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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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beide zur Stelle waren und miterlebten, wie unsere Kinder ihre ersten Schritte machten oder den ersten Regen spürten oder das erste Mal richtig sehen konnten. Ich glaube, daß dies der Grund ist, daß immer zwei nötig sind, um Kinder zu bekommen. Ein einziger Elter hätte überhaupt nicht die Zeit, ein Kind in all seinen Phasen der Entwicklung zu beobachten. Ich nahm mir vor, Baltsar darauf hinzuweisen, daß Sema allmählich ihren Gesichtssinn entwickelte, wendete mich dann wieder meinem Wandteppich zu, an dem ich gerade arbeitete, und erinnerte mich erst in diesem Moment daran, warum ich eigentlich aufgeschaut hatte. Es hatte zu regnen aufgehört.
    „Was ist das denn?“ fragte Sema und hielt ihren aschegrauen Finger hoch.
    „Nicht was ist das“, verbesserte ich, „sondern eher was ist nicht? Was fehlt?“
    „Baltsar?“ riet Drigal und beendete Sashiems Rechenaufgabe. „Die Sklaven?“ Er blickte auf. „Worüber redet ihr beide eigentlich?“
    „Über den Regen“, antwortete Sashiem und stand auf. Drigal war schneller, und in dem daraus entstehenden Durcheinander, wer zuerst an welcher Tür war, stieß Sema wie durch ein Wunder nichts zu.
    „Es hat aufgehört!“ schrie Drigal. „Es regnet nicht mehr! Wer ist zuerst am …“
    Gott mochte wissen, wohin sie jetzt rannten, aber ich war froh, daß sie davonliefen. Sie hatten wirklich schon zu lange im Haus gehockt und gespielt, und wenn sie Langeweile hatten, dann hänselten sie Baltsar oder mich und hielten uns in Atem. Ihre Freunde hielten sich immer noch ängstlich zurück. Auch Baltsar wurde noch immer von allen gemieden, dafür nutzte er die Zeit, um seine Warenhäuser und Läden zu organisieren.
    Ich versuchte, mich auf meinen Wandteppich zu konzentrieren. Es war eine geschmeichelte Darstellung der Welt meiner Träume. Reizvoll war sie besonders deshalb, weil ich mich darum bemühte, sie so zu zeigen, wie die Götter sie vielleicht vom Himmel aus sahen. Die Welt wurde dargestellt durch einen moosähnlichen Ball aus weichem grauem Garn. Vor allem hatte ich mich bemüht, die Ränder des Kreises derart abzudunkeln, daß das Gebilde aussah wie ein leuchtender Kreis, der vom Ätherbrennen überdeckt wurde. Danach umknüpfte ich die Kugel mit Spinnenfäden und schuf einen durchscheinenden Ring, der die Himmelsbrücke darstellen sollte. Ich hatte keine Ahnung, welche Art von Halterung für die Himmelsbrücke ich wählen sollte, so daß man momentan glauben konnte, sie schwebte frei um die Kugel, als würde sie durch einen magischen Trick in ihrer Lage gehalten. Der hintere Teil meines Gehirns überlegte bereits, wo ich das Gottesfeuer hinsetzen sollte. Auf den Bildern im Tempel befand es sich am Horizont und war von Bergen umgeben. Die religiöse Tradition setzte es an die Basis der Himmelsbrücke, welche auf einer flachen Welt ruhte. Meine Brücke hatte jedoch keine solche Basis. Der Wandteppich war vielleicht nicht ganz wahrheitsgetreu, und ich würde mir genau überlegen müssen, wem und wo ich ihn zeigte, doch mir machte die Arbeit daran sehr viel Spaß. Im Augenblick war das genau die Ablenkung, die ich in meiner derzeitigen Situation brauchte.
    Ich hatte soeben die Himmelsbrücke beendet, als Teon den Raum betrat. „Ich konnte nicht schlafen“, sagte er. Seine Augen blickten wach, und seine Stimme war klar und deutlich.
    Ich bedeutete ihm, sich zu setzen. Er folgte der Aufforderung und streckte sich gemütlich aus, um die ganze Wärme der Feuerstelle mit seinem Körper aufzufangen. Dann fing er an, Garnfäden aus meinem Korb herauszusortieren. Er hatte seine Arbeit zur Hälfte beendet, als er innehielt, sich an mein Polster lehnte und ins Feuer starrte.
    Außer seinem rhythmischen Atmen nahm ich von ihm nichts wahr, so daß es fast schien, als sei er überhaupt nicht da. Der hintere Teil meines Gehirns wendete sich wieder der Frage zu, an welcher Stelle ich das Gottesfeuer einzeichnen sollte. Dann bemerkte ich, daß Teon seine Zähne krampfhaft zusammenbiß und in seinen Augen ein wilder Aufruhr herrschte. Gemütliche Stille ist etwas Angenehmes, wenn man jedoch von einem Bündel aus Sehnen und Muskeln, das kurz vor dem Absprung steht, nahezu bedroht wird, dann ist das eine unerträgliche Ablenkung. „Was ist los, Teon?“ fragte ich.
    „Ihr seid … tapfer“, erklärte er leise.
    „Was?“
    Seine grauen Augen blickten ernst. „Tapfer. Ich kann mir denken, daß es für Euch nicht leicht ist, Eure Meinung über das Menschsein der Sklaven

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