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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Kahi
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abgestanden hockte sie auch im Bunker, wo sich neben dem Leiter der Kriminaltechnik der Kripo Aargau, der Leiterin Fahndung der Kapo West und dem Staatsanwalt das ganze Team «Leib und Leben» versammelt hatte.
    Geigy sass in sich gekehrt am Konferenztisch und checkte mit dem Smartphone seinen E-Mail-Posteingang. Seine Hände waren selbst für die herrschende Hitze unnatürlich feucht.
    «Schaust du, ob die Vorladung vom Oberhäuptling schon da ist?» Norberg setzte sich an seinen Platz.
    «Du hast tatsächlich nicht einen Hauch von Einfühlungsvermögen», sagte Geigy. «Und Olivia hat es offenbar noch nicht einmal gemerkt oder, was schlimmer ist, es ist ihr egal.»
    «Lassen wir Olivia aus dem Spiel.» Norberg beugte sich vor und blies Geigy seinen Atem ins Gesicht. «Hier geht es nicht um dein Versagen als Ehemann, sondern darum, dass du drei Menschen auf dem Gewissen hast. Ich frage mich, wie du überhaupt noch ruhig schlafen kannst.»
    «Leck mich! Du bist ja verrückt.»
    «Möglich, aber wenigstens bezahlt niemand dafür mit dem Leben. Es ist dir wohl klar, dass es eine interne Untersuchung geben wird.»
    Geigys rechtes Augenlid begann zu flattern. Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her. Seine Hand verschwand unter dem Tisch, kam wieder hervor, befühlte seine Oberschenkel, tastete über die Taschen seiner Jeans, zog das zerfledderte mintgrüne Papiertütchen aus der Gesässtasche und klaubte zwei Pastillen heraus.
    «Kannst du nicht was anderes lutschen, wenn es denn unbedingt sein muss?», schaltete sich Desnoyer ein, «die hier riechen einfach nur eklig.»
    «Hueresiech, nein, das kann ich nicht!» Geigy schleuderte das Säckchen vor sich auf den Tisch. Die Hälfte der Pastillen spritzte heraus und verteilte sich über die Tischplatte.
    Augenblicklich wurde es still. Einzig Geigys keuchender Atem war zu hören.
    «War ja bloss eine Frage.» Desnoyer las die Pastillen, die bis an seinen Platz gespickt waren, von seinen Unterlagen. «Bislang bist du auch ohne dieses Zeug ausgekommen.»
    «Jetzt hab ich eben Lust darauf.» Geigy stand auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. «In einer Viertelstunde fangen wir an. Ich muss noch ein dringendes Telefonat erledigen. Wenn ich zurückkomme, sitzt Kollege Norberg nicht mehr mit uns am Tisch.»
    «Wie bitte?» Norberg lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    «Kollege Norberg hat sich entschieden, unseren Teambesprechungen künftig per Skype beizuwohnen – eine ausgezeichnete Idee, die ich nach Kräften unterstütze.»
    «Bernhard, ich weiss nicht –»
    «Aber ich, Iris. Und solange ich diese Abteilung leite, werde ich keine Sekunde länger als nötig mit einem hinterfotzigen Wichser wie Gunnar im selben Raum verbringen.»
    «Aber –»
    «Jetzt hör mir mal genau zu: Beim Einatmen nehmen wir durchschnittlich zehn hoch zweiundzwanzig Atome pro Atemzug auf. Das ist eine Eins mit zweiundzwanzig Nullen. Zehn Trilliarden, verstehst du? In dieser Sekunde befinden sich in meinem Körper Atome, die einst im Körper von Einstein gewesen sind. Aber wenn ich noch lange die gleiche Luft atme wie dieses Arschloch dort, werde ich von innen heraus vergiftet. Und das», Geigy sah von einem zum andern, «lasse ich auf keinen Fall zu.»
    Norberg lachte gezwungen. «Du bist wirklich verrückt. Oder betrunken. Eines von beiden.»
    «Im Gegenteil. Ich bin so klar wie nie zuvor. Ich gehe jetzt, und wenn ich wiederkomme, bist du verschwunden. Hast du mich verstanden?»
    «Verdammt noch mal, Bernhard! Ich werde beim Oberhäuptling vorsprechen und dafür sorgen, dass du vom Dienst suspendiert wirst.»
    Geigy musterte Norberg kalt. «Wenn’s dir Spass macht. Aber noch bin ich hier. Du schaltest dich in fünfzehn Minuten von deinem Büro aus zu. So kannst du meine Luft nicht mehr verpesten, und ich kann dich jederzeit wegklicken.»
    Norberg stand wortlos auf, packte seine Unterlagen und verliess den Bunker.
    «Wer ein Problem damit hat, dass sich Gunnar für die Teambesprechungen künftig nicht mehr hierherbemühen muss, melde sich jetzt.»
    «Wenn du damit glücklich wirst, dann sei’s drum. Mich stört’s nicht, ’s ist eh ein schwieriger Typ, Gunnar», sagte Nasser.
    «Das kann man wohl sagen, aber die Frauen scheinen auf so was zu stehen.»
    Geigy kniff die Lippen zusammen und warf Desnoyer einen giftigen Blick zu. «Sonst noch wer?»
    «Wie wenn’s was bringen würde.» Iris Häuptlein seufzte.
    «Ganz recht, wie wenn’s was bringen würde.» Geigy war schon aus

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