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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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Zuchthengst weggeritten und Mylady war ihm nachgefahren, da waren Mylord und ich eben auf uns gestellt, und ich sagte, >Mylord, ich muß sie aus ihrer Box lassen, bevor sie sich alles zerschlägt<, denn ich hörte ihre Hufe auf den Gitterstäben, und ich hatte Angst, daß sie sich einklemmt und ein Bein bricht oder sich schneidet oder sonst was.«
»Und ich«, fiel Grandpa ein, »erlaubte es ihm. – Kannst du mir verzeihen, Edward?«
»Mylord, Ihnen verzeihen? Da ist nichts zu verzeihen. Ich war es, der nicht aufgepaßt hat. Ich hatte die anderen Stuten vorher um mich gehabt; ich muß durch den Umgang mit ihnen sozusagen vergessen haben, wie verrückt Solitaire ist. Ich näherte mich jedenfalls vom zweiten Stall her ihrer Box und sah, wie sie sich gegen die Wände warf und gegen sie schlug, und ab und zu auch wieder gegen die Tür. Sie schien gar nicht zu überlegen – sie schlug und schlug und schlug, überallhin, statt gezielt gegen die Tür vorzugehen, wie Sir Lancelot es tat. Sie hätte sich umgebracht in der Box.« Sein Blick suchte Erics. »Sie wissen wohl, wovon ich spreche, Sir.«
»Ja, Edward, das weiß ich. Und Sie ließen sie heraus, weil Sie hofften, daß sie sich auf der Stallgasse weniger verletzen könnte?«
»So ist's, Sir. Ich hatte vorher schon wohlweislich alles von der Stallgasse entfernt, was normalerweise da ist – Mistgabeln und Besen und Gestelle – Sie wissen schon. Aber als ich ihre Tür öffnete, schoß sie heraus, rammte mich gezielt, so daß ich taumelte und beinah fiel, und fegte auf die Stallgasse; und gerade als ich mich an ihr vorbeischleichen wollte, um zum Zugang des zweiten Stallgangs zu gelangen – denn ich wollte nicht durch die Stalltür, sie wäre mir bestimmt nachgekommen, hätte die Tür aufgedrückt und wäre weggelaufen –, da drehte sie auf einmal ihre Rückfront gegen mich, und ich muß umgefallen sein. Ich habe die Hufe nicht kommen sehen.«
Grandpa fiel ein: »Die Jungs haben ihn dann offenbar aus der Gefahrenzone gezogen und ihn nach draußen gelegt, weil sie ihn für tot hielten, wie ich ja auch. Sie hatten genug mit den Reitstuten zu tun. Und dann fing Solitaire zu schreien an.« Er trank die letzten Tropfen seines Whiskys und richtete sich unsicher an der hohen Couchlehne auf. Sein Gehstock fehlte ihm sichtlich, aber bei aller Unsicherheit waren seine Bewegungen entschieden.
»Vater? – Was hast du vor?«
»Du weißt es, Emily. Sei so gut, hilf mir – hol mir ein Gewehr aus dem Schrank. – Dieser verfluchte Stock, ich hätte ihn nicht wegwerfen sollen.«
Emily wurde bleich. Ein Schatten der Erleichterung glitt über ihre Züge, als Eric sich vor Grandpa stellte und ihn mit seinem hochragenden Körper aufhielt. »Sir – bevor Sie zu der letzten Lösung greifen, lassen Sie mich es mit ihr versuchen.«
»Junge, ich hab gesehen, was Sie können, und glauben Sie, ich bewundere Sie nicht dafür?! – Oh, ja, das tue ich. – Aber ich weiß, daß ich nicht nur uns und Ihnen einen Gefallen tue, sondern auch der Stute, wenn ich sie erschieße. Ich weiß, sie war anfangs nicht so wie jetzt; aber was ihr auch immer geschehen ist – ich kann kein Pferd auf meinem Gestüt dulden, das Menschen angreift.«
Emily sprang auf. Wahrscheinlich wollte sie vehement darauf verweisen, daß sie alle Sorgen, Pläne, die ganze Verantwortung seit Jahren allein getragen hatte, daß dieses Gestüt eigentlich das ihre war; doch Erics Brauen neigten sich abwiegelnd, und sie verhielt sich still.
»Sir, seit vielen Jahren habe ich mich mit sogenannten schwierigen Pferden befaßt. – Wollen Sie es mich mit Solitaire nicht wenigstens versuchen lassen?«
Grandpa wandte sich um: »Edward?«
»Ich möchte Master Eric nicht diesem Ungeheuer aussetzen. Seit sie sich so verändert hat – seit sie seinerzeit unerwartet auftauchte und wie eine Bestie war, habe ich Angst vor ihr gehabt; zu Recht, wie sich heute zeigte.«
Zu Recht, dachte Eric. Pferde sind so viel feinfühliger als Menschen. Sie wittern die Angst. Angst, auch von anderen gefühlte Angst, weckt die stets bereite Wachsamkeit des Fluchttieres. Solitaire hatte Edwards Angst vor ihr gespürt, wodurch ihre eigene noch gemehrt worden war – bis zu dieser Panik, deren Laute nicht abebbten.
»Emily?«
»Vater, du hast mit eigenen Augen gesehen, wie gut Eric mit Excalibur auskam. Nie gab es einen, der dem Hengst auch nur nahe kommen konnte – und doch war er fügsam unter Eric.«
»Ja – ja. Ich habe es nicht vergessen.«
»Es ist Angst,

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