Im Schloss der Traeume
dass er es ihr sowieso nicht sagen würde, fragte sie ihn nicht, worum es sich handelte. Außerdem wollte sie sich gern von ihm überraschen lassen. Deshalb folgte sie ihm den breiten Kiesweg entlang, der am Westflügel des Palasts entlangführte und am See vorbei. Dort schwammen zwei Schwäne, deren Gefieder im Mondlicht schimmerte.
Carrie wurde immer neugieriger, als Leone schließlich mit ihr in einen schmalen gepflasterten Laubenweg einbog. Sobald sie um eine Ecke kamen, ahnte Carrie bereits, was sie erwartete. '
Bei dem niedrigen Gebäude, das vor ihnen lag, handelte es sich offenbar um die familieneigene Kapelle. Über der Eingangstür befand sich ein gotischer Spitzbogen, und die farbigen Glasfenster waren sehr schmal. Carrie schwieg immer noch, obwohl sie mittlerweile zu wissen glaubte, was Leone ihr zeigen wollte. Plötzlich schlug ihr Herz schneller.
Das Innere der Kapelle war nur vom Schein der flackernden Kerzen erhellt. Man konnte jedoch erkennen, dass die Wände mit Fresken verziert waren. Leone verstärkte den Griff und führte Carrie zum Altar. Dort deutete er auf den Fries dahinter.
„Was siehst du?"
Angestrengt blickte sie in die Richtung und versuchte, im Halbdunkel die gemalten Figuren auszumachen. Gerade wollte sie den Kopf schütteln und erklären, sie würde nichts erkennen, als es plötzlich Klick machte und sie ihn deutlich in all seiner Pracht sehen konnte.
„Es ist der Engel!" brachte sie hervor. „Der, von dem du mir erzählt hast."
Es war ein weiblicher Engel mit goldenen Flügeln, der in ein fließendes Gewand gekleidet war. Seine Gesichtszüge glichen ihren so sehr, dass es beinahe unheimlich war. Carrie verspürte ein seltsames Kribbeln im Bauch.
„Ist sie nicht schön?" Leone hatte ihr den Arm um die Taille gelegt und betrachtete ebenfalls das Gemälde. „Ich habe schon viele Stünden meines Lebens damit zugebracht, sie anzusehen. Schon mit zehn habe ich mich in sie verliebt. Ich habe davon geträumt, ihr eines Tages zu begegnen, aber ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es tatsächlich passieren würde."
Einen Moment schien es, als würde er den Atem anhalten. „Zumindest dachte ich das, bevor ich dir begegnet bin."
Spontan legte sie die Hand auf seine, denn seine liebevollen Worte hatten sie tief bewegt. Noch niemals zuvor hatte ihr jemand ein so schönes Kompliment gemacht.
Erst nachdem sie die Kapelle wieder verlassen hatten und den Laubenweg entlanggingen, wandte Carrie sich an Leone und verriet ihm, was sie bewegte.
„All die Dinge, die du heute abend zu mir gesagt hast ... das mit dem Foto ... Ich glaube dir. Ich glaube dir vorbehaltlos." Sie schaute ihm tief in die Augen. „Und es tut mir sehr leid, dass ich je an dir gezweifelt habe."
„Ist das dein Ernst?"
Carrie nickte. „Ja, das ist mein Ernst."
.„Das freut mich", erwiderte er lächelnd und strich ihr über die Wange. „Du bist wirklich etwas ganz Besonderes für mich."
„Und du für mich auch."
Dass sie das gesagt hatte, überraschte sie selbst, obwohl es der Wahrheit entsprach.
,
„Du hast recht", fuhr sie lächelnd fort. „Ich war eifersüchtig."
„Ich wollte dich nicht verletzen." Leone ließ die Finger durch ihr Haar gleiten und umfasste schließlich ihren Nacken. „Du musst lernen, mir mehr zu vertrauen, denn du bist die einzige Frau auf der Welt, die ich begehre."
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und sie glaubte, sich in seinen dunklen" Augen zu verlieren. Als sie auch noch weiche Knie bekam, öffnete sie die Lippen, um tief einzuatmen.
Bevor sie jedoch Gelegenheit dazu hatte, nahm er sie in die Arme und zog sie an sich, um sie zu küssen.
„Mein Engel."
Er streichelte sie sanft, während er sie auf den Mund, die Lider und aufs Haar küsste.
Carrie gab sich ganz dem herrlichen Gefühl hin, seinen Duft einzuatmen, seine Körperwärme und seine Kraft zu spüren. Seufzend legte sie ihm die Arme um den Nacken und presste den Mund an seine Wange.
Ich könnte diesen Mann lieben, dachte sie und war darüber nicht einmal überrascht.
Dieser Mann könnte der Mittelpunkt meines Lebens werden.
Leone betrachtete sie verlangend. „Am liebsten würde ich vorschlagen, in meine Wohnung zu gehen. Aber ich weiß, wohin das führen würde. Ich wurde dich dazu überreden, die Nacht bei mir zu verbringen. Und vielleicht bist du dazu noch nicht bereit, was ich durchaus verstehen würde." Zärtlich küsste er sie auf den Mund.
„Deshalb überlasse ich es dir. Wenn es dir lieber
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