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Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Titel: Im Schatten des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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eigenen Berg an einem sonnigen Tag. Was haben wir für ein Glück.
    Sie erklommen den Gipfel und stellten sich auf die Felsen, und es war noch immer klar. Sie sahen nach hinten ihre gesamte Insel und keine Anzeichen menschlicher Existenz, nur weiße Berge und die dunkleren Bäume darunter.
    Sein Vater breitete die Arme aus und juchzte.
    Roy war verwirrt und hörte das Echo.
    Ich freue mich so, am Leben zu sein, sagte sein Vater.
    Da es noch früh war, setzten sie ihren Weg auf der anderen Seite mit einem Abstieg fort, liefen auf den nächsten Grat und erklommen den nächsten Gipfel. Ein weiterer grandioser Ausblick, ein anderer.
    Da unten ist das Tal, wo ich den Bären erlegt habe, sagte sein Vater.
    Wow. Das ist aber weit.
    War es auch.
    Sie gingen um die Bergspitze herum und genossen die unterschiedlichen Ausblicke.
    Wenn du dir alles wünschen könntest, was du willst, sagte sein Vater, was wäre das?
    Weiß ich nicht, sagte Roy.
    Du nimmst dir gar keine Zeit, die Frage auf dich wirken zu lassen, mein Junge. Was wäre es? Wovon träumst du?
    Roy dachte nach, und ihm fiel nichts ein. Ihm schien, als sei er gerade nur damit beschäftigt, den einen Traum seines Vaters zu überstehen. Aber schließlich sagte er, Ein großes Boot, mit dem ich nach Hawaii segeln könnte und dann vielleicht um die Welt.
    Ah, sagte sein Vater. Das ist ein guter Wunsch.
    Und du?
    Und ich. Und ich. Es gibt so viele Dinge. Ich glaube, eine gute Ehe und die beiden, die ich hatte, nicht kaputt gemacht zu haben, und kein Zahnarzt gewesen zu sein und nicht die Steuerbehörde auf dem Hals zu haben und danach vielleicht einen Sohn wie dich und vielleicht ein Boot.
    Dann umarmte er seinen Sohn fest, was Roy völlig überrumpelte. Er war peinlich berührt, als sein Vater ihn endlich losließ. Gleich würde sein Vater weinen, das wusste er.
    Aber zum Glück drehte er sich um und ging den Hügelhinab. Sie setzten ihren Weg schweigend fort, und als sie auf die Hütte zugingen, war dieses schreckliche beklemmende Gefühl verflogen, und Roy sagte, Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Wer hat in meinem Bettchen geschlafen?
    Sein Vater lachte. Dann wäre es Zeit fürs Depot.
    Als sie die Schuhe ausgezogen hatten und drinnen am Ofen saßen, sagte sein Vater, Weißt du, ich habe über deine Worte nachgedacht, du meintest, du hättest doch schon gesagt, dass du bleibst, und du hast recht. Ich muss nicht für alles, was ich sage, ein schlechtes Gewissen haben und mich entschuldigen. Ich kann einfach darauf vertrauen, dass du was einstecken kannst. Immerhin werde ich nie vollkommen sein oder sorgenfrei, und ich will mit dir reden können und will, dass du mich kennst, also werde ich mich nicht ständig entschuldigen.
    Das finde ich gut, sagte Roy.
    Das weiß ich zu schätzen, sagte sein Vater.
    Dann las Roy in seinem Geschichtsbuch und dachte, dass er mit seiner Mutter nie solche komischen Unterhaltungen geführt hatte, und dann vermisste er sie. Sie und seine Schwester aßen jetzt zu Abend und hörten ihre klassische Musik, was auch immer das war, was sie jedes Mal hörten, und seine Mutter fragte Tracy alles Mögliche, und Tracy erzählte es ihr. Allerdings schien es seinem Vater auch besser zu gehen, und das war auch nicht schlecht, also las er über die Guillotine und versuchte, sein Zuhause zu vergessen.
    Ein paar andere Dinge sagte sein Vater auch noch. Ich habe über Rhoda nachgedacht und glaube, dass es mit ihr noch einmal klappen könnte. Ich habe jetzt eine positivere Einstellung. Ich glaube, ich könnte jetzt aufmerksamer sein, so, wie sie es sich wünscht, und meine Versprechen einlösen und sie nicht mehr anlügen. Ich glaube, das könnte ich jetzt. Das sollnicht nach einer guten Tat pro Tag klingen, als würde ich einfach kleine Aufgaben abhaken, aber ich glaube, ich würde das jetzt besser hinkriegen. Vielleicht rufe ich über die Kurzwelle die Vermittlung an.
    Klingt gut, sagte Roy. Und las weiter. Die Menschen flohen entsetzt voreinander wie eine Bande enttarnter Verbrecher, und jeder fragte sich, wer plaudern und den anderen verraten würde, als hielte einer dem anderen ein Messer ins Kreuz. Dieses Buch schien sehr wenige echte Informationen zu enthalten. Das sollte ein Geschichtsbuch sein. Hatten da nicht Fakten drinzustehen?
    Spätabends spielten sie wieder Karten, und sein Vater gewann jede Runde.
    Meine Sterne stehen gut, sagte er. Ich bin ein neuer Mann, auferstanden aus der Asche. Meine Flügel sind die des Adlers, und ich werde mich

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