Im Schloss des spanischen Grafen
inzwischen ja wohl selbst herausgefunden, nicht wahr? Du hast doch gesagt, dass du nichts mehr von ihm gehört hast, seit du Spanien verlassen hast, oder?“
Hilflose Wut packte Jemima bei seiner Bemerkung, denn sie konnte es nicht einmal bestreiten. Letztendlich hatte sich unter dem Druck gezeigt, dass es Marcos Freundschaft an Stärke, Durchhaltevermögen und echter Zuneigung fehlte.
Jemima ließ sich nicht zu einer Erwiderung herab. Für den Rest des Besuchs redete sie nur noch mit Alfie und gab Alejandro nur dann Antwort, wenn er eine Frage direkt an sie richtete.
Einen Monat später wurden Jemima und Alfie von einem Gutsarbeiter mit einem Geländewagen vom spanischen Flughafen abgeholt. Hatte Jemima auch darauf gehofft, dass Alejandro persönlich erscheinen würde, so war sie doch nicht erstaunt. Schließlich hatte sie gleich zu Anfang ihrer Ehe lernen müssen, dass Alejandro ein viel beschäftigter Mann war. Und als seine Ehefrau hatte sie immer ganz unten auf seiner Prioritätenliste gestanden.
Das war eine Erinnerung, die sie nicht unbedingt in gute Laune versetzte, vor allem nicht an dem Tag, an dem sie ihr Zuhause und ihr Geschäft hatte zurücklassen müssen. Für den Laden hatte sie eine exzellente Kraft gefunden, und ihre persönlichen Dinge hatte sie eingelagert, damit die ältere Dame auch das Cottage mieten konnte. War am Ende alles zwecklos: die Weiterbildung, der eigene Laden, ihr hübsch hergerichtetes Cottage? Nun, sie hatte ja nur einem dreimonatigen Aufenthalt in Spanien zugestimmt. Alejandros Erpressungstaktik verlangte viel von ihr, aber um das Sorgerecht für ihren kleinen Jungen zu behalten, war ihr kein Preis zu hoch.
Das Falkenschloss thronte über dem Tal auf einem Gipfel eines Felsenhangs in Las Alpujarras, einer abgelegenen Gebirgsregion, die der letzte Rückzugsort der Mauren in Spanien gewesen war. Kleine Dörfer mit weißen Häusern nestelten sich in die Talhänge, steile schmale Straßen führten durch Oliven-, Mandel- und Orangenhaine. In der fruchtbaren Erde wuchsen Reben und Getreide. Jahrhundertelang hatten die Vasquez’ wie Feudalherren über das Tal geherrscht, und jeder, der miterlebte, wie ehrfürchtig die Anwohner Alejandro, den jetzigen Graf Olivares, grüßten, erkannte sofort, wie viel Ansehen die Familie auch heute noch besaß.
Die Landwirtschaft allein jedoch hatte den gewohnten Lebensstandard der Familie nicht aufrechterhalten können. Der alte Graf hatte eine Kunstgalerie in Madrid eröffnet, aber erst Alejandro mit seinem gewieften Geschäftssinn und dem Mut zum Risiko hatte aus der einen Galerie eine erfolgreiche weltweite Kette gemacht. Auch eine Hotelgruppe hatte er aufgekauft und mehrere äußerst profitable Investitionen getätigt. Da er seinen Tag zwischen dem Geschäftsimperium und der Verwaltung des Familienbesitzes aufteilte, blieb nur wenig Zeit für das Privatleben.
Genau deshalb hatte er immer darauf geachtet, besagtes Privatleben aus den Medien herauszuhalten. Allerdings hatten nicht nur sein Aussehen und sein Titel, sondern auch sein Liebesleben vor der Ehe ihn höchst interessant für die Presse gemacht. Hinzu kam noch seine Präsenz in der Finanzwelt, und somit war seine Hochzeit wie auch die Trennung von seiner Ehefrau sehr zu seinem Unmut ein gefundenes Fressen für die Medien gewesen.
Schon aus diesem Grund hätte Jemima eigentlich mit dem Blitzlichtgewitter am Londoner Flughafen rechnen müssen, doch sie war zu lange aus dem Rampenlicht verschwunden gewesen, sodass die Meute der Paparazzi sie völlig überrascht hatte.
Sie würde auch zu gerne wissen, wie die Neuigkeit von einer angeblichen Versöhnung und einem gemeinsamen Sohn an die Öffentlichkeit gesickert war. Ihr grauste vor einer neuerlichen Veröffentlichung. Sie betete mit aller Macht, dass die Probleme, die sie schon vor Jahren in die Zwickmühle gebracht hatten, nicht wieder auftauchten und alle in ihrem Umfeld in Mitleidenschaft zogen.
Doch vorerst wollte sie sich nicht von solchen Sorgen zerfressen lassen und konzentrierte sich allein auf die Schönheit der Landschaft. Im Schatten von alten Eichen und hohen Kastanienbäumen arbeitete sich der schwere Wagen eine steile Bergstraße hinauf und fuhr schließlich auf einen Hof, der mit Pflanzen in großen Terrakottakübeln geschmückt war. Alfie sah mit großen runden Augen an den Burgmauern empor, die sie zu drei Seiten einschlossen. Jemima ließ ihn im Wagen zurück, während sie, lässig gekleidet in Jeans und T-Shirt, zu
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