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Im Schattenreich des Dr. Mubase

Im Schattenreich des Dr. Mubase

Titel: Im Schattenreich des Dr. Mubase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Richtung Rohrpfeifer-See, an dessen Westufer, wie gesagt, die
Mubase-Klinik liegt.
    Gaby hatte Oskar mitgebracht, ihren
schwarzweißen Cockerspaniel, den erklärten Liebling aller. So vergingen auch
die ersten Minuten damit, daß Tim — und auch Klößchen — den Vierbeiner
streichelten, kraulten und nach seinem Befinden fragten. Das schien bestens zu
sein, wie immer - schließlich hat der Schlappohr-Träger ein liebevolles
Zuhause.
    Jetzt lief Oskar voraus. Angeleint war
er nicht. Die Landstraße zum See ist zu schlecht, als daß Autos sich herwagen.
Und den landwirtschaftlichen Fahrzeugen — wenn wirklich mal eins anrollte — wich
Oskar leicht aus.
    „Mir ist so elend, als müßte ich zum
Zahnarzt“, sagte Klößchen.
    Er fuhr neben Karl, und der Wind blähte
die rot-grün-karierten Hosenbeine.
    „Ich fürchte“, sagte Tim, „deine Sorge
ist umsonst. Dieser Dr. Mubase klang gar nicht sehr freundlich, als ich ihn
gestern anrief. Sagte ich ja schon.“
    „Was ist daran gut, wenn er
unfreundlich klingt?“ fragte Klößchen matt.
    „Er war abweisend. Man ist nicht
abweisend, wenn man einen Patienten aufnehmen will. Vielleicht brauchten wir
die Empfehlung von einem Freund, der mindestens im Landtag sitzt und auf
Bundeskanzler trainiert. Damit Mubase mich nicht gleich abschmettert, war ich
zurückhaltend mit Einzelheiten. Wir können froh sein, daß wir wenigstens einen
Anmeldetermin haben. Sozusagen den ersten Blick hinter die Kulissen.“
    „Ich freue mich noch nicht“, murmelte
Klößchen verzweifelt. „Vielleicht nimmt er mich doch.“
    „Willi!“ rief Gaby. „Arbeitest du gegen
uns? Oder was soll dieses Gejammere?“
    „Ich denke nur an die schönen
Herbstferien. An das gute Essen zu Hause. Jeden Morgen liege ich bis 11 Uhr im
Bett, und meine Mutter bringt das Frühstück mit heißer Schokolade. Bis Mittag
lese ich dann noch. Natürlich im Bett. Gerade, daß ich’s rechtzeitig zum
Mittagessen schaffe, wo unsere liebe, gute Köchin die herrlichsten Braten...
Ach Gott, ach Gott! Ich darf nicht daran denken. Weiß doch, was mich in der
Klinik erwartet. Um 6 Uhr früh aufstehen. Gymnastik, Kaltwasser-Güsse,
Kräutertee und die Vitamine als Spritze in den Arm, damit man nur nichts
zwischen die Zähne kriegt — und sei’s eine Kapsel. Danach...“
    „Hör auf!“ lachte Tim. „Sonst übermannt
uns das Mitleid. Überleg doch mal, wie du inmitten des feindlichen Lagers
ermittelst, Gregor ausfindig machst, beschattest, Süchtige beobachtest,
scheinbar harmlose Fragen stellst und den größten Drogenskandal des
Jahrhunderts von innen auf deckst.“
    „Davon werde ich nicht satt.“
    „Vielleicht sollte ich anstelle von
Willi um Aufnahme bitten“, meinte Karl. „Ob die auch mästen? Ich habe
Untergewicht.“
    „Willi ist unser Anwärter“, sagte Tim. „Nur
mit ihm können wir’s versuchen.“
    Sie radelten. Oskar hechelte über die
Felder. Einmal spürte er einen Hasen auf. Aber der schlug Haken auf der Flucht.
Nach kurzer Verfolgung wußte Oskar nicht mehr, wo hinten und vorn war.
    So erreichte die TKKG-Bande die
Südspitze des Sees, fuhr an Bootsschuppen und Stegen vorbei und kam zur
Westseite. Hier wurde die Straße etwas besser. Schilf wuchs mannshoch,
Haubentaucher und Stockenten schwammen auf dem türkisfarbenen Wasser.
    Die weiße, hohe Mauer des Klinik-Geländes
kam in Sicht. Sie reichte tatsächlich bis ans Ufer, und dort setzte sich die
Absperrung in Form von Stacheldraht fort.
    Wie ein Gefängnis, dachte Tim,
einerseits. Andererseits soll kein Unbefugter eindringen. Einen Tag der offenen
Tür, wo man die Nase überall reinstecken kann, gibt’s hier sicherlich nicht.
    Tim blickte hinter sich.
    Klößchen war blaß, obwohl er schwitzte.
    Sie hielten vorm Tor.
    Es war mindestens zweieinhalb Meter
hoch, oben trugen die Eisenstreben freundliche Speerspitzen. Selbstverständlich
war es geschlossen, und der Blick reichte nur bis zu der Buchsbaumhecke, die
zehn Meter hinter dem Tor als Sichtblende stand. Betonierte Auffahrten führten
rechts und links herum, verloren sich in dem weitläufigen Park, bzw. zogen sich
zu den Gebäuden hin, deren Dächer das Grün überragten.

    In der Mauer befand sich eine
Gegensprechanlage mit Klingel.
    Tim drückte auf den Knopf.
    „Ja, bitte?“ fragte eine Männerstimme
aus den Metallrippen. Das war der Portier.
    „Wir sind um 14.30 Uhr zu Dr. Mubase
bestellt“, sagte Tim. „Willi Sauerlich ist der Name.“
    „Halten Sie sich bitte links. Gehen Sie
zu

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