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Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Titel: Im Schatten des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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sagte sein Vater. Nein. Suppe.
    Roy wärmte die Pilzrahmsuppe auf, die er für die Pfannkuchen gedacht hatte. Es war eine der letzten Dosen überhaupt, wegen des Bären. Er brachte sie seinem Vater und fütterte ihn langsam.
    Sein Vater bekam nur ein paar Löffel runter, bevor er sagte, Erst mal genug.
    Und die Schnitte und alles?, fragte Roy. Ich wusste nicht, was ich machen soll.
    Schon okay.
    Roy brachte ihm wieder Wasser, entzündete die Lampeund schürte das Feuer, und sie warteten gemeinsam, wortlos, bis sein Vater nach mehr Suppe verlangte und dann nach mehr Wasser und sich dann ausruhte und dann wieder einschlief.
    Als Roy am Morgen aufwachte, hatte sein Vater die Arme unter den Decken hervorgezogen und sie obenauf gelegt. Nur einer zeigte Schnitte, und die verschorften allmählich.
    Ich sollte das Notsignal zünden, sagte Roy. Du kannst immer noch nicht aufstehen. Vielleicht hast du ernsthaft was abbekommen.
    Hör zu, sagte sein Vater. Wenn wir jetzt gehen, kommen wir nicht mehr zurück. Und ich will noch nicht aufgeben. Du musst mir noch eine Chance geben. So eine Dummheit passiert mir nicht ein zweites Mal. Versprochen.
    Ich dachte, du stirbst, sagte Roy.
    Ich weiß. Tut mir leid. Jetzt brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen.
    Es sah aus, als ob du gesprungen wärst.
    Ich war zu dicht am Rand. Ist schon gut.
    Also warteten sie. Roy fütterte ihn wieder mit Suppe und Wasser, und dann musste sein Vater aufs Klo.
    Ich muss mal, sagte er. Und ich kann nicht alleine aufstehen. Nimm ein bisschen Klopapier mit und hilf mir.
    Roy nahm das Klopapier und hockte sich hinter seinen Vater, um ihm unter die Arme zu greifen. Sein Vater konnte mit den Beinen ein wenig nachhelfen, dann mit einer Hand auf dem Tisch, und so kamen sie auf die Beine und schließlich zur Tür, wo sie eine Pause einlegten.
    Es sieht nicht so aus, als wenn was gebrochen wäre, sagte Roy.
    Nein, sagte sein Vater. Da habe ich wirklich Glück gehabt.
    Sie verschnauften noch eine Weile in der Tür, währendsein Vater über die Bucht blickte. Dann gingen sie an der Außenwand entlang zur Treppe und nahmen eine Stufe nach der anderen, Roy voran, sein Vater auf ihn gestützt.
    So geht’s, sagte sein Vater. Das schaffen wir. Ich bin bloß ein bisschen steif und angeschlagen, aber das geht vorbei.
    Am Fuß der Treppe ruhten sie sich aus.
    Das Plumpsklo ist vielleicht sogar einfacher, sagte sein Vater. Auch wenn es weiter weg ist.
    Ich kann dich tragen, sagte Roy.
    Ich glaube, ich kann laufen, wenn du mich stützt.
    Sein Vater hielt sich an ihm fest. Langsam gingen sie zum Plumpsklo, blieben alle vier, fünf Meter stehen, und als es zu nieseln anfing, beschlossen sie, weiterzugehen, und schafften es zum Plumpsklo, wo sein Vater sich mit seiner Hilfe umdrehte und hinsetzte und Roy hinausging und wartete.
    Draußen im Nieselregen kamen in Roy Gefühle auf, die er nicht einzuordnen wusste. Seine Riesenangst war so gut wie verflogen, aber ein Teil von ihm, den er nicht so recht greifen konnte, wünschte, sein Vater wäre bei dem Sturz gestorben, damit es eine Erleichterung gegeben hätte und alles klar gewesen wäre und er einfach zu seinem Leben hätte zurückkehren können. Aber er fürchtete sich, so was zu denken, als wäre es ein böser Fluch, und der Gedanke, dass er seinen Vater hätte verlieren können, trieb ihm auf einmal Tränen in die Augen, sodass er bemüht war, nicht zu weinen, als sein Vater ihn von drinnen rief, die Tränen im Hals und in den Augen niederkämpfte.
    Sein Vater streckte die Hand aus, als Roy die Tür öffnete. Hilf mir hoch, sagte er. Aber seine Hose war noch unten, und Roy musste einfach seinen Penis ansehen, der da runterhing, und das Haar auf seinen Schenkeln. Peinlich berührt versuchte er den Blick abzuwenden, als hätte er gar nicht hingesehen.
    Sein Vater sagte nichts. Als er stand und noch Roys Hand hielt, zog er sich einhändig die Hose hoch, drehte sich zum Türpfosten und lehnte sich so an, dass er sich mit beiden Händen zuknöpfen konnte. Dann gingen sie wieder zur Hütte, wo sein Vater sich hinlegte, ein wenig aß und trank und den Rest des Tages schlief.
    Im Laufe der Woche kam sein Vater zu Kräften. Er wurde wieder beweglicher, konnte allein aufs Plumpsklo gehen und langsam vor dem Haus auf und ab laufen und schließlich zur Landspitze und zurück. Kurz darauf erklärte er sich für genesen.
    Von den Toten auferstanden, sagte er. Der Lunge ging’s noch nie besser. Und so was kommt nie wieder vor, das

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