Im Schatten des Teebaums - Roman
antwortete sie schnell.
»Schade«, murmelte Brodie. Er fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war, sie zu küssen. Wenn ja, war es zumindest ein Fehler gewesen, den er sehr genossen hatte.
20
Katie kostete kaum von ihrer Rinderbrühe und konnte am Lammkotelett und dem Gemüse nur knabbern, da ihr Magen Purzelbäume schlug. Sie hatte einen romantischen Nachmittag mit Alistair verbracht, und der Abend versprach genauso zu verlaufen. Wegen der düsteren Stimmung in der Stadt waren nur wenige Gäste zum Abendessen ins Hotel gekommen. Dadurch war es für sie beide leichter, so zu tun, als wären sie allein – abgesehen von einigen Unterbrechungen, als Stammgäste der Bar erschienen, um Alistair zu gratulieren, dass er Noahs Herkunft aufgedeckt hatte.
»Jetzt wissen wir endlich, wer unsere Schafe stiehlt«, sagte einer von ihnen mit einer Mischung aus Wut und Genugtuung, während die anderen unheilvolle Drohungen gegen Noah ausstießen.
»W ie haben Sie eigentlich herausgefunden, dass Noah Rigby der Sohn von Barry Hall ist?«, fragte Mort Wilkinson.
»Ich habe so meine Quellen, Mr. Wilkinson«, sagte Alistair, der nicht gern an seine skrupellosen Methoden erinnert werden wollte. »Außerdem sitze ich mit einer charmanten jungen Dame beim Abendessen, daher sollte ich jetzt nicht von meiner Arbeit sprechen.« Er hoffte, dass Mort den Wink verstand.
Wilkinson schaute Katie mit verschwommenem Blick an. »V erzeihen Sie, dass ich Sie gestört habe, Miss«, sagte er, worauf sie höflich nickte. »Sie haben völlig recht, Mr. McBride«, fuhr Wilkinson fort. »Bitte beenden Sie Ihre Mahlzeit in aller Ruhe. Wenn ich Sie das nächste Mal in der Bar sehe, Mr. McBride, gestatten Sie mir, Ihnen einen Drink auszugeben.«
»Danke«, sagte Alistair, entschlossen, ihn mit seinem Versprechen beim Wort zu nehmen, wenn auch nur, um herauszufinden, was die Einheimischen Noah antun wollten, falls sie ihn aufspürten.
Mort, der schon mehr als genug getrunken hatte, ging schwankend zurück an die Bar.
Katie war geschmeichelt, dass Alistair mehr an seinem Rendezvous mit ihr interessiert war als an Gesprächen über seine Arbeit, und strahlte vor Freude. Sie hatte kaum auf das Gespräch geachtet, sonst wäre ihr vielleicht aufgefallen, dass die Anschuldigungen ihrer Tante zum Teil stimmen konnten. Aber so genoss sie es einfach nur, Alistair, der einen guten Appetit hatte, beim Essen zuzusehen. Er vertilgte sein ganzes Essen und noch einen Teil von ihrem, den sie ihm anbot, während er ununterbrochen redete und ihr Komplimente machte.
Doch im Verlauf des Abends wurde ihrem Glück ein kleiner Dämpfer aufgesetzt. Nachdem Alistair zum zehnten Mal Elizas Namen zur Sprache gebracht hatte, erwachte Katies Unmut. »Und was ist mit mir?«, sagte sie. »Bin ich etwa nur ein schwacher Ersatz für meine Schwester? Ist Eliza die Frau, an der Sie wirklich interessiert sind?«
Alistair blickte sie verdutzt an. »Aber nein, natürlich nicht, Katie!«, sagte er. »W ie können Sie so etwas auch nur denken? Ich habe lediglich versucht, sämtliche Mitglieder Ihrer Familie kennen zu lernen, um ein umfassenderes Bild von Ihrem Leben zu bekommen. Das war mein Umweg, um möglichst alles über Sie zu erfahren.«
Katie senkte beschämt den Kopf. »Es tut mir leid, Alistair. Ich weiß gar nicht, warum ich das gesagt habe. Aber manchmal fallen böse Worte zwischen zwei Menschen, wenn sie glauben, dass sie einander nicht mögen, obwohl sie sich in Wahrheit zueinander hingezogen fühlen.« Katie dachte an ihre Beziehung mit Thomas. Sie kannten sich ihr Leben lang, hatten sich aber kein bisschen verstanden. Thomas hatte Katie für verwöhnt und unnahbar gehalten, während sie ihn als eingebildet und herablassend empfand. Erst als sie sich ein Jahr nach ihrem Schulabschluss bei einem Tanzabend trafen, änderte sich alles; sie sahen einander mit anderen Augen und fühlten sich zueinander hingezogen.
»Ich bin geschmeichelt, dass Sie ein wenig eifersüchtig waren«, nutzte Alistair die Situation zu seinem Vorteil aus. Er drückte ihre Hand und sah ihr tief in die Augen.
Katie errötete, während sie darüber nachdachte, dass Alistair so völlig anders war als Thomas. Der Charme schien ihm aus jeder Pore zu strömen, und er war redegewandt. Thomas war nicht annähernd so aufregend.
Als Alistair erkannte, dass er beinahe einen Schnitzer begangen hätte, wurde er doppelt aufmerksam. Er hatte Elizas Namen mehrmals in der Hoffnung
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