Im Schloss des spanischen Grafen
war wie die glorreiche Einladung, sich Gefühlen zu überlassen, die Jemima schon viel zu lange nicht mehr empfunden hatte. Alejandro erweckte einen Hunger in ihr, den sie nie ganz hatte vergessen können.
„Por Dios! Te deseo!“ Mit vor Verlangen heiserer Stimme sagte er ihr, dass er sie begehrte. Sein Geständnis jagte ein Beben durch sie hindurch und ließ Flammen in ihr aufschießen. In Sekundenbruchteilen war es ihm gelungen, die Zeit zurückzudrehen. Sein funkelnder Blick wanderte über ihr erhitztes Gesicht, als Jemima sich atemlos vor Sehnsucht und Selbstverachtung von ihm zurückzog. „Ich würde dir so viel Vergnügen bereiten, wenn du bliebest.“
Sie senkte die Lider, erschüttert darüber, wie groß die Versuchung war. „Wir sehen uns am Samstag“, stieß sie gepresst hervor.
Für die gesamte Dauer der Heimfahrt mit dem Zug hatte Jemima das schöne Gesicht von Alejandro vor Augen. In Gedanken tadelte sie sich unablässig, dass sie seinem Vorschlag zugestimmt hatte. Es war geradezu so, als hätte er sie hypnotisiert!
Sandy holte sie mit dem Firmentransporter vom Bahnhof ab. Zwanzig Minuten später saß Jemima in der Küche in Floras Cottage und hielt Alfie auf dem Schoß. Der Junge schlief schon halb, so sehr hatte er sich in der Spielgruppe verausgabt.
Flora sah sie jetzt mit aufgerissenen grünen Augen an. „Sag mir, dass du das nicht ernst meinst! Ich dachte immer, du hasst deinen Mann.“
Ratlos hob Jemima die Hände vor sich. Wie sollte sie ihre Entscheidung erklären, wenn sie es selbst nicht wirklich begriff? „Was Alejandro über eine zweite Chance für unsere Ehe um Alfies willen sagte, hat irgendwie Sinn ergeben“, gestand sie zerknirscht. „Als ich ihn damals verließ, wusste ich ja nicht, dass ich noch immer schwanger war. Vielleicht wäre ich nicht gegangen, wenn ich es gewusst hätte.“
Flora musterte sie besorgt. „Du warst ein einziges Nervenbündel, als wir uns kennenlernten, und hattest nicht das geringste Selbstvertrauen. Es steht mir nicht zu, deinen Mann zu kritisieren, aber wenn die Ehe mit ihm dir das angetan hat, dann hat da etwas Wesentliches nicht gestimmt.“
„Viele Dinge stimmten nicht, aber das war nicht allein seine Schuld.“ Alfie schmiegte sich mit einem zufriedenen kleinen Seufzer enger in die Arme seiner Mutter, und sie hob ihn in eine bequemere Lage. „Marco lebt inzwischen in New York, und das andere Problem, das ich damals hatte, das … äh … gibt es nicht mehr.“ Sie hielt die Lider gesenkt, damit ihre Augen nicht verrieten, welchen Stress sie in jenen letzten Monaten in Spanien durchgestanden hatte. Es war die schrecklichste Zeit ihres Lebens gewesen.
„Du willst es mit deiner Ehe also noch einmal versuchen“, brachte Flora es nüchtern auf den Punkt. „Nun, wenn es das ist, was du wirklich willst, dann hoffe ich für dich, dass alles so läuft, wie du es dir wünschst. Sollte es jedoch nicht so laufen … Ich bin für dich da, wenn du Hilfe brauchst.“
5. KAPITEL
Vom Rand des kleinen Spielplatzes aus sah Jemima zu, wie Alejandro seinen Wagen parkte und ausstieg.
Halston Manor Estate lag einige Meilen außerhalb des Städtchens, das Anwesen war der Öffentlichkeit ganzjährig zugänglich gemacht, und viele Anwohner aus dem Umkreis nutzten den Park für Freizeitaktivitäten. Jemima hatte den Treffpunkt ganz bewusst gewählt. Hier draußen konnte Alfie überschüssige Energie loswerden, während seine Eltern sich zivilisiert benehmen mussten, handelte es sich doch um einen gut besuchten öffentlichen Ort.
Alejandro erschien in einem ungewohnt lässigen Aufzug – dunkle Lederjacke, Jeans und Pullover. Die frische Frühlingsbrise wirbelte das dunkle Haar um sein gebräuntes Gesicht mit den klassischen Zügen. Er sah einfach umwerfend aus, und jede der anwesenden Frauen schaute ihm mehr oder weniger offen nach. Jemima bemühte sich bewusst, ihn nicht anzustarren, und schob abrupt die Hände in die Jackentaschen. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück zu Alfie, der gerade die Leiter der Rutsche hinaufkletterte. Seine großen braunen Augen funkelten vor überschäumender Freude.
„Die Familienähnlichkeit ist auffällig“, bemerkte Alejandro zufrieden, als er an Jemimas Seite trat. „Er ist ein typischer Vasquez, auch wenn er deine Locken geerbt hat. Seine Augen und sein Mund haben auch viel von dir.“
„Ich habe ihm von dir erzählt“, teilte Jemima ihm nüchtern mit.
„Wie hat er es aufgefasst?“
„Er ist ganz aufgeregt,
Weitere Kostenlose Bücher