Im Schatten meiner Schwester. Roman
es eine bekannte Familiengeschichte gibt, kann eine Echokardiographie es vielleicht diagnostizieren, aber viele Opfer zeigen keine Symptome. Sobald sie auf der Intensivstation ist, wird sich ein Internist ihres Falles annehmen. Er wird mit einem Kardiologen und einem Neurologen zusammenarbeiten.«
Chris wusste, dass seine Eltern die Besten wollen würden, aber wie sollte er wissen, wer das war? Er kam sich ungeeignet vor und sah auf die Uhr. »Wann landen sie?«, fragte er Molly.
»Jede Minute.«
»Rufst du sie an?«
»Mach du das. Ich bin zu aufgeregt.«
Und er nicht? Musste er denn erst sichtbar zittern? Er sah den Arzt an und fragte: »Ist das … Was ist sie – im Koma?«
»Ja, aber es gibt verschiedene Komastadien.« Er schob seine schwarze Brille mit dem Handrücken nach oben. »In den meisten Stadien machen die Patienten spontane Bewegungen. Die Tatsache, dass Ihre Schwester das nicht gemacht hat, deutet auf das höchste Komastadium hin.«
»Wie können Sie das messen?«, fragte Chris. Er wusste nicht, wonach er suchte, wusste nur, dass Molly neben ihm stand und jedes Wort aufsog und dass seine Eltern dieselben Fragen stellen würden. Zahlen hatten Bedeutung. Sie waren etwas, mit dem man etwas anfangen konnte.
»Eine Computertomographie und eine Magnetresonanztomographie werden Aufschluss darüber geben, ob Gewebe abgestorben ist, doch diese Tests werden warten müssen, bis sie stabiler ist.«
Chris blickte zu Molly. »Versuch, Mom und Dad anzurufen.«
»Ich kann nicht«, flüsterte sie und sah verängstigt aus. »Ich hätte bei ihr sein sollen. Das war alles meine Schuld.«
»Und es wäre nicht passiert, wenn du fünf Meilen die Straße weiter gewartet hättest? Sei vernünftig, Molly. Ruf Mom und Dad an.«
»Sie werden mir nicht glauben. Du hast es auch nicht getan.«
Sie hatte recht. Doch er wollte sie nicht anrufen. »Du kannst besser mit Mom umgehen als ich. Du wirst wissen, was du sagen musst.«
»Du bist älter, Chris. Du bist der Mann.«
Er zog sein Handy aus der Tasche. »Männer sind absolute Pfeifen in solchen Dingen. Es wird schon reichen, wenn sie meine Anruferkennung sieht.« Mit einem scharfen Blick reichte er ihr das Handy.
Kathryn Snow schaltete ihren BlackBerry ein, sobald das Flugzeug gelandet war. Sie hasste es, nicht erreichbar zu sein. Ja, die Gärtnerei war ein Familiengeschäft, doch sie war ihr Baby. Wenn es Probleme gab, wollte sie es wissen.
Während das Flugzeug durch die Dunkelheit zum Terminal rollte, lud sie neue Nachrichten herunter und scrollte die Liste durch.
»Irgendwas Interessantes?«, fragte ihr Mann.
»Eine Nachricht von Chris – sein Meeting ist gut verlaufen. Eine Dankesnachricht von den Collins für ihre Hochzeitsfeier. Und eine Mahnung von der Zeitung, dass der Artikel über blühenden Kohl Ende der Woche fällig ist.«
»Ist alles schon geschrieben, kann rausgehen.«
Lobend lächelte sie. Charlie war ihr Marketingleiter, ein Mann, der hinter den Kulissen wirkte und der ein Geschick dafür hatte, Werbung, Presseerklärungen und Artikel zu schreiben. Wenn er Fernsehproduzenten zu verstehen gab, dass Kathryn diejenige sei, mit der man über Herbstkränze sprechen sollte, dann glaubten sie ihm das. Er hatte ihr im Alleingang einen festen Platz in den lokalen Nachrichten sowie eine Kolumne in einer Wohnzeitschrift verschafft.
Apropos. »
Grow How
ist Ende der Woche fällig«, überlegte sie laut. »Es ist für die Januarausgabe vorgesehen, was immer am schwierigsten ist. Molly kennt sich mit dem Treibhaus besser aus als ich. Ich werde sie es schreiben lassen.« Sie kehrte wieder zu ihrem BlackBerry zurück. »Robin hat nicht gemailt. Ich frage mich, wie ihr Rennen gelaufen ist. Sie war wegen ihres Knies besorgt.« Als Nächstes machte sie sich an ihre Mailbox, lächelte, runzelte die Stirn, lächelte wieder. Sie hörte auf zuzuhören, gerade als das Flugzeug die endgültige Position erreichte. Sie löste ihren Gurt, steckte den BlackBerry in ihre Tasche und folgte Charlie den Gang entlang. »Voice Mail von Robin. Sie musste selber fahren, weil Molly sich geweigert hat zu helfen. Was stimmt nur nicht mit dem Kind?«
»Hat sich einfach geweigert? Keine Entschuldigung?«
»Wer weiß?«, murmelte Kathryn, lächelte jedoch. »Aber auch gute Nachrichten. Robin hat noch einen Anruf von den Zuständigen bekommen, die sichergehen wollten, dass sie für den Marathon in New York bereit ist. Sie zählen für die Ausscheidungen im nächsten Frühjahr
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