Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
erzählt, dass der Wagen geklaut sei. Erst behauptete Kevin, die beiden Chefs des Gothia MC seien zu ihm nach Hause nach Kortedala gefahren, um das Auto anzusehen und Probe zu fahren, konnte dann aber die Frage nicht beantworten, wo Per Lindströms eigenes Auto im Augenblick geparkt sei. Er gab eine Weile nur ausweichende Antworten und änderte seine Geschichte dann ganz. In der neuen Version hatten ihm zwei ältere Kumpel geholfen, den Wagen zum Hof des Gothia MC bei Gråbo zu fahren. An ihre Namen könne er sich nicht mehr erinnern. Er wisse jedoch, dass die beiden einen Führerschein besäßen. Der eine Kumpel sei mit seinem eigenen Wagen gefahren, der andere habe am Steuer des BMW gesessen. Nachdem sie auf dem Hof des Gothia MC eingetroffen seien, habe er das Auto dem Interessenten übergeben. Sie hätten sich darauf geeinigt, am Sonntag telefonisch alles Weitere zu besprechen. Aber dazu sei es dann nicht mehr gekommen, weil Per Lindström und Jorma Kinnunen festgenommen wurden.
Von einer Waffe wisse er nichts. Die müsse der Besitzer im Auto versteckt haben. Da es sich bei der rechtmäßigen Besitzerin jedoch um eine dreiundsieb zigjährige pensionierte Zahnärztin handelte, die der Polizei bislang nicht aufgefallen war, schien das nicht sonderlich wahrscheinlich.
Zur großen Enttäuschung der Ermittler ließen sich auf der Waffe keine Fingerabdrücke sichern. Sie war sorgfältig abgewischt worden. Jorma Kinnunen unternahm nicht einmal den Versuch zu erklären, warum er dünne Lederhandschuhe getragen hatte, als das Auto angehalten worden war. Er warf dem Beamten, der diese Frage stellte, nur einen eiskalten Blick zu, der das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Da Kevin unter achtzehn war, würde er gemäß Jugendstrafrecht wegen Autodiebstahls und unerlaubten Fahrens verurteilt werden, falls es überhaupt zu einer Verurteilung kam. Das bedeutete, dass er nur die halbe normale Zeit absitzen musste. Nach seiner Entlassung würde er entweder sofort vollwertiges Mitglied des Gothia MC werden oder zumindest als einer der ersten auf der Liste jener Leute stehen, die nachrücken durften. Die Mitglieder der Desperados waren zwischen dreizehn und achtzehn Jahre alt und führten die riskanteren Aufträge aus. Vor allen Dingen erledigten sie alles, wofür eine Gefängnisstrafe drohen konnte, beispielsweise den Rauschgifthandel. Der Gothia MC gab die Drogen den Desperados, und diese verkauften sie den Junkies auf der Straße. Dort war das Risiko, festgenommen zu werden, am größten. Da die Dealer unter achtzehn waren, hatten sie mit geringeren Strafen zu rechnen. Dieses Risiko gingen sie ein, um sich der höchsten Kaste würdig zu erweisen: dem Gothia MC .
Bereits am Montagabend konnten Per Lindström und Jorma Kinnunen das Untersuchungsgefängnis als freie Männer verlassen. Allerdings besaß Per Lindström nun keinen Führerschein mehr und musste mit einem Prozess wegen Trunkenheit am Steuer rechnen. Im Präsidium fragten sich alle, wohin die zwei Banditen mit dem gestohlenen Wagen, den kugelsicheren Westen und der geladenen Waffe wohl unterwegs gewesen waren. Doch eine Antwort darauf würden sie vermutlich nie bekommen.
K rister Huss arbeitete mehr, seit er Besitzer des Glady’s war. Die Bürozeiten waren dieselben geblieben, aber in der Küche fehlten Köche. Daher verbrachte er jeden Montagabend sowie jedes vierte Wochenende dort, auch damit die anderen Köche hin und wieder eine längere Zeit freinehmen konnten. Wenn er im Büro arbeitete, begleitete ihn Egon ins Restaurant. Der Dackel lag dann in einem Körbchen neben dem Schreibtisch. Wenn ihm langweilig wurde, erinnerte er sein Herrchen an seine Anwesenheit, und Krister machte eine Pause. Dann drehten sie eine Runde im Lorensbergparken oder in der Heden-Anlage. Das funktionierte gut, und Krister fand es wunderbar, dass ihm die Spaziergänge die Gelegenheit boten, sich regelmäßig zu bewegen. An jenen Montagen, an denen Krister kochte, blieb Egon auch nicht sonderlich lange allein, da Irene sich dann bemühte, früh Feierabend zu machen.
Nach ihrem Umzug in die Göteborger Innenstadt hatte sich Irenes und Kristers Kondition verbessert. Vor allen Dingen Kristers. Sie hatten den alten Volvo verkauft und besaßen jetzt nur noch ein Auto, einen gebrauchten Renault Mégane in gutem Zustand. Nur bei strömendem Regen war es erlaubt, die Straßenbahn oder den Bus zu nehmen. Meist blieb das Auto auf ihrem privaten Parkplatz stehen, aber wenn Krister seine Abende in
Weitere Kostenlose Bücher