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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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rechnen musste, drei oder vier Nächte in den Bergen zu verbringen, und das in einer Höhe, in der es selbst im Hochsommer recht frisch werden konnte; also brauchte sie Trainingshosen. Sie hatte eine mit verschließbaren Taschen, die sie aus diesem Grund auswählte und auf ihrem Bett bereitlegte. Außerdem nahm sie mehrere Paar Socken und Unterwäsche zum Wechseln mit. Vielleicht war das albern, aber ihr graute vor der Vorstellung, über mehrere Tage dieselbe Unterhose zu tragen. Sie zog beide Sätze an. Dazu ein T-Shirt aus Seide, das sie in den Hosenbund steckte. Eine Trainingsjacke mit Kapuze, die sie um die Taille binden konnte. In die eine Hosentasche steckte sie Lippenbalsam, und danach tastete sie in ihrer Schublade herum, bis sie ihr altes Schweizer Taschenmesser gefunden hatte; das wanderte in die andere Tasche.
    Als Nächstes bürstete sie ihre Haare aus, bündelte sie in einem straffen Pferdeschwanz und zähmte sie mit einem Haargummi; es tat weh, wenn sich die Haare im Sicherungsseil verfingen. Eine Minute stand sie so da und überlegte, ob sie etwas vergessen hatte. Vielleicht ihre lange Seidenunterhose, falls die Nächte wirklich kalt wurden? Sie war zu warm, um sie tagsüber zu tragen, aber sie wog so gut wie nichts und brauchte praktisch keinen Platz, sie passte sogar in die Seitentasche des Sweatshirts.
    Als sie glaubte, alles eingesammelt zu haben, zog sie sich an. Zwei Paar Socken, einmal dünn und einmal dick.
    Die beiden Wechselpaare wanderten ebenfalls in die Hosentasche. Dann folgten die Hose und die Schuhe, bevor sie zuletzt ihre Jacke umband. Sie dehnte und bückte sich probeweise, um festzustellen, ob die Kleidung sie irgendwie einschränkte. Das war nicht der Fall, folglich war sie abmarschbereit.
    Nächster Halt: Küche.
    Cal kam in die Küche, während sie ein paar Tiefkühlbeutel mit Trockenmüsli füllte. Er war mit ihrer Ausrüstung beladen, mit den Sitzgurten und den Sicherungsgeräten, den Karabinern, Bolzen und Haken, den Kalkbeuteln und dazu den Rollen aus dünnen Seilen. »Wie alt sind die Seile?«, fragte er.
    Urplötzlich fiel ihr das Herz in die Hose. »O nein«, sagte sie leise. »Sie sind über fünf Jahre alt.«
    Synthetikseile zersetzten sich im Lauf der Jahre, selbst wenn sie nie benutzt worden waren, und diese Seile hatten sie benutzt. Sie und Derek hatten sie immer gepflegt, sie in der Badewanne gewaschen und nie in der Sonne liegen lassen, aber den Lauf der Zeit konnten sie damit nicht aufhalten. Sie konnten mit diesen Seilen nicht klettern; so einfach war das. So alte Seile wie diese taugten vielleicht noch zum Top-Rope-Klettern, aber nicht zum Vorsteigen, sie wollte sie nicht einsetzen, basta.
    »Walter hat in seinem Laden noch Nylonseile«, sagte er. »Die sind vielleicht nicht ideal, aber immerhin neuer als die hier. Ich gehe sie holen. Wie lang?«
    »Siebzig Meter.«
    Er fragte nicht, wie dick das Seil sein sollte, woraus sie schloss, dass Walter nur eine Rolle auf Lager hatte. Sie würden sich mit dem begnügen, was sie bekamen.
    Er verschwand zur Haustür hinaus, und sie ließ das Essen liegen, um ihre Ausrüstung zu inspizieren. Sie hatte die Sachen nicht mehr berührt, seit sie alles bei ihrem Einzug vor drei Jahren auf den Speicher getragen hatte. Die Helme hatte er nicht mitgenommen, sie verstand sofort, warum: Sie waren grellrot und weithin zu sehen. Viele Kletterer trugen ohnehin keine Helme, allerdings waren sie und Derek nie ohne in den Fels gegangen.
    Die alte Faszination erwachte, sobald sie die Ausrüstung durchsah, einen Moment lang spürte sie, wie die Begeisterung zurückkehrte, wie Sonne und Höhe sie lockten, ihre Fähigkeiten und Kräfte am Fels zu erproben. Natürlich war sie öfter abgerutscht. Genau wie Derek. Genau wie jeder andere Kletterer. Aber dafür waren die Seile da, und genau aus diesem Grund würde sie nicht mit alten Seilen klettern.
    Widerstrebend wandte sie sich von ihrer Ausrüstung ab und wieder der Essensvorbereitung zu. Das Wasser war ein massives Problem, weil es so schwer war. Vier Liter Wasser wogen vier Kilo, dazu kam noch das Gewicht des Behälters. Sie hatte ein paar Flaschen Wasser da, aber nichts, um sie zu tragen. Sie brauchten einen Wasserschlauch, den man auf dem Rücken tragen konnte, aber ihr wollte nicht einfallen, woraus sie einen basteln konnte.
    Vielleicht wusste Roy Edward, ob es oben in den Bergen Bäche gab. Es gab bestimmt nicht nur den großen Bergbach, der unter der ehemaligen Brücke durchströmte,

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