Im schoenen Monat Mai

weil ich kriege ja freie Kost und Logis plus Wäsche von ihm, da braucht er mich nicht auch noch bezahlen. Aber das mit der Wäsche ist nicht wahr, weil ich die Wäsche immer selber gewaschen habe. Und das mit der Kost stimmt auch nicht, weil ich hab ja Essen gemacht. Gut, das mit dem Logis ist wahr, aber eigentlich hab ich da gar nicht wohnen wollen, sondern bei Lucette in der Stadt, aber Lucette hat gesagt, das geht nicht, weil sie nur ein Zimmer mit einem Bett drin hat, und das braucht sie für ihre Arbeit. Martial hat gar nicht mehr gegraben und einen Fleck auf dem Hosenschlitz gehabt. Er hat gewartet, dass Lucette wiederkommt, die Hände in die Seiten gestützt und sinnlos verschwitzt, weil er ja nicht gearbeitet hat, und mit einem ganz dummen Blick, der noch gefährlicher war als dumm, in den Augen, die beide noch funktioniert haben, weil das ja noch vor dem Unfall gewesen ist. Wie Lucette zurückkommt, hat sie ihr Tuch verloren. Ich sage das so, aber es ist nicht wahr, sie hat es nicht wirklich verloren. Einmal habe ich ihnen zugeschaut, wie sie es gemacht haben, weil ich neugierig gewesen bin und eifersüchtig. Ich bin die Treppe rauf in den großen Flur, wo die aufgespießten Schmetterlinge und Tierköpfe an der Tapete hängen, und dort bin ich vor dem Zimmer von Monsieur Louis stehengeblieben. Alles natürlich auf Zehenspitzen, weil ich kein Recht dazu gehabt habe. Ich habe durchs Schlüsselloch schauen wollen, aber das war gar nicht nötig, die Türe ist nämlich ganz weit offen gestanden, wie wenn gar nichts ist. Da hab ich gesehen, dass Monsieur Louis, wie es vorbei war, das Tupfentuch von Lucette genommen hat, um sich das abzuwischen, was man beim Namen nennen soll, wenns ein Kind ist, aber wenns keins ist, anders. Deswegen hat Lucette dann kein Tupfentuch mehr gehabt und einen schmutzigen Mund mit Lippenstift drumrum. Martial schaut Lucette an und schreit, komm mit mir in die Schweinegerste! Aber Lucette hat das nicht wollen. Martial sagt, komm mit mir zu den Schweinen, sonst! Was sonst, du Dummerjan? hat Lucette gesagt. Weil die Männer immer so gemein gewesen sind zu ihr, hat Lucette so eine Art gehabt, dass sie immer Widerworte gibt. Martial hat keine Widerworte. Bei dem ist alles, was er nicht im Kopf hat, in den Armen. Und als Hohlkopf hat er ganz dicke Arme. Um Martial richtig zu beschreiben, würde ich sagen, er ist blöde. Das sage ich nicht aus Gemeinheit, aber wenn man nur die Intelligenz nimmt, dann ist bei ihm, das muss man sagen, keine da. Er hat Lucette am Arm zur Schweinescheune gezerrt. Dann war ich nicht mehr dabei. Ich habe den Hühnern Mais gegeben. Ich habe die Allee geharkt. Ich habe das Auto von Monsieur Louis mit Wasser, Seife und einer blauen Flüssigkeit für die Fenster geputzt. Und wie ich mit dem Schwamm bei der Motorhaube bin, schreit Martial, als wenn ein Schwein ihm draufsteigt. Da hab ich mich gefragt, ob ich hingehen soll und schauen, was passiert ist, oder erst die Vogelkacke von der Motorhaube wischen. Und habe beschlossen, dass ich erst die Motorhaube wische, weil ich gut gemachte Arbeit mag und Monsieur Louis halbe Sachen nicht leiden kann und seinen Wutausbruch kriegt. Also wische ich weiter, da schreit Lucette ganz lang und hört überhaupt nicht mehr auf. Das war der längste und der schrecklichste Schrei in meinem Leben. Da bin ich so schnell ich konnte dorthin gerannt, von wo es geschrien hat, und Monsieur Louis auch, weil Monsieur Louis zwar nie wen geliebt hat, aber von allen Menschen der Erde war Lucette am nächsten dran. Wie wir zur Schweinescheune kommen, sitzt Martial hinterm Koben, und das Blut rinnt ihm aus der Schläfe wie einem angeschossenen Reh. Es ist eine große Dummheit gewesen, was Martial da gemacht hat. Er hat es mit Lucette machen wollen, und die hat ihm Widerworte gegeben. Das hat dem Martial nicht gepasst, deswegen hat er die ganze Kraft zusammengenommen, die Gott ihm gegeben hat und die er normalerweise für die Wildschweine braucht, die die Kunden von Monsieur Louis erschossen haben, um sie zum Ausbluten in die Holzscheune zu schleifen, bevor sie zerteilt, gekocht und gegessen werden. Er hat Lucette auf den Boden geworfen, und die hat genau gewusst, warum sie im selben Dreck liegt wie die Schweine, und hat dem Martial ins Ohr gebissen und mit den Zähnen das Läppchen vom ganzen Ohr abgerissen. Dann hat sie es verschluckt, damit es nicht durch ein Wunder der Chirurgie wieder drangemacht wird. Ihr ist es total egal, wenn er verblutet wie