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Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Titel: Im Schatten des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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hoch hinaufschwingen.
    Gott, sagte Roy.
    Sein Vater lachte. Okay, das war ein bisschen viel.
    Sie unternahmen weitere Erkundungstouren in ihren Schneeschuhen, zunächst nur an klaren, dann auch an bedeckten und verschneiten Tagen. Sie wanderten weiter und weiter, bis sie eines Tages jegliche Sicht verloren und noch mindestens vier oder fünf Stunden von der Hütte entfernt waren.
    Hm, sagte sein Vater. Er stand kaum einen Meter von Roy entfernt, und doch hatte Roy Mühe, Jacke und Kapuze seines Vaters zu erkennen und den ums Gesicht gewickelten Schal. Er wirkte wie ein Schatten, der vielleicht da war, vielleicht auch nicht. Sein Vater sagte noch etwas, aber Roy konnte es bei dem Wind nicht richtig verstehen. Er rief seinem Vater zu, dass er ihn nicht hören konnte.
    Ich sagte, ich glaube, ich hab’s verbockt, rief sein Vater.
    Toll, sagte Roy, aber nur zu sich.
    Sein Vater kam näher und lehnte sich an ihn. Wir können Verschiedenes tun. Kannst du mich hören?
    Ja.
    Wir können zurücklaufen und versuchen, den Weg zu finden und es vor Einbruch der Dunkelheit zu schaffen, aber vielleicht schaffen wir es nicht, und vielleicht werden wir müde, frieren und bleiben stecken. Oder wir nutzen das verbliebene Tageslicht und unsere restliche Energie, um eine Schneehöhle zu bauen in der Hoffnung, dass es morgen besser wird. So kriegen wir nicht viel zu essen, aber vielleicht sind wir dann sicherer.
    Auf die Schneehöhle hab ich Lust, rief Roy.
    Um Lust geht’s hier nicht, sagte sein Vater.
    Weiß ich, rief Roy.
    Ach. Entschuldigung. Da drehte sich sein Vater um, und Roy musste dicht dranbleiben, um ihn nicht zu verlieren. Sie gingen zu einem Zedernwäldchen und fingen an einer Böschung hinter den Bäumen an, den üppigen Schnee seitlich auszuhöhlen. Sie waren schon im Windschatten, und jetzt konnte Roy hören, wie schwer sein Vater atmete.
    Was, wenn sie einstürzt?, fragte Roy.
    Das wollen wir nicht hoffen. Ich hab noch nie eine Schneehöhle gegraben, aber ich weiß, dass Menschen so was ab und an benutzen.
    Sie gruben, bis sie auf Grund stießen, und erweiterten den Raum von innen, aber der war völlig schief.
    Da können wir niemals drin schlafen, sagte sein Vater.
    Also gruben sie ein Stück weiter etwas tiefer einen kleineren Eingang, und sein Vater legte sich auf den Bauch, um das Ganze von innen auszuhöhlen, bis das Dach auf ihn stürzte und nur seine Füße noch rausschauten. Roy warf sich auf denHaufen und buddelte wie wild, um seinen Vater auszugraben, bis der sich schließlich herauswühlte, aufstand und sagte, Verdammt.
    So standen sie da, schwer atmend, lauschten dem Wind und spürten, wie er kälter wurde.
    Irgendeine Idee?, fragte sein Vater.
    Du weißt nicht, wie man so was macht?
    Darum frage ich.
    Vielleicht brauchen wir tieferen Schnee, sagte Roy. Vielleicht können wir mit dem, was wir hier haben, gar keine Schneehöhle bauen.
    Sein Vater dachte eine Weile darüber nach. Weißt du, sagte er schließlich, vielleicht hast du recht. Wir sollten wohl zur Hütte zurücklaufen. Das ist zwar eine blöde Idee, aber was anderes fällt mir nicht ein. Dir?
    Nein.
    Sie machten sich auf über den Grat, nun wieder dem Wind ausgesetzt. Roy kämpfte, um mitzuhalten, um seinen Vater nicht zu verlieren. Er wusste, wenn er ihn nur eine Minute nicht im Blick behielt, würde sein Vater ihn niemals hören, und er wäre verloren und würde niemals zurückfinden. Mit dem dunklen Schatten vor sich fühlte er genau das, was er im Grunde schon lange Zeit empfand, dass nämlich sein Vater vor ihm nicht greifbar war, dass er, wenn Roy nur einen Augenblick wegsah, ihn vergaß, ihm nicht schnell genug folgte und mit seiner Willenskraft festhielt, verschwinden mochte, als hielte ihn einzig Roys Wille. Roy wurde immer ängstlicher und müder, meinte, nicht mehr weiterzukönnen, und er bekam Mitleid mit sich selbst und sagte sich, Das ist zu viel verlangt von mir.
    Als sein Vater endlich stehenblieb, prallte Roy an seinen Rücken.
    Wir sind jetzt über den Grat. Ich glaube, wir gehen hier lang und haben dann vor der Hütte noch einen. Wenn wir doch wüssten, wie spät es ist. Noch ist es hell, aber wie lange noch, lässt sich unmöglich sagen.
    Sie verschnauften kurz, und dann fragte sein Vater, Hältst du durch?
    Ich bin müde, sagte Roy, und ich krieg allmählich das Zittern.
    Sein Vater wickelte den Schal ab, und Roy dachte, er würde ihn ihm geben, aber er band Roy das eine und sich das andere Ende um den Arm. Du bist unterkühlt,

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