Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
heftig durchgeschüttelt."
"Das macht uns nichts aus", erwiderte sie.
Die Kutsche fuhr los und rumpelte über den unebenen Fuhrweg.
"Hast du den Brief?", fragte Mrs. Hawthorne leise ihre Tochter.
"Ja," antwortete Hazel.
2. Kapitel
Niemals würde Lady Irvin sich anmaßen zu behaupten, ihr Ball sei das Ereignis der Saison, denn die unmittelbare Nachbarschaft zu Wuthering Heights, dem Sitz des Herzogs von Richmond, ließ jede Prachtentfaltung auf Festen der übrigen angesehenen Familien in der Umgebung bestenfalls wie einen schalen Abglanz wirken. Aber in stillschweigendem Übereinkommen hielt seit Generationen jede Herzogin von Richmond den großen Sommerball in London ab, bevor es dort zu heiß und unerträglich wurde und alle reichen Familien wieder auf ihre Landgüter flüchteten.
Aus diesem Grund konnte Lady Irvin sich sicher sein, dass ihr Ball im weiten Umkreis als besonderes Ereignis angesehen wurde und jeder mit Begeisterung eine der begehrten Einladungen empfing.
Nun, beinahe jeder. Denn Lord John, der jüngste Sohn der Herzogin von Richmond, reagierte auf die Aufforderung seiner Mutter, auf Lady Irvings Ball in Greystoke Hall zu erscheinen, mit äußerstem Missmut.
"Ich kann nicht. Ich habe eine wichtige Verabredung", beteuerte er.
"John", mahnte sie, "ich habe Lady Irvin die Teilnahme eines männlichen Angehörigen unserer Familie zugesagt. Du weißt, wie knapp es bei jedem Ball mit den Tänzern wird."
"Tanzen soll ich auch noch!"
"Ja, allerdings! Du weißt, wie sehr ich diese Drückeberger verabscheue, die lediglich um die Tanzfläche herum schleichen. Du wirst keinen Tanz auslassen, wenn noch ein Mädchen ohne Herrn herumsitzt, hast du verstanden?"
Er verdrehte die Augen. "Mutter!", seufzte er.
"Und du wirst mindestens einen Tanz mit Lady Irvins Tochter tanzen, wie heißt sie noch gleich?"
"Bridget Bigfoot", knurrte John.
Die Herzogin klopfte ihm mit dem Fächer auf die Finger und traf mit der Kante schmerzhaft seine Knöchel. "Ich wünsche nicht, dass du dich dermaßen respektlos über junge Mädchen unserer Nachbarschaft äußerst!", sagte sie streng. "Eine solche Arroganz steht ausgerechnet dir nicht zu – oder muss ich dir zuerst eine Liste deiner eigenen Unzulänglichkeiten aufzählen?"
"Danke, es reicht, wenn du es wie üblich dienstags, donnerstags und sonntags tust", erwiderte John und rieb sich seine Hand. "Mutter, versteh doch, ich kann nicht. Ich habe doch gesagt, ich habe eine wichtige Verabredung."
"Dann musst du sie eben verschieben!"
"Das geht nicht!"
"Warum nicht?"
John wand sich. "Weil wir mehr als fünf Leute sind", brachte er schließlich hervor, "und es schwierig ist, so kurzfristig allen abzusagen und ein neues Treffen zu vereinbaren."
Die Herzogin zog ihre Brauen zusammen.
"Wann findet das Treffen statt?", erkundigte sie sich.
"Um halb acht. Das heißt, ich muss früher hier los, um rechtzeitig da zu sein."
"Und wann seid ihr fertig?"
"Schwer zu sagen. Wenn alle pünktlich sind, wird es schnell gehen."
"Aha. Dann kannst du also direkt im Anschluss auf den Ball von Lady Irvin gehen und selbst, wenn du die Eröffnung verpassen wirst, kommst du noch rechtzeitig genug, um die Mauerblümchen vor einem entsetzlichen Abend zu bewahren."
"Ich will keine Mauerblümchen bewahren."
"Dann sieh zu, dass du dir rechtzeitig die begehrten Damen sicherst!"
Lord John brummte etwas in sich hinein.
"John!", tadelte Lady Constance.
"Kann nicht James gehen? Oder Henry?", versuchte John es in letzter Verzweiflung.
"James ist unabkömmlich. Und Henry hat sich den Fuß verstaucht, falls du das vergessen hast."
"Oh ja", maulte John, "das nächste Mal werde ich mir auch rechtzeitig vor dem Ball den Fuß verstauchen."
Lady Constance erhob sich, ging auf ihren Jüngsten zu, küsste ihn auf die Wange und sagte: "Sieh es doch mal so: wenn ein Mädchen auf einem Ball die Wahl hat zwischen dir und Henry, dann bist zweifellos du der Attraktivere."
"Ja", grummelte John, "schmier mir nur Honig um den Bart."
Aber er wusste, dass seine Mutter am nächsten Tag von Lady Irvin nicht nur den Zeitpunkt seiner Ankunft, sondern auch sein ganzes Tun und Treiben im Detail und aufs Genaueste berichtet bekommen würde.
So kam es, dass Lord John Hayward am Abend des Balls in strengem Galopp querfeldein nach Wuthering Heights geritten kam, dem Stallburschen im Abspringen die Zügel zuwarf, ins Haus hastete, um sich umzukleiden, seine wohlfrisierte Perücke aufzusetzen und
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