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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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lodernden Feuer stand, und man reichte mir Essen und Trinken, sobald ich mich bewegte.
    Einige Nächte später, als ich wieder soweit zu Kräften gekommen war, daß ich gehen konnte, ohne zu schwanken, legte man mir die zeremonielle Tracht an und geleitete mich in einen der Öffentlichkeit zugänglichen Saal. Alle waren dort – Baltsar, Prinz Chel, der Erobererkönig und meine Gefährten von Akadem –, und sie alle trugen ebenfalls feierliche Gewänder und machten sehr ernste Gesichter. Tarana trat ein, und es dauerte eine Ewigkeit, bis sie den Saal durchquert hatte und an ihr Pult trat. Dort verkündete sie schließlich, daß ich gefastet hatte, und sie redete davon, daß sie nunmehr von meinen ehrlichen Absichten überzeugt sei. Nun blieb nur noch die formelle Austreibung des Dämons, der mich besetzte und der – hoffentlich – von dem Mangel an Speisen derart geschwächt war, daß er ohne Schwierigkeiten entfernt werden konnte. Der vordere Teil meines Gehirns war noch zu umnebelt, um richtig reagieren zu können, doch der hintere Teil verstand. Ich war gerettet. Eine der Personen, die sich in dem Saal versammelt hatten, mußte sich bei Tarana für mich verwendet haben. Ich versuchte zu entscheiden, wer es wohl gewesen war, doch meine Augen hielten mich zum Narren, und alle flössen ineinander, verwischten und tauchten weg. Vielleicht war dafür der hintere Teil meines Gehirns verantwortlich, indem er mich ermahnte, dem Ritual, das um mich herum ablief, die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken; schließlich war ich ja direkt daran beteiligt.
    Die Heiligen Bücher gestatteten symbolische Waschungen – warmes Öl, das im Pelz verteilt wird. Sie ließen aber auch ein vollständiges Untertauchen zu … in kaltem, ekligem Wasser, um besonders widerspenstigen Dämonen beizukommen. Das Wasser drang durch mein Unterkleid und benetzte meine Haut. Ich keuchte erstickt und konnte mich kaum erheben, so schwer wurde mein Pelz durch die Nässe. Endlich konnte ich aus dem Bottich klettern, spuckend und vor Schmerzen schreiend. Der Pelz war völlig durcheinander, legte sich gegen den Strich, und die Luft schnitt wie mit Messern in meine Haut. Tarana beobachtete mich, wobei ihre Lippen sich zu einem schwachen Lächeln verzogen. Ich hätte ihr am liebsten die Augen herausgekratzt, doch in diesem Moment tauchte Neering, meine Gefährtin von Aka dem, vor mir auf und starrte konzentriert auf eine Schriftrolle, von welcher sie laut ablas:
    „ … und daß Menschen drei Finger und einen Daumen haben und daß vier Finger plus Daumen nicht menschlich sind … und daß Menschen Pelz und Schwanz haben und daß Kreaturen, die lediglich kleine Haarflecken und überhaupt keinen Schwanz aufweisen, nicht menschlich sind … und daß die Ohren der Menschen ferne Geräusche wahrnehmen können und daß ihre Augen in der Dunkelheit sehen und daß jede Kreatur, deren Ohren nichts anderes sind als unbewegliche Fleischklumpen seitlich des Kopfes und deren Augen nur mit Hilfe von Fackeln oder bei Zwienacht etwas erkennen können, nicht den Menschen zuzurechnen ist.“ Ohne ihre Augen zu heben, sagte Neering dann: „Heao, erkennst du diese Tatsachen an?“
    Mein Geist war für einen Moment verwirrt und bemühte sich, das Geschehen zu ordnen. Ich war immer noch trief naß, mein Fleisch schmerzte, und Taranas Grinsen verspottete mich. „Stammt diese … Definition von Menschlichkeit von Akadem?“
    Taranas Schnurrhaare zitterten.
    Meine Gefährtin zögerte, nickte dann, wich immer noch meinem Blick aus, doch ihre Lippen spannten sich zu einem geringschätzigen Fletschen.
    „Dann erkenne ich sie an“, erklärte ich und fragte mich dabei, wie lange sie an den Formulierungen gearbeitet hatten und wer sie dabei unterstützt hatte. Gleichzeitig bedauerte ich meine Gefährten, denn sie mußten bis hin zum letzten schreckliche Angst haben.
    Ich hörte mehr als einen erleichterten Seufzer, doch ich schaute zu spät hoch, um noch erkennen zu können, wer von meinen Gefährten besorgt war, ich würde vielleicht doch nicht Buße tun.
    „Der Dämon ist verschwunden“, verkündete Tarana. Sie schien trotz ihres wahrscheinlichen Sieges über das Böse gar nicht zufrieden zu sein.
    Neering holte ein großes Handtuch unter ihrer Robe hervor, lächelte schwach und bemühte sich, ihre Scham zu verbergen. Galt sie sich selbst oder ihren Mitakademern, überlegte ich, oder etwa mir allein?
    Akademer, Hüterinnen und Zuschauer verließen den öffentlichen Saal

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