Im Schloss der Traeume
überrascht Sie das so? Weshalb sollte ich keinen Job haben?"
„Weil Sie der Bruder des Herzogs sind. Weil Sie ein Graf sind. Leute wie ich gehen nun einmal davon aus, dass Menschen wie Sie nicht arbeiten. "
„Glauben Sie, wir sind alle Müßiggänger? Finden Sie nicht, dass diese Ansicht ein bisschen überholt ist? Immerhin leben wir nicht im neunzehnten Jahrhundert."
„Na ja, ich glaube nicht, dass alle Adlige Müßig..."
Carrie verstummte. Sie hätte sich auf die Zunge beißen mögen. Was sie da gesagt hatte, war nicht besonders diplomatisch gewesen.
„Verstehe, Nur ich, nicht?" Er lachte, was sie ziemlich überraschte. „Vielleicht haben Sie es angenommen, weil ich gern meine Privatsphäre wahre. Dass ich acht Stunden am Tag arbeite, wissen nur wenige. Oft sind es sogar zwölf Stunden", fügte er lächelnd hinzu.
Carrie senkte den Blick, denn sie fühlte sich jetzt noch kleiner. Offenbar hatte sie ihn völlig falsch eingeschätzt. Caterina hatte keineswegs übertrieben.
„Er möchte einfach ein ganz normales Leben führen, soweit es möglich ist", hatte sie ihr anvertraut. „Aber wenn Sie mich fragen, arbeitet er viel härter als die meisten Leute. Neben seinem Job muss er auch seine Repräsentationspflichten als Mitglied der herzoglichen Familie wahrnehmen."
Jetzt, da sie wusste, dass es stimmte, konnte Carrie sich nicht länger einreden, dass sie Leone verachtete, weil er ein ungehobelter Kerl und ein Taugenichts war. Statt dessen bewunderte sie ihn.
Sie blickte ihn wieder an. Da war noch etwas. Caterina hatte betont, dass die Berichte über sein ausschweifendes Liebesleben schamlos übertrieben waren.
„Er ist natürlich kein Heiliger", hatte sie eingeräumt. „Aber er ist auch kein Playboy.
Das ist eine Erfindung der Presse. Ich weiß nicht, ob er je ernsthaft verliebt war.
Allerdings hatte er einige längere Beziehungen, und ich hatte immer den Eindruck, dass er seinen Freundinnen treu war." Dann hatte sie die Schultern gezuckt. „Mehr kann man von einem Junggesellen nicht erwarten, finde ich. "
Carrie dachte ähnlich, fragte sich jedoch, ob es tatsächlich der Wahrheit entsprach. Als der Kellner ihnen den Espresso brachte, betrachtete sie Leone aufmerksam. Sie konnte ihn schlecht danach fragen. Es wäre zu aufdringlich und außerdem äußerst aufschlussreich gewesen, wenn sie ihn über sein Liebesleben ausgequetscht hätte!
Daher sagte sie nichts und beschloss, vorerst im Zweifelsfall zu seinen Gunsten zu entscheiden, bis sie es in Erfahrung gebracht hatte. Sie hatte nämlich das Gefühl, dass seine Schwester auch in diesem Punkt recht gehabt hatte.
Diese Neuigkeiten waren alles andere als erfreulich, denn jetzt gab es nichts mehr, was gegen ihn sprach. Plötzlich fühlte Carrie sich sehr verletzlich.
Nachdem sie ihren Espresso getrunken hatten, verließen sie das Restaurant. Als sie in seinen Wagen stiegen, schlug Leone vor: „Lassen Sie uns noch ein Stück fahren. Ich würde Sie gern an einen ganz besonderen Ort bringen. Ich kenne einen Platz, von dem aus man einen phantastischen Blick auf die Stadt hat."
Da Carrie zögerte, fuhr er fort: „Es ist nicht weit von hier. Keine Angst, ich bringe Sie vor Mitternacht nach Hause."
Kurz darauf fuhren sie weiter bergauf. Es war eine sternenklare Nacht, erfüllt vom würzigen Duft der Zypressen und dem Zirpen der Zikaden. Normalerweise hätte Carrie es genossen, in einem offenen Sportwagen durch diese schöne Landschaft zu fahren, doch jetzt war sie furchtbar angespannt. Ich hätte ablehnen sollen, ging es ihr durch den Kopf. Sie war im Begriff, sich auf etwas Gefährliches einzulassen.
Für sie würde es verhängnisvoll sein, sich in Leone zu verlieben. Obwohl ihr kein Grund dafür einfiel, war sie fest davon überzeugt.
Schließlich stoppte Leone den Wagen oben auf einem grasbewachsenen Hügel am Rand einer mondbeschienenen Baumgruppe. Als er die. Handbremse anzog, beugte sie sich begeistert vor.
„Das ist unglaublich!" brachte sie hervor. „Man kann die ganze Stadt von hier aus sehen."
Unter ihnen erstreckten sich das Lichtermeer der Stadt, die dunklen, bewaldeten Hügel und in der Ferne das Meer, das im Mondschein wie ein Spiegel schimmerte.
„Habe ich nicht gesagt, dass dieser Ort etwas ganz Besonderes ist?" Leone lächelte, sichtlich erfreut, weil sie so begeistert war. „Und ich bringe nicht jeden hierher. Es ist einer meiner geheimen Orte."
„Das kann ich verstehen. Es ist wirklich atemberaubend."
Aber ein bisschen
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