Im Schatten des Teebaums - Roman
Leute glauben, das sei nur eine aus der Luft gegriffene Geschichte, um seine seltsame familiäre Abstammung zu vertuschen.«
»W er bringt denn Mr. McDermotts Felle in die Stadt?«
»Mick Brown. Er ist aus der Gegend hier und der Einzige, mit dem Mallory sich abgibt. Meistens bringt er Mallory einmal im Monat, was der an Lebensmitteln braucht.«
»Hat irgendjemand in letzter Zeit mehr Felle verschickt als sonst?«
»Das kann ich nicht behaupten. Warum wollen Sie das mit den Trappern überhaupt wissen?«
»Es ist für einen Artikel, an dem ich arbeite. Sie sind mir eine große Hilfe gewesen, Mr. Starkey.«
»W erde ich jetzt in der Zeitung erwähnt?«
Eliza war sich nie sicher, wie sie auf diese Frage antworten sollte, da manche Leute ein wenig Bekanntheit gern hatten, während andere es vorzogen, anonym zu bleiben. »Mein Redakteur wird das letzte Wort haben. Möchten Sie denn, dass Ihr Name erwähnt wird?«
»Ich hab nichts dagegen«, sagte Starkey, ohne die Vorfreude in seiner Stimme zu verhehlen. Er rückte seine Krawatte zurecht. »W ird jemand ein Foto von mir aufnehmen? Ich hab gehört, die Zeitungen haben jetzt diese neuen Kodak-Brownie-Boxkameras.«
»Die Border Watch hat tatsächlich eine solche Kamera«, sagte Eliza. Die Kodak-Brownie war Mr. Kennedys ganzer Stolz. »Aber mein Redakteur erlaubt nur bei wichtigen Artikeln die Veröffentlichung von Fotos.«
Neddy war für einen Moment enttäuscht. Er war schon einmal fotografiert worden, als der Bahnhof eingeweiht wurde; aber damals war die Qualität der Bilder noch sehr schlecht gewesen, und das Foto war seitdem arg vergilbt. »Falls der Tiger gefangen wird, würde Ihrem Redakteur ein Foto davon sehr gefallen, nehme ich an«, sagte er.
»Das stimmt«, gab Eliza zu. Sie wusste, dass ihr Chef auch gern ein Foto des Wolfs und des versteckten Pferchs des Schafdiebes hätte. »Ich bin nur eine junge Reporterin, Mr. Starkey, aber eines Tages, wenn ich mir einen Namen gemacht habe, könnte ich wiederkommen, um ein Foto von Ihnen aufzunehmen.«
Neddys Miene hellte sich auf. »Dann viel Glück, junge Dame.«
»Danke, dass Sie mir ein wenig von Ihrer Zeit geschenkt haben«, sagte Eliza. »Ich will Sie nicht länger aufhalten.«
»Ja, ich sollte zusehen, dass ich nach Hause komme. Meine Doris hat es gar nicht gern, wenn das Essen kalt wird.«
Brodie kam mit dem Wagen, und Eliza ließ Neddy seiner Wege gehen.
Sobald Brodie vorgefahren war, fragte er: »Hat jemand Sie belästigt?«
»Nein, ich habe nur mit Mr. Starkey gesprochen, dem Bahnhofsvorsteher. Er ist ein netter Mann.« Eliza mied den Blickkontakt mit Brodie und vergewisserte sich, dass die Fleischreste, die sie aus dem Mülleimer mitgenommen hatte, gut in ihrer Tasche versteckt waren.
Brodie bemerkte, wie angespannt sie war. Er vermutete, dass sie verstört war nach dem, was auf dem Wagen zwischen ihnen vorgefallen war. Brodie war selbst ein bisschen verunsichert von der ganzen Situation. Um Eliza aufzumuntern, versuchte er, ein Gespräch zu beginnen. Vielleicht hatte sie ja wieder Streit mit ihrer Schwester gehabt. »Haben Sie mit Katie gesprochen?«, fragte er, als sie zum Hanging Rocks Inn aufbrachen.
»Nein«, erwiderte Eliza.
»W ar sie denn nicht im Hotel?«
»Doch, sie hatte sich ein Zimmer genommen, aber sie war mit Alistair im Speisesaal. Ich wollte mit ihr sprechen, aber das hätte bedeutet, ihr Tête-à-Tête zu stören, und das habe ich mich nicht getraut, weil es eine Szene gegeben hätte.« Sie wollte gern das Thema wechseln und über irgendetwas reden, egal was, nur um eine weitere schweigsame Fahrt zu vermeiden. »W as haben Sie auf Freds Farm gefunden?«
»Getrocknetes Blut auf einem Stück Schaffell. Es schien mindestens zwei oder drei Tage alt zu sein, und das verwirrt mich ein bisschen.«
»W ieso?«
»Ich habe vor ein paar Tagen beim Hanging Rocks Inn ein Tier angeschossen, das ich für den Tiger halte, und es kann unmöglich an zwei Orten zugleich gewesen sein.«
»Haben Sie mal darüber nachgedacht, dass es zwei Tiere geben könnte, die durch diese Gegend streifen?«, fragte Eliza. »Einen Tiger und noch ein anderes?« Es war schwer zu sagen, was Brodie dachte, aber sie musste herausfinden, ob er auf Hinweise gestoßen war, dass es einen Wolf gab.
»W as denn für ein anderes Tier?«
»Ich weiß nicht. Ein kleiner Bär vielleicht, oder sogar ein Wolf.«
»Das ist höchst unwahrscheinlich«, sagte er geringschätzig.
»So unwahrscheinlich wie ein Tiger,
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