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Im Schloss des spanischen Grafen

Im Schloss des spanischen Grafen

Titel: Im Schloss des spanischen Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LYNNE GRAHAM
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dem großen Holzportal ging und den Türklopfer betätigte.
    Aufgezogen wurde die schwere Holztür von Maria, der Haushälterin, die jedoch sofort zur Seite trat, um der älteren Frau hinter sich den Weg freizumachen. Die Frau hielt den Rücken steif und gerade, das graue Haar war makellos frisiert, aus den schwarzen Augen jedoch blitzte wilde Empörung.
    „Wie kannst du es wagen, dich erneut in mein Heim zu drängen?“ Doña Hortencia wollte Jemima den Eintritt verwehren.
    Beatriz tauchte hinter der Mutter auf und rieb nervös die Hände aneinander. „Jemima, wie schön, dich wiederzusehen. Mamá, bitte, wir müssen Alejandros Wünsche respektieren.“ Jemimas Schwägerin wand sich vor Verlegenheit, es war geradezu mitleiderregend, es mit ansehen zu müssen.
    Der Fahrer holte die beiden Koffer aus dem Wagen, und Beatriz sah zu dem kleinen Jungen hinüber, der aus dem Seitenfenster lugte. „Oh, ist das Alfie? Darf ich zu ihm gehen und ihn holen, Jemima?“ Ein einziges Mal wartete Beatriz nicht auf die Erlaubnis ihrer Mutter und eilte zum Wagen.
    Der Fahrer trug die Koffer mit einem kurzen Nicken an Doña Hortencia vorbei ins Haus.
    „Guten Tag, Doña Hortencia“, grüßte Jemima stoisch und folgte ihm. Sie war fest entschlossen, nicht auf die vernichtenden Blicke zu reagieren, die ihr nachgesandt wurden. So leicht wie vor zwei Jahren würde sie sich nicht mehr einschüchtern lassen. Doña Hortencia würde mit Sicherheit alles daransetzen, um genau das zu erreichen, aber Jemima hatte gelernt, sich nicht mehr so viel aus der Meinung anderer zu machen.
    Beatriz kam zurück, sie hielt Alfie bei der Hand. „Mamá, sieh ihn dir nur an“, drängte sie strahlend.
    Doña Hortencia blickte auf ihr erstes Enkelkind, und für einen kurzen Moment zog ein milderer Ausdruck auf ihre Miene. Als sie jedoch ihre Schwiegertochter anschaute, verhärteten sich ihre Züge wieder. „Dieser kleine Junge, Alejandros Sohn und Erbe, ist das Einzige, was du je richtig gemacht hast.“
    Jemima verkniff sich die Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag. Alejandros Mutter würde sie nie akzeptieren. Statt einer reichen spanischen Aristokratin hatte der Sohn eine Frau aus einfachen Verhältnissen geheiratet, noch dazu eine Fremde, und Doña Hortencia war zu dünkelhaft und starrsinnig, um ihre Einstellung zu ändern. Als Jemima damals auf das Castillo gekommen war, hatte die Spanierin alles getan, um der Schwiegertochter das Leben so schwer wie nur möglich zu machen. Dieses Mal jedoch würde Jemima sich nicht in die Opferrolle fügen.
    Beatriz führte Jemima die breite geschwungene Treppe hinauf und machte Small Talk, als hinge ihr Leben davon ab. Düstere Ahnenporträts schauten von den Wänden auf die beiden Frauen herunter. So ernst Alejandro manchmal auch schien, verglichen mit seinen Ahnen hatte er ein geradezu sonniges Gemüt.
    „Alejandro hat eine Nanny engagiert, die dir mit Alfie helfen wird“, verkündete Beatriz jetzt.
    „Wie umsichtig von deinem Bruder“, erwiderte Jemima, als sie sich von dem ersten Schock erholt hatte.
    „Placida ist die Tochter von einem unserer Pächter und ein wirklich fähiges Mädchen.“
    Beatriz sollte sich nicht unbehaglich fühlen. „Ich bin sicher, sie ist bestens als Nanny geeignet“, sagte Jemima diplomatisch.
    „Ich habe dieses Zimmer für Alfie ausgesucht.“ Beatriz stieß die Tür zu einem komplett eingerichteten Kinderzimmer mit Unmengen von Spielzeug auf. „Aber vielleicht möchtest du ja lieber ein anderes Zimmer …“
    „Nein, das hier ist sehr hübsch. Hast du auch all die Spielzeuge besorgt?“
    Beatriz lachte. „Nein, das war mein Bruder. Kannst du dir vorstellen, dass Alejandro persönlich Spielzeug kaufen gegangen ist?“
    „Wenn du es mir nicht gesagt hättest, würde ich es nicht glauben.“ Jemima wusste, wie sehr Alejandro Einkaufen verabscheute. So zornig sie auch darüber war, sich ungewollt in Spanien wiederzufinden, so gerührt war sie über Alejandros Bemühungen um Alfie. Doch sofort schoss ihr der nächste Gedanke in den Kopf. Wäre es nicht viel mehr wert als alles Spielzeug der Welt, wenn er selbst hier wäre? Und erhielt Alfie jetzt etwa seine erste Dosis der Vernachlässigung, mit der sie sich als Ehefrau hatte abfinden müssen?
    Alfie kannte keine solchen Bedenken. Voller Begeisterung stürzte er sich auf die vielen Spielzeugautos und hob eines in der kleinen Hand hoch in die Luft.
    Seine Tante schaute ihm fasziniert zu. „Du musst stolz auf ihn

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