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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Kahi
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registriert. Falls die Kollegen doch noch was finden, nehmen sie umgehend mit uns Kontakt auf. Interessanter ist die ‹Deutsche Unternehmenssparkasse›. Was Konkretes habe ich bisher zwar nicht herausfinden können, aber die Branche ist nervös.»
    «Die haben doch alle Dreck am Stecken», warf Desnoyer ein.
    «Wen meinen Sie mit ‹alle›? Alle Banken? Alle Banker? Alle Deutschen? Alle CEO s?»
    «Alle eben. Die ganze Finanzbranche.» Desnoyer sah Unold gereizt an. «Oder meinen Sie wirklich, die Milliarden, die in den vergangenen Jahren in irgendwelche Taschen geflossen sind, waren der verdiente Lohn ehrlicher Arbeit? Koscher und blütenweiss?»
    «Ich meine gar nichts. Ich dachte bloss, ein Ermittler müsse mit Vorurteilen zurückhaltend sein.»
    «Vorurteile, Vorurteile. Ich sag Ihnen was: Wo Rauch ist, ist auch Feuer.»
    «Was meinst du mit ‹nervös›», unterbrach Geigy die beiden.
    «Die Millionen fliessen nicht mehr so ungehindert, wie auch schon. Die Lage auf den Finanzmärkten ist angespannt, und in gewissen Bereichen findet ein regelrechter Kahlschlag statt. Dazu kommt die Schwarzgelddiskussion im Zusammenhang mit dem gescheiterten Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz. Und – jetzt kommt’s: Die Kollegen in Frankfurt ermitteln gerade gegen die ‹Deutsche Unternehmenssparkasse›. Es bestehe der dringende Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Mitarbeiter der Bank sollen den Anlegern geholfen haben, Gelder am Fiskus vorbei in die Schweiz zu schleusen. Über ein internes Verrechnungskonto. Einer der Kollegen hat mir gesteckt, dass eine Grossrazzia geplant ist. Unternehmen und Privatkunden in ganz Deutschland sollen konzertierten Besuch erhalten. Was Konkretes, dass Morton da mit drinsteckte, hab ich zwar nicht, aber möglich wär’s. Und heiss genug für einen Mord ist die Sache allemal.»
    «Im Bankensektor brodelt es tatsächlich gehörig», stimmte Geigy zu, während er die Thermosflasche abermals aufschraubte, mit geschlossenen Augen trank und sie an ihren Platz zurückstellte. Diesmal verzichtete er darauf, sie wieder zu verschliessen.
    Unold merkte auf. «Ich dachte, wir wären uns einig, dass bei der ASH niemand über Chris Mortons Tod Bescheid gewusst hat. Gestern Vormittag jedenfalls stimmten Sie mir noch zu.»
    «Gestern war gestern, heute ist heute. Ich war vorhin nochmals bei der ASH und habe mir Mortons Büro vorgenommen. Morton wurde ja nicht zufällig CEO dieser Bank, sondern man hat ihn gezielt nach Aarau geholt. Darum auch die Antrittsprämie von sechs Millionen. Die allein wäre für manche übrigens Grund genug, einen Mord zu begehen. Wie auch immer: Morton sollte die Bank neu ausrichten, bevor es zum Gau kommt.»
    «Wie, Gau?», wollte der Staatsanwalt wissen.
    «Nathalie hat es schon erwähnt. Der Finanzmarkt glänzt nicht mehr so gülden wie unlängst. Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Die Banken sehen sich mit verschärften Regulierungsbestimmungen konfrontiert. Dazu gehören unter anderem neue Kapital- und Liquiditätsvorschriften. Morton plante, auf diese Veränderung mit einem radikalen Abbau des Investmentbankings zu reagieren. Er hatte ein bis ins Detail ausgearbeitetes Dokument in der Schublade, aus dem hervorgeht, dass die ASH sich aus dem Hochrisikoinvestment zurückziehen und sich wieder voll und ganz auf die Vermögensverwaltung konzentrieren will.»
    «Ja und?»
    «Diese Neufokussierung ist an einen massiven Stellenabbau gekoppelt.»
    «Wie massiv?» Unold blickte fragend.
    «In den Unterlagen ist von zweihundert Arbeitsplätzen die Rede, das ist etwas mehr als fünfzehn Prozent.»
    «Oh», machten die Zuhörenden unisono.
    «Genau. Wenn unter den zweihundert auch nur einer ist, der keine Zukunft mehr gesehen hat –»
    «Wer wusste alles über diese Um- und Abbaupläne Bescheid?»
    «Nur Morton und der Verwaltungsrat. Angeblich. Aber das kennt man ja: Die Angelegenheit kann noch so vertraulich sein, irgendjemand redet immer.»
    «Ich wünsche dir schon jetzt viel Vergnügen», tönte Norbergs leicht verzerrte Stimme aus dem Lautsprecher von Häuptleins Rechner. «Zweihundert potenzielle Verdächtige überprüfen …»
    Geigy nahm einen erneuten Schluck aus seiner Thermosflasche und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. «Bevor wir die einzelnen Betroffenen überprüfen, hören wir uns sorgfältig um. Vielleicht haben wir ja Glück, und es ist doch nichts nach aussen gedrungen.»
    «Bloss keinen Finger zu viel rühren,

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