
»Gott segne Sie, Eric«, sagte Emily leise.
Er räusperte sich verlegen und blickte aus dem Fenster zum Land der Cochans, weil er fühlte, daß Emily ihn eindringlich und dankbar ansah.
Er war gern bereit zu Freundlichkeit, Anstand, Respekt, gegenseitiger Achtung; so wie es sich für ein gutes Arbeitsverhältnis gehört. Doch zu mehr war er nicht bereit.
Da wurde sein Blick plötzlich von einer der Kiefern gefesselt, die, etwas üppiger

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