Im Schloss der Leidenschaft
heftigen Stich der Eifersucht verspürte, als der Kleine seine Ärmchen nach Luc ausstreckte. Würden alle Vaillon-Männer sie betrügen, fragte sie sich mit einem elenden Gefühl. Doch dann schob sie diesen schäbigen Gedanken schnell beiseite. Schließlich wollte sie, dass Jean-Claude ein gutes Verhältnis zu seinem Vater bekam, und zu ihrer übergroßen Verwunderung schien es tatsächlich, als teilte Luc diesen Wunsch. Wenn er sich erst einmal beruhigt hatte, konnten sie vielleicht auch vernünftig über die Scheidung sprechen.
„Jean-Claude und ich haben einen Abendflug nach London“, sagte sie. „Es wäre unsinnig, die Tickets verfallen zu lassen, aber ich werde dich so bald wie möglich treffen – morgen früh, wenn du darauf bestehst“, fügte sie hinzu, als Luc nichts erwiderte und sie nur kühl betrachtete.
„Ich bringe ihn nicht nach London“, antwortete er schließlich, woraufhin sie verwirrt aufsah.
„Wohin dann?“ Vom ersten Moment an hatte sie Lucs Penthouse gehasst, weil es wie das Wartezimmer eines Zahnarztes aussah, doch Luc schien sich dort immer sehr wohlgefühlt zu haben.
„Nach Frankreich natürlich. Jean-Claude ist ein Vaillon, mein Sohn und Erbe. Selbstverständlich möchte ich, dass er in meinem Heimatland aufwächst“, erklärte er knapp.
„Selbstverständlich“, wiederholte Emily sarkastisch. „Aber was ist mit meinem Heimatland? Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass ich ihn vielleicht in England aufziehen möchte?“
„Das hast du aber nicht getan, oder?“, versetzte er prompt. „Aus irgendwelchen seltsamen Gründen hast du entschieden, dass eine Künstlerkommune mitten in der spanischen Pampa der beste Ort ist, um unseren Sohn zu erziehen. Damit ist ab sofort Schluss. In Zukunft wird Jean-Claude in meinem Schloss an der Loire leben. Die Vaillons sind eine alte Familie. Château Montiard wird sein Zuhause und nicht irgendein heruntergekommenes Loch in der Einöde.“
„San Antonia ist nicht heruntergekommen. Das Bauernhaus ist wunderschön, und Jean-Claude liebt es, dort zu sein.“
„Wirklich.“ Luc hob eine Augenbraue. „Er muss schon ein wahres Wunderkind sein, wenn er mit nicht mal einem Jahr so deutlich seine Meinung äußern kann. Sag mir, chérie, was hättest du getan, wenn er ernsthaft krank geworden wäre? Der nächste Arzt ist meilenweit entfernt. Für jemanden, der ständig seine mütterliche Hingabe betont, scheinst du dir wenig Gedanken um sein Wohlergehen gemacht zu haben.“
„Wohingegen du natürlich ein Experte in Kinderfragen bist“, höhnte Emily. „Jean-Claude fehlte es an nichts, aber es ist nicht einfach, ein Kind allein zu erziehen, und ich war dankbar für die Hilfe meiner Freunde und Bekannten.“
„Du warst aus freiem Willen alleinerziehend“, betonteer harsch, „aber Jean-Claude hast du nie eine Wahl gelassen. Du hast ihn gezwungen, mit nur einem Elternteil zu leben, während du mir eine Beziehung zu meinem Sohn verweigert hast. Jetzt bist du an der Reihe zu leiden“, versprach er ihr düster und mit einem Blick, aus dem Verachtung sprach.
Als der Wagen allmählich langsamer wurde, suchte Emily hektisch nach den Gebäuden des Flughafens, ohne Erfolg. Stattdessen fuhren sie durch ein Tor, das zu einem privaten Flugfeld führte. In diesem Moment ergriff sie Panik. Wie konnte sie vergessen, dass Luc einen Privatjet besaß?
Ganz plötzlich war ihr Stolz nichts im Vergleich zu ihrem Kind und dessen Zukunft. Flehend blickte sie zu Luc, als die Limousine hielt. „Tu das nicht“, bat sie. „Ich kann nicht ohne Jean-Claude leben, aber genauso wenig kann ich mit dir leben. Das musst du doch einsehen.“
„Wenn du auch nur einen Funken Gerechtigkeitssinn besitzt, wirst du einsehen, dass ich nun an der Reihe bin, mich um Jean-Claude zu kümmern“, entgegnete er ungerührt. „Mein Sohn kommt mit mir – ob mit oder ohne dich.“
„Aber du wolltest ihn nicht einmal!“, rief sie verzweifelt. „Sowie ich schwanger war, hast du mehr als deutlich gemacht, dass du dich weder für mich noch für unser Kind interessierst und in einem anderen Zimmer geschlafen“, erinnerte sie ihn. „Wenn du dir überhaupt die Mühe gemacht hast, nach Hause zu kommen. Meine Schwangerschaft war dir egal. Nicht einmal zur Ultraschalluntersuchung ins Krankenhaus bist du gekommen.“
„Hast du überhaupt eine Vorstellung, wie ich mich an dem Morgen gefühlt habe?“, fragte sie voller Bitterkeit, während die Erinnerungen sie quälten. „Die
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