Im Schatten des Vaters
verspreche ich dir.
Roy wollte erneut fragen, ob sein Vater mit Absicht über die Kante getreten war, denn so hatte es ausgesehen, aber er ließ es bleiben.
Sie jagten Hirsche, der erste kam vom Pass hinter der Hütte auf der anderen Seite heruntergestürmt. Sein Vater ließ Roy den Vortritt, und der traf ihn im Nacken. Er hatte zwischen die Schultern gezielt, also weit gefehlt, im Nachhinein aber ließ er es so aussehen, als hätte er ihn im Nacken treffen wollen.
Sie fanden ihn hingestreckt in den Blaubeeren, mit hängender Zunge und noch ungebrochenem Blick.
Gute Arbeit, sagte sein Vater. Das wird gutes Fleisch. Er legte das Gewehr ab und holte sein Jagdmesser heraus. Er schnitt den Bauch auf, holte die Eingeweide raus, ließ ihn an der Kehle ausbluten, schnitt die Hoden ab und alles andere dort unten, durchbohrte die Hinterläufe und schob die Vorderläufe hindurch, um eine Art Rucksack zu formen.
Normalerweise würde ich ihn tragen, sagte er. Aber meinRücken und meine Seite tun noch ein bisschen weh, wenn es dir nichts ausmacht.
Roy lud sich, während sein Vater beide Gewehre nahm, die eingehakten Hinterläufe über die Schultern, Hinterteil am Kopf, Geweih an den Knöcheln, und trug das Tier so den Berghang hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter.
Sie hängten den Hirsch auf und zogen ihm das Fell ab, trennten mit den Fäusten Fleisch und Fell. Dann schnitten sie das Fleisch größtenteils in Streifen und dörrten es auf dem Rost oder räucherten es.
Der Rost wird nicht toll, sagte sein Vater. Nicht genug Sonne und zu viele Fliegen. Aber das meiste räuchern wir.
Sie streckten das Fell, als es gerade dunkel wurde, salzten es ein und gingen schlafen.
In der Nacht weinte sein Vater nicht, seit dem Sturz schon hatte er das nicht mehr getan. Roy lauschte und wartete, angespannt und außerstande, einzuschlafen, aber das Weinen kam einfach nicht, und nach ein paar Nächten gewöhnte er sich daran und lernte einzuschlafen.
Sie machten sich jetzt ernsthafter daran, ihre Wintervorräte aufzustocken. Als sein Vater wieder kräftig genug war, um zu arbeiten, gruben sie etwa hundert Meter vom Haus ein Loch, hinten in einem kleinen Hemlockwäldchen. Sie schaufelten, bis sein Vater schultertief in der Erde stand und Roy bereits bis über den Kopf. Dann verbreiterten sie die Grube, gut drei Meter zu allen Seiten, ein Riesenquader in der Hügellandschaft, und nachdem sie noch etwas tiefer gegraben hatten, nahmen sie ihre selbstgemachte Leiter zum Rein- und Rausklettern. Als sie auf einen großen Stein trafen, schaufelten sie drum herum und untendurch, bis sie ihn ausgegraben hatten und mit einem Seil heben konnten. Sie hörten erst auf, als sie auf Fels trafen und nicht mehr weitergraben konnten.
Das Loch sollte ihr Depot werden, doch als es einmal ausgehoben war, kamen seinem Vater Zweifel. Ich weiß nicht, sagte er. Ich weiß nicht, wie man es hinkriegt, dass es nicht schimmelt und kein Ungeziefer drankommt. Ich weiß nicht, wie wir uns einen leichten Zugang zu den Sachen da drinnen verschaffen können, ohne dass es auch für Bären leicht wird. Und dann wird der Schnee auch noch alles zudecken.
Roy hörte zu und blickte in die riesige Grube, die sie eine Woche lang ausgehoben hatten. Er wusste es auch nicht. Er hatte einfach angenommen, dass sein Vater mehr darüber wüsste.
Sie standen noch eine Weile da, bis sein Vater sagte, Na, denken wir doch mal nach. Wir können das Essen in Plastikbeutel packen. Dann schimmelt es vielleicht, aber es kann nicht nass werden und Ungeziefer anziehen.
Sollen wir da drinnen so eine Art Schuppen bauen?, fragte Roy. Oder vergraben wir einfach alles?
Auf Fotos, da ist das Ganze aus Baumstämmen, in der Erde oder in der Luft.
Okay, sagte Roy.
Lass uns drüber schlafen, sagte sein Vater.
Also angelten sie zum Ausklang eines Nieseltages an der Landspitze, brieten wieder Lachs zum Abendessen und legten sich hin.
Roy konnte nicht einschlafen und lag lange wach. Stunden später hörte er seinen Vater weinen.
Am Morgen erinnerte sich Roy daran und blieb in seinem Schlafsack und stand erst spät auf. Sein Vater war schon weg, und als Roy zur Grube kam, stand darin sein Vater mit verschränkten Armen und starrte die Wände an.
Überlegen wir doch mal, sagte er. Wir haben ein Loch gegraben.Wir haben hier ein großes Loch. Und wir müssen unsere Vorräte darin aufbewahren. Wir brauchen so was wie eine niedrige Hütte, meine ich, und eine Tür, durch die wir kommen,
Weitere Kostenlose Bücher