Im Schatten des Vaters
blieb nicht lange liegen so nah am Wasser und selbst eine ganze Strecke hinter der Hütte. Das Depot bedeckte er nicht die ganze Zeit. Roy fragte seinen Vater, ob das Wetter so bleiben würde, denn so schien es. Sein Vater musste den Kopf nach hinten neigen, um sich zu erinnern.
Der blieb meistens nicht lange liegen, der Schnee in Ketchikan. Andererseits erinnere ich mich ans Skifahren und an Schneewehen und Schneeschaufeln und den ganzen Matsch, durch den ich fahren musste, also blieb er wahrscheinlich doch manchmal liegen und wurde richtig tief. Aber ist es nicht witzig, dass ich mich nicht richtig erinnern kann?
Sie gingen mehrmals am Tag zum Depot, suchten nach Bärenspuren oder anderen Spuren, aber da war nie was. Die ständige Kontrolle kam ihnen beiden irgendwann albern vor, als hätten sie eine unerklärliche Angst vor diesem kleinen Flecken Land entwickelt, daher beschlossen sie, nicht mehr so oft nachzusehen und einfach darauf zu vertrauen, dass es schon gut gehe, zumal es kälter wurde und die Tage kürzer.Sie kamen jeden Tag früher rein von ihrer Arbeit am Holzstapel und Räucherofen und fingen wieder an zu lesen, und manchmal spielten sie Karten. Sie spielten Binokel, was mit ihren Karten eigentlich gar nicht möglich war, und sein Vater schweifte ab.
Weißt du noch, was ich dir über die Welt erzählt habe, dass sie ursprünglich ein großes Feld war und die Erde flach?
Ja, sagte Roy. Und wie alles zum Teufel ging, nachdem du Mom kennengelernt hast.
Moment, sagte sein Vater. So hab ich das nicht ganz gesagt. Jedenfalls habe ich noch mal darüber nachgedacht und daraufhin überlegt, was mir fehlt und wieso ich keinen Glauben habe, ihn aber gleichzeitig brauche.
Was?, fragte Roy.
Ich bin im Arsch, so unterm Strich. Ich brauche eine belebte Welt, und sie muss sich auf mich beziehen. Wenn ein Gletscher wandert oder ein Bär furzt, muss das was mit mir zu tun haben. Nur glauben kann ich den ganzen Scheiß nicht, obwohl ich ihn bräuchte.
Was hat das mit Mom zu tun?
Keine Ahnung. Du lenkst mich ab.
Sie spielten die Partie zu Ende und gingen ins Bett. Aber Roy dachte weiter über die Abschweifungen seines Vaters nach, und er schien ihm ein seltsamer Vater hier draußen. Es war vor allem sein Tonfall, als hätte er vom Schöpfer die Arschkarte bekommen. Aber Roy dachte nicht allzu viel darüber nach. Eigentlich wollte er nur schlafen.
Der Schnee kam näher, und sie hörten auf zu fischen und zu räuchern und Holz zu fällen.
Wir haben sowieso genug, sagte sein Vater. Jetzt ist es an der Zeit, anzukommen und auszuruhen. Es dürfte etwa zwei Wochen dauern, bis ich durchdrehe.
Was?
Ein Witz, sagte sein Vater. Das war ein Witz.
Sie lasen im Schein der Petroleumlampe und hielten den Ofen am Laufen. Roy hatte hier die gleichen Schwierigkeiten wie überall, sich auf seine Hausaufgaben zu konzentrieren, also verbrachte er den größten Teil der langen Lernstunden damit, die flatternden Schatten auf den Dielenwänden zu beobachten und auf die nächste Mahlzeit zu warten. Es war das köstlichste und sehnlichst erwartete Essen, das er je zu sich genommen hatte, all der geräucherte Fisch und das Fleisch mit Reis und Dosengemüse. Sein Vater las und seufzte und nickte über weite Strecken weg.
Sie zogen immer noch los und nahmen ihre Gewehre mit, und als der Schnee zu beschwerlich wurde, machte sich sein Vater daran, Schneeschuhe zu bauen, während Roy lernte. Er nahm dazu frische Zweige und Streifen der Elchhaut, die sie eingesalzen und getrocknet hatten. Während es draußen schneite und pfiff und hin und wieder regnete, beugte er sich mit zahnärztlicher Präzision über die Schuhe, nähte sie sorgfältig zusammen und begutachtete sie mit spitzen Fingern. Fettig, sagte er schließlich, seine Art, fertig zu sagen. Sie sind einsatzbereit. Wir gehen in den Schnee, mein Sohn.
Aber es hat gerade geregnet, wandte Roy ein.
Ja, das stimmt. Na gut, warten wir, bis es wieder schneit, und dann gehen wir. Aber in der Zwischenzeit muss ich mir die Beine vertreten, bevor ich hier zum Marshmallow verkomme.
Ich auch, sagte Roy, und so machten sie einen Spaziergang am Wasser. Es war bedeckt und nieselig, die Wellen verschwommen, das Meer wogte und brandete. Sie gingen an der steileren Küste, die sie nur selten entlangwanderten, um die gegenüberliegende Landspitze herum und zur nächsten,schweigend, bis sein Vater sagte, Ich glaube, ich kann ohne Frauen nicht leben. Ich sage nicht, dass es nicht toll ist mit dir
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