Im Schatten des Verraeters
Zähne in der Dunkelheit.
»Jetzt dauert es nicht mehr lang. Wie fühlen Sie
sich?«
»Ausgezeichnet«, erwiderte Lomax. »Sie brauchen sich um uns keine Sorgen zu machen.«
»Natürlich haben Sie solche Sachen schon
xmal gemacht, nicht wahr? Ich muß schon sagen, Ihr Sergeant
gefällt mir.«
»Wir sind jetzt seit zwei
Jahren beisammen«, sagte Lomax. »Kreta, Rhodos, die gesamte
Ägäis. Er versteht mehr von Sprengstoff, als ich jemals
begreifen werde. Er war vor dem Krieg Sprengmeister in einer Mine in
Yorkshire. Sie versuchten, ihn vom Militärdienst
zurückstellen zu lassen, aber davon wollte er nichts
wissen.«
»Wie schafft er das mit dem Sprachproblem?«
»Er hat ausreichend Deutsch und
Griechisch aufgeschnappt, um durchzukommen, aber es spielt keine
große Rolle. Ich spreche beide Sprachen fließend.«
»Wie interessant«, sagte
Swanson. »Was haben Sie denn getan, bevor dieser ganze Mist
anfing?«
»Ich war auf der
Universität, habe als Journalist gearbeitet. Und ein bißchen
geschrieben.« Lomax zuckte die Schultern. »Eigentlich hatte
ich noch gar nicht mit irgend etwas richtig angefangen.«
»Der Krieg, der Krieg, der
verdammte Krieg.« Swanson seufzte. »Ich weiß, was Sie
meinen. Ich war Medizinstudent im sechsten Semester - und schauen Sie
mich jetzt an.«
Sie waren nahe ans Ufer
herangekommen, und Swanson warf einen Blick auf die vereinzelte
Bergspitze der Insel, die sich schwarz gegen den Nachthimmel abhob.
»Glauben die Einheimischen nicht, Achilles sei oben auf dem Berg
begraben?«
Lomax nickte. »Es wird behauptet. Das Kloster von St. Antonius ist auch dort oben.«
»Sie scheinen sich auszukennen.«
»Eigentlich nicht. Hier kommt
Alexias ins Spiel. Er ist auf Kyros geboren und aufgewachsen. Wir
könnten den Auftrag ohne ihn gar nicht durchführen.«
»Er scheint ein rauher Zeitgenosse zu sein«, sagte Swanson. »Ist er schon lang mit Ihnen zusammen?«
Lomax schüttelte den Kopf.
»Er hat mit einer Gruppe im südlichen Kreta
zusammengearbeitet. Der Geheimdienst hat ihn speziell für diese
Aufgabe hergeholt.«
»Wie wollen Sie wegkommen, wenn Sie die Sache hinter sich gebracht haben?«
»Dafür ist die
Marineabteilung des Geheimdienstes zuständig. Es wird ein
griechisches Boot benutzt, und wir tarnen uns als Fischer. Ein Bursche
namens Soames hat das unter sich.«
»Den kenne ich gut.« Swanson schauderte. »Da sind Sie bei den Deutschen noch besser dran.«
»Wir werden es schon überstehen«, sagte Lomax.
»Ich habe letzte Woche mit
einem Burschen in einer der Bars in Shepherd's gesprochen«, sagte
Swanson, »und der hat mir erzählt, daß Oliver Van Horn
noch immer dort lebt. Und daß die Deutschen ihn in Ruhe gelassen
hätten. Stimmt das?«
»Soviel ich weiß,
ja«, antwortete Lomax. »Er kam seiner Tuberkulose wegen
unmittelbar vor dem Krieg hierher. Ich nehme nicht an, daß er den
Deutschen viel Schaden zufügen kann, und wenn sie ihm erlauben,
weiterhin auf der Insel zu wohnen, macht das in der Öffentlichkeit
einen guten Eindruck. Haben Sie irgendwelche seiner Bücher
gelesen?«
Swanson nickte. »Eines oder
zwei. Weitgehend á la Maugham. Ausgezeichnete
Charakterisierungen.«
»Ich wollte, ich hätte die Hälfte seines Talents«, sagte Lomax inbrünstig.
Swanson hatte die Küstenlinie
sorgfältig durch das Nachtfernrohr beobachtet, nun beugte er sich
vor und redete wieder ins Sprachrohr hinein.
Das U-Boot verlangsamte die Fahrt. Swanson wandte
sich Lomax zu und sagte: »Bis hierher und nicht weiter - leider.
Man schafft Ihr Schlauchboot und die Geräte durch die vordere Luke
hinaus. Ihr Sergeant und der Grieche warten dort auf Sie.«
»Danke für die Überfahrt«, sagte Lomax.
Sie gaben sich kurz die Hand, und
Lomax stieg über die seitliche Leiter hinab auf den runden
Bootskörper. Das Schlauchboot war bereits aufs Wasser
hinabgelassen worden, und als er eintraf, ließ sich Boyd eben
hinunter, gefolgt von Alexias.
Es herrschte eine erhebliche
Dünung, und die drei Matrosen, die die Taue hielten, fluchten;
einer von ihnen rutschte auf den schmierigen Stahlplatten aus.
Der Obermaat reichte Boyd die
Maschinenpistolen und das Funkgerät hinunter und wandte sich dann
an Lomax. »Ich würde an Ihrer Stelle meinen Tornister
festschnallen, Sir. Es wird ein bißchen schwierig werden, durch
diese Brandung hindurchzukommen.«
»Das ist die Untertreibung des Jahres«, rief Boyd
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