Im Schatten meiner Schwester. Roman
den Arzt an. »Hirnschaden ist nicht möglich. Sie kennen meine Tochter nicht. Sie ist unverwüstlich. Sie erholt sich von Verletzungen. Wenn das hier ein Koma ist, wird sie wieder erwachen. Sie ist seit ihrer Geburt eine Kämpferin gewesen – seit ihrer Empfängnis.« Sie hielt fest Robins Hand. Das hier standen sie zusammen durch. »Was kommt als Nächstes?«
»Sobald sie stabil ist, verlegen wir sie nach oben.«
»Wie ist ihr Zustand jetzt? Würden Sie ihn nicht stabil nennen?«
»Ich würde ihn kritisch nennen.«
Kathryn konnte mit dem Wort nicht umgehen. »Was ist in ihrer Infusion?«
»Flüssigkeiten sowie Medikamente, um ihren Blutdruck zu stabilisieren und ihren Herzrhythmus zu regulieren. Als sie hier angekommen ist, war er sehr unregelmäßig.«
»Vielleicht braucht sie einen Schrittmacher.«
»Im Moment wirken die Medikamente, und außerdem würde sie eine Operation nicht überstehen.«
»Wenn die Alternative zur Operation der Tod ist …«
»Das ist sie nicht. Keiner lässt sie sterben, Missis Snow. Wir können sie am Leben halten.«
»Aber warum sagen Sie, ihr Hirn ist geschädigt?«, wollte Kathryn wissen. »Nur weil sie nicht reagiert? Wenn sie von einem Herzinfarkt traumatisiert ist, würde das nicht die mangelnde Reaktion erklären? Wie testen Sie auf Hirnschaden?«
»Wir werden am Morgen eine Magnetresonanztomographie machen. Im Moment wollen wir sie nicht verlegen.«
»Wenn es eine Schädigung gibt, kann sie wieder geheilt werden?«
»Nein. Wir können nur weiteren Verlust verhindern.«
Kathryn fühlte sich abgekanzelt und wandte sich ihrem Mann zu. »Ist das alles, was sie tun können? Wir können mit einem Herzfehler leben, aber nicht mit einem Hirnschaden. Ich will eine zweite Meinung. Und wo sind die Spezialisten? Das hier ist doch nur die Notaufnahme, um Gottes willen. Diese Ärzte mögen dazu ausgebildet sein, mit einem Trauma umzugehen, aber wenn Robin seit drei Stunden hier ist und sich noch kein Kardiologe um sie gekümmert hat, dann müssen wir sie verlegen lassen.«
Sie sah, wie Molly Charlie einen besorgten Blick zuwarf, doch Charlie sagte nichts, und der Himmel wusste, dass Chris auch nichts sagen würde. Erschrocken und allein wandte sich Kathryn wieder an den Arzt. »Ich kann nicht rumsitzen und warten. Ich will handeln.«
»Manchmal ist das nicht möglich«, erwiderte er. »Im Augenblick ist es wichtig, dass sie auf die Intensivstation kommt. Der Arzt dort wird die Spezialisten hinzuziehen. Das ist das übliche Vorgehen und Standard.«
»Standard ist nicht gut genug«, beharrte Kathryn, die verzweifelt versuchte, Verständnis zu erlangen.
»An Robin ist nichts Standard. Wissen Sie, was sie macht?«
Die Augen hinter den Brillengläsern blinzelten nicht. »Ja, das tue ich. Es ist schwer, es nicht zu wissen, wenn man hier in der Umgebung lebt. Ihr Name ist so oft in den lokalen Zeitungen zu finden.«
»Nicht nur in den lokalen Zeitungen. Deshalb muss sie sich wieder erholen. Sie arbeitet überall im Land mit angehenden Laufstars. Wir reden über Teenager. Sie können das hier nicht sehen. Sie dürfen auch nicht im Ansatz glauben, dass der Lohn für hartes Training und hochgesteckte Ziele … das hier ist. Okay, Sie hatten vielleicht noch nie so einen Fall, aber wenn das so ist, sagen Sie es einfach, und wir lassen sie woandershin verlegen.«
Sie suchte in den Gesichtern ihrer Familie nach Zustimmung, doch Charlie wirkte wie vom Blitz getroffen, Chris war erstarrt, und Molly sah einfach nur flehend von ihrem Vater zu ihrem Bruder und zurück.
Nutzlos. Alle drei.
Also sagte Kathryn zum Arzt: »Das ist keine persönliche Anschuldigung. Ich frage mich nur, ob Ärzte in Boston oder New York wohl mehr Erfahrung mit solchen Verletzungen haben.«
Da berührte sie Molly am Ellbogen. Kathryn sah ihre Jüngste gerade lange genug an, um sie flüstern zu hören: »Sie muss auf die Intensivstation.«
»Genau. Ich weiß nur nicht, wo.«
»Hier. Lass sie hierbleiben. Sie lebt, Mom. Sie haben ihr Herz zum Schlagen gebracht, und es schlägt immer noch. Sie tun alles, was sie können.«
Kathryn zog eine Augenbraue hoch. »Weißt du das ganz bestimmt? Wo warst du, Molly? Wenn du bei ihr gewesen wärst, wäre das hier nicht passiert.«
Molly erblasste, doch sie wich nicht zurück. »Ich hätte einen Herzinfarkt nicht verhindern können.«
»Du hättest früher Hilfe für sie holen können. Du hast Probleme, Molly. Du hattest schon immer Probleme mit Robin.«
»Hör zu«,
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