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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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rappelte Emily sich auf und lief in den Stall. In diesem Augenblick – reichlich spät, aber es hatte ja nicht nach einem akuten Notfall geklungen –, fuhr der Krankenwagen auf den Hof. Emily schrie. Die Sanitäter waren sofort bei Eric.
    »Sieht nicht gut aus«, sagte der Blonde. »Ist er unter eine Dampfmaschine geraten oder was?«
    Sein Kollege stieß ihn unsanft an. »Heb dir deine blöden Witze für Harmloseres als das hier auf, Mike. Los, auf die Bahre mit ihm.«
    Eric kam zu sich. Er sah die weißen Kittel. »Nicht!« Der zweite Sanitäter neigte sich über ihn. Er hatte hellbraunes Haar, verständige Augen und gute, starke Hände. »Es muß sein, Sir. Sie sind übel zugerichtet. Wir bringen Sie ins Krankenhaus. Da kümmert man sich um Sie. Haben Sie starke Schmerzen?«
Eric konnte erst sprechen, als die Bahre in den Krankenwagen gehievt worden war. »Lance – ich muß ihn unbedingt reiten, er braucht seine Übungen. Ich lasse nicht zu, daß Sie –« Er wollte sich aufrichten, aber ihm wurde übel, und Hugh drückte ihn sanft zurück. Draußen verhandelte Mike mit Emily. Eric hörte die gedämpften Stimmen und wurde wieder unruhig. »Was reden die da? Sowieso muß ich heute Abend um acht beim Treffpunkt sein. David erwartet mich!«
»Beruhigen Sie sich. Sagen Sie mir Ihren Namen?«
»Eric. Wie heißen Sie?«
»Hugh.«
Sein Gesicht verschwamm immer wieder vor Erics Augen, und dann krampfte sich sein Magen zusammen und schien höher und höher zu steigen. Er schluckte dagegen, aber es half nichts. Kalter Schweiß lief ihm über Stirn und Wangen. »Kämpfen Sie nicht dagegen an, Eric, hier ist eine Schale. Genieren Sie sich nicht. Es wird Ihnen besser gehen, wenn Sie's los sind.«
Es war, als würden sämtliche Eingeweide und Körpersäfte aus ihm gepreßt – keuchend, hilflos hing er lange Zeit über den Schalen, die Hugh immer wieder gegen neue austauschte. Zitternd fiel er schließlich auf die Bahre zurück und sah zu Hugh aus tränenden Augen auf. »Gütiger Gott, ich bin ganz leer, glaub ich.«
»Geht's jetzt besser?«
»Ich weiß nicht.« Eine neue Welle der Übelkeit überspülte ihn. Dieses Mal hatte er das Gefühl, es werde nie mehr vorbeigehen. Erst als Hugh ihm kalte Umschläge mit wassergetränkten Tüchern machte, ebbten die wütenden Wellen allmählich ab. Er lag still mit geschlossenen Augen und sah aus wie ein Toter. Dennoch murmelte er nach kurzer Zeit: »Ist sie weggelaufen?«
»Wen meinen Sie denn, Eric?«
»Solitaire.«
»Wer ist Solitaire?«
»Na – die Stute, um die ich mich kümmern soll.«
Dann gab es einen Augenblick tiefster Dunkelheit, von dem er nicht sagen konnte, wie lange er währte. Er schrak auf: »Wo ist sie?«
»Solitaire?« fragte die verständige Stimme, die er als die Hughs erkannte. Unter ihm war ein leises Schwanken, er fühlte das Ziehen eines starken Motors – sie fuhren. Er wurde gezwungen, das Gestüt zu verlassen – Solitaire zu verlassen, seine Verabredung mit David nicht einzuhalten. Er bewegte ablehnend den Kopf.
»Ruhig, mein Junge, nicht bewegen, sonst wird Ihnen womöglich wieder übel. Es hat Sie schlimm erwischt.«
»Aber Solitaire – Lance – David!« Sein Geist umwölkte sich wieder, und er fühlte nur noch einen unangenehmen Druck an seinem Oberarm gerade über dem Ellenbogen, darauf einen winzigen irritierenden Stich, ein kurzes Druckgefühl, als seine Vene unter der Injektion anschwoll – zu seiner Benommenheit und Schwäche gesellte sich nach kurzer Zeit endlos scheinende Schwärze.

10

    Ein grauer Schimmer war vor seinen Augen, die er nicht öffnen mochte, aber er wurde sich seines Körpers bewußt und fühlte, daß er sich nicht bewegen konnte. Er zappelte und zerrte – da
    waren mechanische Widerstände. Er riß die Augen auf und schloß sie sofort wieder, weil ihm selbst das weiche Licht eines sinkenden Tages weh tat. Aber er hatte doch einen Blick auf die breiten leinenen Gurte erhascht, die Beine, Oberkörper, Hals und Arme umspannten. Er hielt die Augen fest geschlossen und preßte die Zähne aufeinander, daß ihr Knirschen in seinem schmerzenden Schädel widerhallte, während sich sein Körper gegen die Fesseln wehrte – was fiel denen ein, ihn festzubinden, er war schließlich kein gewalttätiger Geistesgestörter –, da kam eine Stimme heran, eine Gestalt verdeckte das schmerzhafte Licht, und er konnte die Augen öffnen, ohne daß ihm schier der Schädel platzte, aber alles war immer noch verschwommen. Er konnte die Worte immerhin

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