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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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irgendjemand sonst, den ich kennen gelernt hatte.
    Um zwanzig vor sechs saß sie immer noch an ihrem Schreibtisch. »Alex, mein Schatz.«
    »Olivia, mein Schatz.«
    »Wie schön, von dir zu hören. Wie geht’s dir so?«
    »Mir geht’s gut«, sagte ich. »Und selbst?«
    »Mittelprächtig. Wie macht sich denn die Neue?«
    »Sie macht sich prima.«
    »Warum auch nicht«, sagte sie. »Ihr habt beide den gleichen Beruf, viele Gemeinsamkeiten. Was nicht heißen soll, dass ich was gegen Robin habe. Ich mag sie sehr, sie ist liebenswert. Die Neue aber auch - die Haare, diese Augen. Ist auch nicht überraschend, bei einem gut aussehenden Burschen wie dir. Hast du dir einen neuen Hund geholt?«
    »Noch nicht.«
    »Ein Hund ist gut«, sagte sie. »Ich liebe meinen Rudy.«
    Rudy war ein schielender, zottiger Köter mit einer Vorliebe für Pastrami. »Rudy ist Spitze«, sagte ich.
    »Er ist klüger als die meisten Menschen.«
    Als ich das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte - vor drei oder vier Monaten -, hatte sie sich einen Knöchel verstaucht.
    »Wie geht’s dem Fuß?«, fragte ich. »Kannst du schon wieder joggen?«
    »Hah! Du kannst nicht an einen Ort zurückgehen, an dem du noch nie warst. Um ehrlich zu sein, das Bein ist immer noch ein bisschen lahm; ich müsste abnehmen. Das Neueste ist, ich nehme Blutverdünner.«
    »Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »Na ja«, sagte sie, »ich habe dünneres Blut. Leider ist sonst nichts dünner geworden. Was kann ich für dich tun, mein Schatz?«
    Ich sagte es ihr.
    »Das Department of Corrections«, sagte sie. »Mit diesen Tölpeln habe ich lange nichts mehr zu tun gehabt. Nicht seit meiner Beratung im Sybil Brand Institute. Damals hatten sie ein paar staatliche Beihilfen für Therapien, aber das betraf ausschließlich gefängnisinterne Programme, etwa Insassinnen mit Kindern beizubringen, gute Mütter zu sein. Gute Idee, aber die Beaufsichtigung war erbärmlich. Ich hab noch nie von einem Projekt außerhalb gehört, wie du es beschreibst.«
    »Vielleicht existiert es auch nicht«, sagte ich.
    »Und du fragst danach, weil …«<
    »Weil es vielleicht mit einigen Morden zusammenhängt.«
    »Einige Morde«, sagte sie. »Hässliche Sachen?«
    »Sehr hässlich.«
    »Du und Milo … wie geht’s ihm denn so?«
    »Er arbeitet schwer.«
    »Damit wird er nie aufhören«, sagte sie. »Na ja, tut mir Leid, dass mir nichts dazu einfällt, aber dass ich nichts davon gehört habe, heißt nicht, dass es nicht existiert. Ich habe unterrichtet und ein wenig den Kontakt zu der herrlichen Welt der öffentlichen Gelder verloren … Was du da beschreibst, könnte eine Pilotstudie sein, ich schalte mal eben meinen Mac ein und sehe nach … Okay, da wären wir, klick klick klick … Kann offenbar keine Pilotstudie zur Rehab-Therapie von Exhäftlingen finden, weder vom National Institute of Health noch vom Health and Human Services noch … vom Staat … Vielleicht ist es privat … Nein, auf der Liste steht auch nichts. Dann war es vielleicht als Vollzeit-Projekt genehmigt worden, nicht als Pilotstudie.«
    Ich sagte: »Schau doch mal unter ›Wachposten für Gerechtigkeit‹ nach, und falls das nichts bringt, hab ich noch ein paar Schlagworte für dich.«
    »Lass hören.«
    »›Synergie‹, ›Entmarginalisierung‹, ›wirksame Rehabilitation‹, ›ganzheitliche Interaktion‹ …«
    »Das Geräusch, das du im Hintergrund hörst, ist George Orwells Stöhnen.«
    Ich lachte. Wartete. Hörte zu, wie Olivia summte und vor sich hin murmelte.
    »Nichts«, sagte sie schließlich. »Nicht in irgendeiner Datenbank, die ich finden kann. Aber es kommt nicht alles rechtzeitig in den Computer, es gibt noch die guten, altmodischen gedruckten Listen. Ich bewahre sie nicht hier auf, dazu muss ich in die Zentrale gehen. Die haben heute schon zugemacht … lass mir ein bisschen Zeit, mein Schatz, und ich sehe mal, was ich tun kann.«
    »Vielen Dank, Olivia.«
    »Das ist doch das Mindeste. Komm mich mal besuchen, Alex. Bring Allison mit. Ist sie Vegetarierin oder so was?«
    »Im Gegenteil.«
    »Oh, du Glücklicher«, sagte sie. »Dann bring sie auf jeden Fall mit. Ich mariniere ein paar Steaks, meine Steaks sind berühmt. Du bringst Allison mit und Wein. Ich könnte ein paar sympathische Leute im Haus vertragen.«
    Halb sieben. Milo rief mich von seinem Schreibtisch aus an.
    »Jerry Quicks Steuerberater war zugeknöpft, aber ich habe ein paar Sachen aus ihm rausbekommen. Zunächst mal habe ich den Eindruck gewonnen,

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