Im Schatten des Ringes
Manya, nicht mehr schwanger, hockte im Schatten, bereit, auf einen Wink ihres Herrn hin die Gäste zu bedienen.
Als ich mein Regencape ablegte, bemerkte ich, wie Manya mich anlächelte, und ich zwinkerte ihr zu. Als ich zwischen Chel und Baltsar Platz genommen hatte, sagte ich: „Darf ich mal … wie bezeichnet ihr einen kindlichen Sklaven – einen Welpen, ein Kitz? – sehen?“
Baltsar zuckte die Achseln. „Sklavenkind, nehme ich an.“ Er winkte Manya zu, die aufsprang und im hinteren Teil der Höhle verschwand. Sie kehrte mit einem Bündel Windeln zurück und kniete neben mir nieder, um mir den Kopf des Kindes zu zeigen.
„Oh, Manya“, stieß ich mit einem erstickten Seufzer hervor. Es war rund, faltig und wies noch nicht einmal den schütteren Kopfhaarwuchs auf, den man bei den Erwachsenen beobachten kann. Lappen aus unbeweglichem Fleisch, seine Ohren, ragten an den Schädelseiten heraus. Neugierig löste ich das Bündel, und überraschenderweise rührte das Kind sich und erwachte. Das hatte ich nicht erwartet, denn ich erinnerte mich, wie Baltsar sich hatte bemühen müssen, die schlafenden Erwachsenen während der Reise zu wecken. Zudem ging ich äußerst behutsam zu Werke, wie ich es bei jeder kleinen Kreatur tun würde.
Für einen Moment miaute das Wesen und verhielt sich fast wie ein richtiges Baby, doch dann begann es zu schreien! Arme, die an Würste erinnerten, ruderten wild herum, und es trat unkontrolliert aus und versuchte etwas Festes zu greifen. Instinktiv drehte ich es um, so daß es kriechen konnte und die Sicherheit des festen Bodens unter sich spürte. Aber der mächtige Leib ließ die Glieder einknicken. Es blieb auf der Nase liegen, unfähig, sich zu rühren.
„Sie betreiben keine Zucht, oder?“ wollte Chel wissen und schaute von der offensichtlich gesunden und kräftigen Mutter zu dem spastischen Kind. Er dachte wohl, er hätte nunmehr im Hinblick auf den bevorstehenden Handel eine stärkere Position, doch ich sah in Manyas Augen einen Ausdruck, der zwischen Belustigung und Entsetzen über unsere Verwirrung lag.
Ich nahm das jammernde Kind wieder auf, wickelte es und drückte es an mich. „Es ist ein normales Kind, nicht wahr?“ fragte ich und freute mich, daß ich den Sachverhalt als erster und ohne weitere Hinweise erkannt hatte. Seine Hilflosigkeit rührte mich. Sein Atem roch süß wie frische Milch, und die Haut duftete angenehm. Es war ein Geruch, der allen Babies zu eigen ist, bei denen man nicht die Windeln wechseln muß.
„Teofil hat Hunger“, sagte Manya leise.
Chel war nicht so verblüfft wie ich damals, einen Sklaven reden zu hören, aber auch er spitzte voller Interesse die Ohren.
„Wenn ich Eure Erlaubnis habe, Kaufmann, dann gehe ich mit dem lauten Kind in eine andere Kammer, um es zu füttern.“
Baltsar nickte, und ich gab das Kind widerstrebend zurück. Ich denke doch, daß ich, wenn ich genügend Zeit gehabt hätte, die Kleine durchaus hätte beruhigen können. (Es war ein weibliches Kind. Die Genitalien waren auch nicht vom winzigsten Pelz bedeckt!)
„Die Kinder sind häßlicher als die erwachsenen Tiere“, stellte Chel geringschätzig fest.
„Und ich dachte, es wäre auf seine Art recht hübsch“, meinte ich. „Wieviel würde eines in dieser Größe kosten?“
Baltsar schüttelte den Kopf. „Ich kann keine Kinder verkaufen, ehe sie nicht entwöhnt sind, und selbst dann ist es nicht sehr klug, sie von der Mutter zu trennen … oder vom Vater, falls er bekannt ist. Die Erwachsenen gehen da recht wahllos vor.“
Chel nickte verstehend. „Das schreit geradezu nach Nächten, wie wir sie kennen, in denen wir die Jungen töten.“
„Das ist nicht dasselbe. Die meisten können ihre Qual nicht mitteilen … noch revanchieren sie sich durch schlampige Arbeit. Gewöhnlich paaren die Sklaven sich promiskuitiv, doch manchmal kann man zwischen zweien oder dreien von ihnen eine festere Bindung beobachten. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ich bessere Leistungen erziele, wenn ich die Bindungen nicht störe.“
„Die Fütterungs- und Paarungsvorschriften könnt Ihr mir später geben“, sagte Chel ungeduldig. „Im Augenblick interessieren mich nur ihre Arbeitsleistung und die durch die steife Wirbelsäule und die seltsamen Hände bedingten Beschränkungen ihrer Arbeitsmöglichkeiten.“
„Viel lieber schildere ich Euch ihre Vorzüge“, entgegnete Baltsar. Er schenkte Tee aus und reichte die Schalen mit dem dampfenden Gebräu herum. Minze und
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