Im Schatten des Vaters
aber ein Bär nicht. Die Tür könnte oben sein oder an der Seite mit einem schrägen Zugang. Ich meine, die Tür sollte oben sein, zugenagelt und vergraben. Was meinst du?
Da sah sein Vater ihn an. Roy dachte, es geht dir überhaupt nicht besser. Nichts ist besser geworden. Vielleicht beschließt du, dich einfach da drin zu begraben oder so. Er sagte jedoch, Wie kommen wir dann an die Vorräte ran?
Gute Frage, sagte sein Vater. Darüber habe ich schon nachgedacht, und ich meine, ein Depot legt man für das Ende des Winters an. Man versorgt sich in der Hütte und geht einfach nicht raus. Man hat die Gewehre griffbereit und erschießt alle Bären, die vorbeikommen. Und wenn irgendwann die Vorräte knapp werden, hat man immer noch was übrig. Dann kommt man her und gräbt es aus und nimmt alles mit und ist wieder versorgt. Vielleicht kommt man auch zweimal her, aber nicht öfter. Also brauchen wir keinen leichten Zugang. Und dass sich das Essen hält, liegt daran, dass alles nicht nur geräuchert oder gedörrt und eingesalzen, sondern zusätzlich auch noch gefroren ist.
Das klingt plausibel, sagte Roy.
Voilà, sagte sein Vater und hob die Arme. Tauge ich doch zu was, hm?
Vielleicht.
Sein Vater lachte. Vielleicht, hm? Mein Junge entwickelt Humor. Fühlst dich hier allmählich wohl, stimmt’s?
Roy lächelte. Ein bisschen wahrscheinlich.
Schön.
Zur Feier des Tages fällten sie ein paar Bäume und sägten Latten für die Wände des Depots. Das dauerte den ganzenTag. Bei Einbruch der Dunkelheit hatten sie die Latten an den Rand der Grube geschleppt.
Die bauen wir morgen ein, sagte sein Vater. Hast du ganz zufällig eine Meile Zwirn dabei?
Nein.
Na, wir denken uns was aus. Nägel haben wir auch nicht genug. Aber wir denken uns was aus.
In der Nacht lag Roy wieder wach und wartete auf das Weinen, er wollte wissen, ob es jede Nacht da war, wachte aber morgens auf und fragte sich, ob es ausgeblieben war oder ob er einfach nicht lange genug wach gelegen hatte. Schwer zu sagen. Sein Vater ging ihm inzwischen aus dem Weg, und Roy musste so tun, als bemerkte er das nicht.
Sie schaufelten so viel Erde ins Loch zurück, dass sie die Latten nebeneinander einbuddeln konnten. Sie waren überhaupt nicht miteinander verbunden, einfach nur nebeneinander eingegraben.
Ich glaube, die bleiben so, sagte sein Vater. Ganz einfach durch den Druck von innen nach außen.
Und wenn wir das Essen rausholen?, fragte Roy, oder wenn ein Bär gräbt und versucht, es auseinanderzunehmen?
Sein Vater sah ihn nachdenklich an. Er sah ihn direkter an als sonst, weshalb Roy seinem Blick auswich und den leichten Bart ansah, den sein Vater jetzt trug, und das Haar, länger an den Seiten und oben platt, weil ungewaschen. Er sah gar nicht mehr wie ein Zahnarzt aus oder wie sein Vater. Er sah aus wie irgendein anderer Mann, der nicht viel hatte.
Du denkst nach, sagte sein Vater. Das ist gut. Wir können uns unterhalten über das, was wir tun. Ich habe auch darüber nachgedacht, und mir scheint, wir müssen es nur tief genug vergraben und genug obendrauf legen, damit ein Bär sich nicht durchwühlen kann, denn wenn er es bis nach untenschafft, kann kein Depot ihn abhalten, egal, wie es zusammengebaut ist.
Roy nickte. Er wusste nicht, ob es funktionierte, aber es leuchtete ihm ein.
Und wenn wir schließlich die Vorräte holen, Ende Februar vielleicht, ist der Boden so gefroren, dass sich nichts mehr bewegt. Da kann es gar nicht mehr einstürzen, selbst wenn wir das Holz komplett rausnehmen, was wir vielleicht müssen, für den Ofen.
Roy lächelte. Das klingt gut.
Na schön.
Sie bauten die restlichen Latten ein, es sah aus wie die Wände eines kleinen, sehr niedrigen Forts, und setzten sich hin, um ihr Werk zu begutachten.
Es braucht ein Dach, sagte Roy.
Und eine Tür. Wir sägen lange Latten, die ganz rübergehen, und die Tür im Dach denken wir uns noch aus. Womöglich nur ein großes Loch mit einem zweiten Dach drüber.
Wir haben noch gar keine Vorräte zum Einlagern, sagte Roy.
Da hast du recht. Und wir lagern erst ein, wenn es schneit. Bis dahin müssen wir verhindern, dass das Depot einstürzt.
Wir hätten mit dem Graben noch ein paar Monate warten sollen, oder?
Schon. Wir haben zu früh gegraben. Aber ist schon in Ordnung. Das wussten wir nicht.
An den folgenden beiden Tagen schnitten sie im Regen die Latten für das Dach und für ein kleineres zweites Dach zurecht. Sie sägten die Baumstämme und hackten die Äste mit einem Beil
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