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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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konnte begreifen, weshalb Noah diese Gegend so liebte, und hoffte, dass sie ihm denselben Frieden gab wie ihr.
    Nach einer Weile entdeckte sie zu ihrer Erleichterung eine einsame Gestalt, die auf einem Felsen am Wasser saß, den Kopf in die Hände gestützt. Es war Noah. Er hatte kein Lagerfeuer entfacht, vermutlich, damit niemand den Rauch sah. Eliza wusste, dass sie von Glück sagen konnte, Noah so rasch aufgestöbert zu haben. Kurz darauf hörte er sie näher kommen und hob misstrauisch den Kopf.
    »Noah, bitte, reden Sie mit mir!«, rief Eliza, die befürchtete, dass er Reißaus nahm. »T illy und ich wissen jetzt, wie Alistair McBride das mit Ihrem Vater herausgefunden haben könnte. Bitte glauben Sie uns, dass keine von uns Sie jemals verraten würde!«
    Noah zögerte einen Augenblick, dann aber blickte er Eliza entgegen.
    Als sie Noah erreichte, sah sie seinen getreuen alten Esel, der ein paar Schritte hinter ihm an einen Strauch gebunden war, wo er sich einer wohlverdienten Ruhepause erfreute.
    »Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte«, sagte Noah. »Ich hätte nie gedacht, dass jemand das mit meinem Vater herausfindet. Dabei bin ich ganz anders als er. Ich habe noch nie im Leben etwas gestohlen oder jemandem etwas zuleide getan. Das Leben in dieser Stadt ist so schon hart genug für einen Aborigine.«
    »Das mit dem Artikel ist das Schlimmste, was Ihnen passieren konnte – gerade jetzt, wo die Farmer wegen der verschwundenen Schafe ohnehin wütend sind«, sagte Eliza. »W ieso können die Leute in der Stadt denn nicht begreifen, dass Sie nicht für die Taten Ihres Vaters verantwortlich sind, nur weil sein Blut in Ihren Adern fließt? Sie haben einen ganz anderen Weg gewählt als er – einen Weg, auf den Sie stolz sein können. Und Sie können auch stolz auf Ihr Talent sein. Ich kenne niemanden, der so malen kann wie Sie.«
    Noah zuckte die Schultern. »Ich bin von den Weißen nie akzeptiert worden, weil ich Aborigine bin. Dass mein Vater Bushranger war, hat mein Schicksal endgültig besiegelt. Da kann man nichts machen.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Eliza, entschlossen, dafür zu sorgen, dass Noah Gerechtigkeit widerfuhr.
    »W ie hat dieser Zeitungsmann das mit meinem Vater bloß herausgefunden?«, fragte Noah. Er wusste, dass sein Leben aus den Fugen zu geraten drohte, und er hatte schreckliche Angst, dass die Farmer ihre Drohung wahrmachen und sein Haus niederbrennen würden. Sie hatten es bereits mit Kerosin übergossen, als Noah fluchtartig davongeritten war, voller Angst, der Pöbel würde ihn am nächsten Baum aufhängen.
    »W ahrscheinlich hat Alistair McBride Tilly und mich belauscht«, beantwortete Eliza Noahs Frage. »W ir hatten während der Landwirtschaftsausstellung beim Springreiten zugeschaut, haben uns in der Nähe des Heuschobers auf eine Bank gesetzt und darüber gesprochen, wie schlecht die Leute in der Stadt Sie behandeln. Dabei sagte Tilly, es sei ein Glück, dass die Leute nicht wüssten, wer Ihr wirklicher Vater ist. Wahrscheinlich war McBride im Heuschober und hat unser Gespräch mitgehört. Es war dumm von uns, dass wir uns nicht vergewissert haben, ob jemand lauscht. Es tut uns schrecklich leid, Noah, aber jetzt wollen wir Ihnen helfen und unseren Fehler wiedergutmachen.«
    Noah ließ den Kopf hängen. »Niemand kann mir helfen. Ich bin ein toter Mann.«
    »W ir werden nicht zulassen, dass man Ihnen etwas antut!«, stieß Eliza entschossen hervor. »Ich finde schon heraus, wer die Schafe stiehlt, und ich werde Ihren Namen reinwaschen, das schwöre ich!«
    »Niemand kann meinen Namen reinwaschen, Eliza.«
    »Ich kann es, und ich werde es tun. Ich werde nicht nach Mount Gambier zurückkehren, bis alles geklärt ist.« Eliza war nicht sicher, ob sie ihr Versprechen halten konnte, doch es brach ihr schier das Herz, Noah so niedergeschlagen zu sehen. Plötzlich fiel ihr etwas ein, womit sie ihn vielleicht ein wenig aufmuntern konnte. »Übrigens habe ich eine gute Neuigkeit für Sie.«
    Noah blickte auf. »Und welche?«
    »Ich habe den Wolf gefunden. Zum Glück scheint er nicht schwer verletzt zu sein. Was sagen Sie dazu?«
    »Im Moment mag es dem Wolf ja einigermaßen gut gehen«, erwiderte Noah bedrückt, »aber sein Schicksal ist zusammen mit meinem besiegelt.«
    Eliza war entsetzt, dass er so empfand. »Niemand weiß, wo der Wolf ist. Nicht einmal meine Tante, meine Schwester oder Brodie Chandler. Solange das Tier in den Höhlen bleibt, ist es in Sicherheit – und es

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