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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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dass sie den Anzug abholte, in dem er bestattet werden sollte. Hier hatte sie das Kleid gekauft, das sie zur Beerdigung angezogen hatte, das Kleid, das sie sofort nach dem Ausziehen in den Müll geworfen hatte, nachdem sie schluchzend und fluchend versucht hatte, das Kleidungsstück in Fetzen zu reißen. In ihrem Bett hatte er damals gelegen, vor Fieber brennend, bevor er sich so elend fühlte, dass er eingewilligt hatte, sich von ihr in die Notaufnahme fahren zu lassen - nur dass es dafür inzwischen zu spät gewesen war. Seit seinem Tod hatte sie nicht mehr in diesem Bett geschlafen.
    Die Erinnerungen hatten sie genauso aus Seattle vertrieben wie die ökonomischen Notwendigkeiten. Sie vermisste das Stadtleben, die Kulturangebote, das geschäftige
    Treiben und den Charakter der Stadt, den Puget Sound und die Schiffe. Dort lebte ihre Familie, dort lebten ihre Freunde. Doch als sie das erste Mal auf einen Besuch dorthin zurückgekehrt war, hatte sie bereits so viel Zeit in Trail Stop verbracht, das Haus renoviert, sich mit den Jungs eingerichtet und mit allen nur erdenklichen Mitteln ihr Geschäft zu beleben versucht, dass sie schon eher hierher als dorthin gehört hatte. Inzwischen war sie in ihrer Heimatstadt nur noch ein Besucher, und ihre Heimat war ... hier.
    Für die Jungs war ihre Heimat natürlich immer hier gewesen. Bei ihrem Umzug waren sie noch so klein gewesen, dass sie sich nicht daran erinnern konnten, jemals woanders gelebt zu haben. Wenn sie erst älter waren und die Pension - bitte, lieber Gott! - mehr einbrachte, wollte sie öfter mit den beiden zu ihren Großeltern fahren, statt sich immer nur besuchen zu lassen. In Seattle könnten sie ihren Horizont erweitern, indem sie mit ihnen ins Konzert, auf ein Baseballspiel, ins Theater oder Museum ging, damit sie begriffen, dass sich das Leben nicht auf diese kleine Sackgassengemeinde beschränkte.
    Sie wollte die guten Seiten ihres Lebens hier nicht schlecht machen. An einem Ort, der so klein war, dass jeder jeden kannte, konnten die Kinder gefahrlos draußen spielen, während Cate sie vom Fenster aus beaufsichtigte. Jeder hier kannte sie und die Jungs, jeder wusste, wohin sie gehörten und würde sie ohne zu zögern heimbringen, wenn sie allzu weit vom Haus entfernt erwischt wurden. Sie hatten täglich genau eine einzige Aufgabe zu erledigen, nämlich abends ihre Spielsachen wegzuräumen, ansonsten hatten sie endlose Stunden Zeit zum Spielen, die mit einer vorgelesenen Geschichte und ein paar kurzen, einprägsamen Lektionen über Buchstaben, Zahlen, Farben und die paar kurzen Worte, die sie bereits lesen konnten, beschlossen wurden. Baden um halb acht, ins Bett um acht, und wenn Cate die Decken feststeckte, sah sie zwei kleine Jungs, die todmüde, glücklich und absolut geborgen waren. Sie hatte schwer gearbeitet, um ihnen diese Geborgenheit zu geben, und war froh, dass sie einstweilen alles hatten, was sie brauchten.
    Das zweite große Plus dieses Fleckchens Erde war die Schönheit, die sie hier umgab. Die Landschaft war majestätisch, Ehrfurcht gebietend und unglaublich wild. Trail Stop lag im wahrsten Sinn des Wortes am Ende des Trails. Wer noch weiter wollte, musste zu Fuß gehen, und es war kein leichter Weg.
    Trail Stop lag auf einer winzigen Landzunge, die wie ein Amboss aus der gewundenen Talsohle aufstieg. Zur Rechten rauschte der Fluss dahin, wütend und eisig, heimtückisch und voller scharfkantiger Felsen unter der Gischt. Nicht einmal die Wildwasserfahrer wagten sich in diese Stromschnellen; sie begannen ihre Touren fünfzehn Meilen weiter flussabwärts. Zu beiden Seiten erhoben sich die Bitterroot Mountains mit ihren senkrechten Felswänden, die sie und Derek erklommen hatten oder aber zu erklimmen versucht hatten, bevor sie aufgegeben hatten, weil die Wände ihre Kletterfähigkeiten bei Weitem überstiegen.
    Trail Stop lag praktisch wie in einer Kiste und war mit dem Rest der Welt nur durch eine einzige Schotterstraße verbunden, die am Ortsende über einen zum Fluss hinfließenden Wildbach führte. Die eigentümliche Lage des Ortes bewahrte sie vor Schneelawinen, dennoch verspürte sie bisweilen ein leises Frösteln, wenn sie im Winter das Donnern hörte, mit dem der Schnee die steilen Abhänge herunterschoss. Das Leben hier war kompliziert, aber die Unannehmlichkeiten und das fehlende kulturelle Angebot wurden durch die atemberaubende Schönheit der Natur um sie herum mehr als wettgemacht. Sie fand es schade, dass sie so weit entfernt

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