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Im schoenen Monat Mai

Im schoenen Monat Mai

Titel: Im schoenen Monat Mai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile de Turckheim
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Gewerbe wird viel Wert auf Schönheit gelegt. Wenn du hässlich bist, versuchst du das mit Lippenstift und kleinen, engen Kleidern zu verbessern. Aber Lucette, was sie auch gemacht hat, sie ist nicht mehr schöner geworden, wo sie doch vorher so schön war, ohne was dafür zu machen. Sogar mitten in der Nacht war sie schön oder wenn sie zornig war oder geweint hat, so schön, dass sie gar nicht hat alt werden können. Dabei war sie ja jung, viel zu jung für mich, aber durch die Schönheit hat sie noch jünger gewirkt, und keiner, wenn er uns nebeneinander gesehen hat, hat sich vorstellen können, dass ich aus ihr herausgekommen bin. Sie ist auch nicht aus Herzensfreude wieder arbeiten gegangen, sondern wegen dem Geld, das man zum Leben braucht und an dem es ihr immer gefehlt hat, sogar wenn sie zu den Stoßzeiten gearbeitet hat, das heißt, am Abend zwischen sechs und zehn, wenn die Ehemänner zu ihren Frauen sagen, tut mir leid, mein Schatz, ich habe heute viel zu tun und komme ein bisschen später, warte nicht auf mich mit dem Essen. Das Schlimme ist, dass die Frauen, die keine Ahnung haben, ihren Männern auch noch einen Teller beiseitestellen unter einem karierten Geschirrtuch, und wenn die Männer nach den vielen Liebesdingen mit Lucette hungrig nach Hause kommen, stürzen sie sich auf den Teller unter dem Geschirrtuch und machen sich nicht einmal Gedanken darüber, wie lange es dauert, so ein Frikassee zu kochen. Wegen ihrer Schönheit hat Lucette immer mehr Arbeit gehabt als die anderen Damen, auch wenn sie nicht alles gemacht hat, weil, wie sie immer gesagt hat, man muss ja nicht übertreiben. Das habe ich nie richtig verstanden, wie man Liebe nur halb machen kann, weil ich immer geglaubt hab, drin ist drin, also habe ich mir ein Vögelchen halb drin vorgestellt und deswegen ein paar offene Fragen. Viele von ihren Kunden waren in sie verliebt, was einen nicht wundern braucht, wenn man sie sich bei der Arbeit vorstellt. Aber sie sind alle abgeblitzt, weil Lucette keinen geliebt hat außer mir. Einer ist nur halb abgeblitzt, mit dem hat sie ganz Liebe gemacht. Aber Liebe machen ist ein falscher Freund, sagt Lucette. Nur weil man sagt, Liebe machen, macht man noch nicht, was man sagt, und die Mädchen, die Freudenmädchen heißen, wissen das am allerbesten. Den Herrn, der ihr sein Vögelchen ganz hineingesteckt hat, habe ich einerseits nicht leiden können, weil er von Lucette Liebe gekriegt hat, andererseits schon, weil er nett zu ihr war und wunderbare Dinge zu ihr gesagt hat, zum Beispiel, wie hübsch du bist für dein Alter, oder du bist so weich wie Pfirsichhaut oder du wiegst ja gar nichts und ganz viele andere Komplimente, die man zu Frauen sagen soll, wenn man eine Liebe für sie hat. Deswegen hat Lucette oft zu mir gesagt, weißt du, Aimé, Herr Hi behandelt mich nicht so wie Dreck, da fühle ich mich als Mensch. Das ist nicht zum Lachen, Herr Hi heißt wirklich Herr Hi, und der Name kommt sogar aus Asien, aus der Gegend von China. Vielleicht hat er auch einen Vornamen wie Michel oder André gehabt, aber bei Lucette hat er immer nur Herr Hi geheißen. Lucette hätte gern geheiratet und in einer Wohnung mit Balkon und mit mir gewohnt und natürlich auch mit Herrn Hi, auch wenn wir uns das nicht hätten aussuchen können, ob wir ihn behalten oder nicht. Er hat immer zu Lucette gesagt, mach dir keine Sorgen, ich hol dich da raus, aber weil Lucette ja immer Widerworte gehabt hat, hat sie gesagt, ich möchte von dir nicht da rausgeholt werden, sondern dass du mich heiratest und dir ein Appartement mit drei Zimmern und offener Küche nimmst, das groß genug ist für meinen Sohn und mich. Und weil er verliebt war, hat er ja gesagt, ja, nächstes Jahr, das verspreche ich dir, Liebste, aber weil er feig war und nicht reich genug für ein Appartement mit drei Zimmern und offener Küche, hat er im Jahr drauf wieder gesagt, nächstes Jahr, Liebste, und weil Lucette lieber weiter gehofft hat, hat sie gesagt, einverstanden, mein Liebling, und im Jahr drauf war es vorbei mit Heiraten. Wie sie mit ihrem geschmolzenen Gesicht in den Puff zum Blauen Engel gegangen ist, wo Sacha Milou die Kasse bewacht und seine dicken Dinger nie von seinem Hirschlederhocker hebt, hat Pistache gejault und Sacha Milou gebrüllt, dass sie Pistache erschreckt hat und dass er gar nicht wissen will, was passiert ist, jedenfalls war es unverzeihlich, ihr Arbeitswerkzeug so zu verhunzen, dass keiner es mehr mit ihr machen will, und dass ihn

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