Im Schloss des spanischen Grafen
hoffentlich wenigstens sein Kind, oder?“
Jemima musste sich zusammennehmen, damit ihr Temperament nicht mit ihr durchging. „Alfie ist nicht Marcos Sohn.“
„Dein Kind ist eigentlich der geringste Grund für unser Zerwürfnis. Mich interessiert viel mehr, was du mit meinem Bruder im Bett getrieben hast, und warum du meintest, es tun zu müssen.“ Der Schleier der Zivilisiertheit riss, Alejandros heißblütiges Temperament kam zum Vorschein. Er ballte die Hände zu Fäusten, so hart, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Warst du mit ihm im Bett?“, stieß er nur mühsam beherrscht hervor.
Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. Wenn er in dieser Stimmung war, würde ein direktes Abstreiten nur alles verschlimmern. Schließlich hatte sie das vor zwei Jahren schon einmal durchgemacht, und damals hatte er ihr auch nicht geglaubt. „Alejandro …“, versuchte sie, ihn zu beschwichtigen.
Er warf den Kopf zurück, dann ließ er den dunklen Blick über sie wandern. Jemima wäre nicht erstaunt gewesen, hätte sie Funken aus seinen Augen sprühen sehen. Ohne Vorwarnung war sie plötzlich die Gefangene seines übermächtigen sexuellen Charismas. Sie meinte, der Sonne zu nahe gekommen zu sein. Sie erinnerte sich noch gut an die gespannte Erwartung, an das einsetzende Summen in ihrem Körper, jedes Mal, wenn Alejandro zum Abendessen nach Hause gekommen war. Weil sie dann wusste, dass sie beide sich irgendwann gemeinsam in das eheliche Schlafzimmer zurückziehen würden und er sie in die fantastische Welt sinnlicher Freuden führen würde, sodass Einsamkeit und Unglücklichsein für kurze Zeit vergessen waren.
„Stört es dich, dass ich solche Details wissen will? Hast du dir je überlegt, was es mir antut, wenn ich mir meine Frau in den Armen meines Bruders vorstelle?“, presste er hervor.
„Nein.“ Es war die reine Wahrheit, hatte doch nie Grund dafür bestanden. Wieso hätte sie darüber nachdenken sollen, welche Gefühle sein unbegründeter und zudem beleidigender Verdacht in ihm auslöste? Verärgerung? Enttäuschung? Die musste er so oder so empfunden haben, denn bei der Herausforderung, sich wie eine spanische Gräfin zu benehmen, hatte Jemima kläglich versagt.
„Nein, natürlich nicht“, entgegnete er harsch. „Marco diente lediglich dazu, deiner Eitelkeit zu schmeicheln und dir die Langeweile zu vertreiben. Eine wirklich billige und geschmacklose Art, um es mir und meiner Familie heimzuzahlen …“
„Das ist völliger Unsinn!“, brauste sie wütend auf.
„Warum hast du dich dann von ihm anfassen lassen? Meinst du nicht, ich hätte Szenen vor mir gesehen, wie es zwischen euch abläuft?“, konterte er bitter. „Du, nackt in seinen Armen, stöhnend vor Lust, im höchsten Moment …“
„Hör auf!“, flehte sie ihn an. Die Bilder, die er in ihr heraufbeschwor, ließen ihre Wangen brennen. „Hör sofort auf damit!“
„Warum? Kommt es der Wahrheit zu nahe?“, fragte er aufgebracht. „Als verlogene, ehebrecherische Schlampe bist du viel zu leicht davongekommen. Schau mich also nicht mit diesen großen schockierten Augen an. Auf diese Show vom ‚armen unschuldigen Mädchen‘ falle ich nicht mehr herein. Dazu kenne ich dich zu genau.“
Seine Worte wühlten Jemima zutiefst auf. Sie ging an ihm vorbei und stellte sich ans Fenster, kämpfte mit sich, um ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Bis zu diesem Moment war ihr nicht klar gewesen, welchen Schaden seine Überzeugung, sie wäre ihm untreu gewesen, angerichtet hatte. Vor zwei Jahren, als er sie wegen Marco zur Rede gestellt hatte, da war er eiskalt und beherrscht gewesen, ja regelrecht gleichgültig. Daraus hatte sie den Schluss gezogen, dass sie ihm nur wenig bedeutete und er geradezu froh war, einen Grund gefunden zu haben, die Beziehung mit ihr zu beenden. Erst jetzt erkannte sie, wie naiv diese Annahme gewesen war.
„Ich bin keine ehebrecherische Schlampe“, setzte sie dumpf an. „Ich habe auch keine Affäre mit deinem Bruder gehabt.“ Wie in Zeitlupe drehte sie sich zu ihm um. „Und du solltest wissen, dass mein Sohn, dass Alfie … auch dein Sohn ist.“
„Soll das ein schlechter Witz sein?“ Alejandros Blick brannte sich wütend in ihre Augen. „Ich weiß mit absoluter Gewissheit, dass du eine Fehlgeburt erlitten hast, bevor du aus Spanien abgereist bist.“
„Wir sind davon ausgegangen, dass ich eine Fehlgeburt hatte“, korrigierte Jemima knapp. „Als ich mich dann hier in England von einem
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