Im Schutz der Nacht
darüber.
»Hey!«, schrie Tucker entrüstet und schubste seinen Bruder. Cate schritt ein, bevor ein Kampf ausbrechen konnte.
»Tanner, das war nicht nett. Tucker, du darfst deinen Bruder nicht schubsen. Schalte die Sirene aus. Ihr gebt mir beide Autos. Die kommen vorerst in mein Zimmer.«
Tucker öffnete seinen Mund, um zu protestieren, sah, wie sich ihre Brauen warnend hoben, und sagte klugerweise zu Tanner: »Tut mir leid, dass ich dich geschubst habe.«
Tanner sah sie ebenfalls an und kam genau wie sein Bruder zu dem Schluss, dass er nach der Bestrafung vom Vormittag sein Glück nicht überstrapazieren sollte. »Tut mir leid, dass ich dein Auto vollgemacht habe«, verkündete er großmütig.
Cate biss die Zähne zusammen, um ihr Lachen zu unterdrücken, und sah ihre Mutter an. Sheila hatte die Augen weit aufgerissen und eine Hand auf den Mund gepresst; sie wusste sehr wohl, dass es Augenblicke gab, in denen eine Mutter nicht lachen darf. Ein Schnauben entkam ihr dennoch, was sie jedoch schnell überspielte, indem sie aufstand und ihre Tochter in die Arme schloss. »Ich kann es kaum erwarten, das deinem Vater zu erzählen«, sagte sie.
»Ich wünschte, er hätte mitkommen können.«
»Nächstes Mal vielleicht. Falls du an Thanksgiving nicht heimkommen kannst, kommt er auf jeden Fall mit mir.«
»Was ist mit Patrick und Andie?« Patrick war ihr jüngerer Bruder und Andie - Andria - seine Frau. Sheila zog die Heckklappe des Jeeps auf und begann, ihr Gepäck herauszuzerren.
»Ich habe ihnen schon gesagt, dass wir an Thanksgiving eventuell hier sind. Vorausgesetzt, du hast Platz für uns. Falls deine Gästezimmer ausgebucht sind, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.«
»Ich habe zwei Reservierungen für das Thanksgiving-Wochenende, aber damit sind immer noch drei Zimmer frei, das ist also kein Problem. Ich würde mich furchtbar freuen, wenn Patrick und Andie mitkämen.«
»Andies Mutter würde einen Anfall bekommen, wenn sie mitkommen würde, statt zu Hause Thanksgiving zu feiern«, erklärte Sheila sarkastisch. Sie hatte ihre Schwiegertochter wirklich gern, aber Andies Mutter war ein Fall für sich.
»Wir wollen helfen!« Tucker zog schon an einem Koffer.
Nachdem der Koffer mehr wog als er selbst, zog Cate eine Reisetasche aus dem Kofferraum. »Hier, ihr zwei könnt die Tasche nehmen. Sie ist schwer, ihr müsst also aufpassen.«
»Wir können das!«, behauptete er, und beide ergriffen mit entschlossener Miene jeweils einen Henkel, um die Tasche mit einem angestrengten Grunzen anzuheben.
»Ihr seid aber stark«, sagte ihre Mutter, und ihre kleinen Brustkörbe schwollen an.
»Männer«, murmelte Cate leise. »Sie sind so simpel.«
»Wenn sie nicht gerade kompliziert sind«, ergänzte Sheila.
Als sie die zwei Stufen zur Veranda hinaufstiegen, sah Cate sich kurz um. Mr Layton war noch nicht zurückgekommen. Sie wollte seine Kreditkarte nicht mit einer zusätzlichen Nacht belasten; da sie heute Abend keine wei
teren Gäste erwartete, bereitete es ihr keine Probleme, dass er nicht bis elf Uhr abgereist war, aber sie ärgerte sich trotzdem. Und wenn er erst zurückkam, nachdem sie schon zu Bett gegangen war? Sie händigte ihren Gästen keine Hausschlüssel aus, weshalb er sie wecken müsste -und möglicherweise auch ihre Kinder und ihre Mutter. Sollte er doch verflucht noch mal auf demselben Weg in sein Zimmer klettern, auf dem er hinausgeklettert war. Nur dass das nicht möglich war, weil sie das Fenster geschlossen und verriegelt hatte. Falls er sie wirklich aufscheuchen sollte, nachdem sie zu Bett gegangen waren, würde sie ihm definitiv eine zweite Nacht in Rechnung stellen. Wo sollte er auch sonst übernachten?
»Was ist denn?« Sheila hatte ihre Miene bemerkt.
»Ein Gast ist heute Morgen verschwunden und nicht wieder zurückgekommen, um sein Gepäck abzuholen.« Sie senkte die Stimme, damit die Jungs sie nicht hörten und auf dumme Gedanken kamen. »Er ist aus dem Fenster geklettert.«
»Hat er die Zeche geprellt?«
»Das kann er nicht, ich habe nämlich seine Kreditkartennummer. Und er hat seine Sachen dagelassen.«
»Das ist wirklich komisch. Und angerufen hat er auch nicht? Nicht dass er es gekonnt hätte, schließlich funktioniert hier draußen kein Handy.«
»Dafür haben wir Telefone«, erwiderte Cate müde. »Und nein, er hat nicht angerufen.«
»Wenn er sich bis morgen nicht meldet«, schlug Sheila vor und folgte den Jungs ins Haus, »dann packst du sein Zeug zusammen und
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