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Im Schattenwald

Im Schattenwald

Titel: Im Schattenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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war.
    Sogleich begann er, sie durch die kühle Nachtluft zu schwingen.
    »Na, was ist jetzt?«, rief er den Huldren zu.
    »Ganz schlechte Idee«, sagte der rechte Troll. »Warum können wir nicht einfach …«
    Doch bevor er diesen Satz beenden konnte, wurde sein Kopf mit einem gezielten Hieb von Vjpps Schwert sauber abgetrennt und landete direkt vor Marthas Füßen.
    »NEIN!«, brüllte der linke Troll verzweifelt und stürmte rachgierig auf die anderen los. Zuerst tötete er den Kutscher mit der Axt, griff sich dann dessen Schwert und beförderte im Handumdrehen vier weitere Huldren ins Jenseits, sodass nur noch Grentul und Vjpp übrig blieben.
    »Die Pferde«, flüsterte der Tomtegubb Martha zu, während das blutige Spektakel stattfand.
    Auf seinen Ellbogen robbte der Tomtegubb unter dem
Wagen hindurch. Martha folgte ihm und versuchte dabei, ihren Kopf so niedrig wie möglich zwischen dem eiskalten Schnee und den Holzbrettern zu halten, die sie an den Haaren ihres Hinterkopfs spürte.
    Sobald der Tomtegubb vorne angekommen war, machte er zwei Hengste los.
    »Komm!«, sagte er zu Martha, formte seine Hände zu einem Steigbügel und half ihr aufs Pferd.
    Danach kletterte er auf den Kutschbock und sprang von dort aus auf den Rücken des anderen Pferdes. Der Hengst sträubte sich, als die fette Kreatur auf seinem Rücken landete und ihm ihre Hacken in die Flanken schlug.
    »Und los geht’s!«, sagte der Tomtegubb, indem er sich zu Martha umdrehte. »Worauf wartest du?«
    Martha war eine erfahrene Reiterin, doch sie hatte noch nie ein Pferd ohne Sattel geritten. Aber sie zögerte auch aus einem anderen Grund: Sie machte sich Sorgen um den linken Troll.
    »Komm schon!« Der Ruf des Tomtegubbs veranlasste Grentul, sich umzudrehen, wobei er die beiden Flüchtenden erblickte.
    »Pijook ediss«, sagte Grentul. »Enna bikk.«
    »Enna bikk!«, gab ihm Vjpp Recht.
    Die beiden Huldren kümmerten sich nicht weiter um den linken Troll, sondern liefen auf die Pferde zu.
    Als Martha begriff, dass ein Mensch den Huldren offenbar wichtiger war als ein Troll, gab auch sie ihrem Pferd die Sporen.
    Sie galoppierte hinter dem Tomtegubb her, hielt sich an der Mähne des Hengstes fest und benutzte sie als Zügel. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass die beiden Huldren im Dunkeln die Verfolgung aufgenommen hatten und durch die schneebedeckte Landschaft galoppierten.

    »Schneller!«, rief der Tomtegubb, als er bemerkte, dass die Huldren rasch Boden gutmachten. »So schnell du kannst!«
    Martha beugte sich weit vor, sodass ihre Arme auf dem Hals des Pferdes lagen. Sie stieß ihm nicht mehr ihre Hacken in die Flanken, sondern tätschelte es liebevoll und blies ihren warmen Atem auf sein Fell.
    Diese Behandlung schien ihm so gut zu gefallen, dass es sogleich schneller galoppierte. Kurz darauf lagen Martha und der Tomtegubb gleichauf.
    »Dort zu den Bäumen!«, rief der Tomtegubb mit breitem Lächeln. »Bleib bei mir, mein Mädchen.«
    Doch als er sich umdrehte, gefror sein Lächeln, weil in diesem Moment eine Axt auf sie zuflog. »Pass auf!«
    Martha riss das Pferd zur Seite, sodass die Axt an ihnen vorbeiflog und im Schnee landete.
    »Jippie!«, juchzte der Tomtegubb, der Gefallen an der Sache zu finden schien. »Ein tolles Gefühl, oder?«
    Martha schwieg.
    »Jetzt!«, rief der Tomtegubb, der das Getrappel der Hufe im Schnee übertönte. »Bleib dicht hinter mir!«
    Er bog vom Weg ab und jagte durch die Bäume, die wie senkrechte Schatten in der Nacht standen. Martha setzte sich ein wenig auf und blickte sich um. Die Huldren dachten nicht daran aufzugeben und starrten sie mit ihren grauenhaften Gesichtern unverwandt an.
    »Ein spannendes Spiel, nicht wahr?«, sagte der Tomtegubb.
    Ein sonderbares und gefährliches Spiel, dachte Martha, falls es denn überhaupt eines war. Unmöglich zu sagen, wer gewinnen würde, denn die Huldren hielten immer noch exakt denselben Abstand zu ihnen.
    Weder kamen sie näher noch fielen sie zurück.
    Zwei weitere Äxte flogen durch die Luft und blieben in
Baumstämmen stecken. Mit ihren erhobenen Schwertern konnten sie nicht viel ausrichten, solange sie nicht näher kamen.
    Je länger die Jagd andauerte, desto mehr spürte Martha, dass sie mit ihrem Pferd zu einer Einheit wurde. Der Rhythmus der Hufe entsprach dem Rhythmus ihres Herzens.
    »Weiter, weiter!«, rief der Tomtegubb, »immer der Sonne entgegen!«
    Zunächst wusste Martha nicht, was der Tomtegubb damit meinte, denn der Himmel war immer noch völlig

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