Im Sog der Angst
bisschen Therapie. Gott weiß, dass sie eine braucht. In der Zwischenzeit werde ich das Gehalt verdienen, das die Stadt mir bezahlt.«
Eine Querstraße später: »Habe ich mich für all deine Hilfe bedankt?«
»Mehr als einmal«, antwortete ich.
»Gut«, sagte er. »Ich muss auf meine Umgangsformen achten.«
42
Der South Camden Drive um zwei Uhr nachmittags war ein schöner Anblick.
Gemäßigtes Beverly-Hills-Wetter, unbeeindruckt von den Jahreszeiten, nette Häuser, nette Wagen, nette Gärtner, die nette Rasen mähten. Nicht weit vom Haus der Quicks ging ein älterer Mann mit zwei Gehhilfen und einer kleinen philippinischen Krankenschwester über den Bürgersteig. Als ich vorbeifuhr, lächelte er und winkte.
Fröhlichkeit hatte so wenig mit dem Zustand deiner Knochen zu tun.
Die Tür des weißen Hauses war offen, und Sheila Quicks Minivan stand mit laufendem Motor in der Zufahrt. Der Auspuff stieß zierliche Rauchwölkchen aus, die sich in der warmen, milden Luft schnell auflösten.
Die Silhouette einer Frau auf dem Beifahrersitz. Ich stieg aus und näherte mich dem Van, wo ich Sheila Quick bei geschlossenem Fenster steif und wie hypnotisiert wirkend vorfand.
Sie bemerkte mich nicht, und ich wollte gerade an ihr Fenster klopfen, als eine junge Frau aus dem Haus kam, die einen übergroßen blauen Matchbeutel trug.
Als sie mich sah, erstarrte sie.
Groß, schlank, dunkle Haare, die sie achtlos zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Ein freundliches Gesicht, attraktiver als auf dem Familienfoto. Sie trug ein blaues Sweatshirt mit Kapuze zu einer Jeans und weißen Turnschuhen. Schräg stehende Augen, das kräftige Kinn ihres Vaters. Die leicht gebeugte Haltung hatte sie ebenfalls von ihm; dadurch wirkte sie erschöpft. Vielleicht war sie es auch.
»Kelly?«
»Ja?«
»Mein Name ist Alex Delaware. Ich arbeite mit der Polizei von L.A. zusam…«<
» Mit der Polizei? Was soll das heißen?«
Jurastudentin im ersten Jahr, in syntaktischer Analyse geübt? Oder hatte sie den Beruf gewählt, weil er ihrem Wesen entgegenkam?
»Ich bin Psychologe, der als Berater für das LAPD fungiert«, erklärte ich. »Ich bin im Fall Ihres Bruders …«<
Als sie »Psychologe« hörte, wandte sie den Kopf in Richtung ihrer Mutter. »Ich bin gerade in der Stadt angekommen«, sagte sie, »und weiß nichts darüber.«
»Hallo«, sagte eine fröhliche Stimme hinter mir.
Sheila Quick hatte ihr Fenster heruntergerollt und winkte und lächelte. »Schön, Sie wiederzusehen!«
Kelly Quick hob ihren Matchbeutel hoch, kam näher und stellte sich zwischen mich und ihre Mutter.
»Er ist bei der Polizei, Kell.«
»Ich weiß, Mom.« An mich gewandt: »Entschuldigen Sie, aber wir sind etwas in Eile.«
»Wollen Sie eine Zeit lang wegfahren?«
Keine Antwort.
»Wohin, Kelly?«
»Das möchte ich lieber nicht sagen.«
»Zu Tante Eileen?«
»Das möchte ich lieber nicht sagen.« Kelly Quick drückte sich an mir vorbei zum hinteren Teil des Vans, hob die Hecktür an und legte den Matchbeutel hinein. Zwei große Koffer lagen bereits da.
»Ich habe immer noch nichts von Jerry gehört!«, sagte Sheila Quick. »Vermutlich ist er tot!«
Immer noch fröhlich.
»Mom!«
»Kein Grund, unaufrichtig zu sein, Kelly. Ich habe die Nase voll von all der Unaufrichtigkeit in meinem …«
» Mut -ter! Bitte! «
»Wenigstens hast du ›bitte‹ gesagt«, erwiderte Sheila. An mich gewandt: »Ich habe sie dazu erzogen, höflich zu sein.«
»Wohin geht die Reise?«, fragte ich.
Kelly Quick platzierte sich wieder zwischen uns. »Wir sind in Eile.« Ihr Mund verzog sich. »Bitte.«
Sheila Quick sagte: »Die hier ist klug, alles in Ordnung mit ihrem Gehirn. Sie war immer eine großartige Schülerin. Gavin hatte den Charme und das gute Aussehen, aber Kelly hatte die guten Noten.«
Kelly Quicks Augen wurden feucht.
»Könnten wir kurz miteinander reden, Kelly?«, fragte ich. »Nur einen Moment?«
Wimpern flatterten, eine Hüfte wurde vorgeschoben. Eine Andeutung der Jugend, die sie kaum verlassen hatte.
»Gut, aber nur einen Moment.«
Wir gingen ein paar Schritte hinter den Van. Sheila Quick rief: »Wo geht ihr beiden hin?«
»Nur eine Sekunde, Mom.« Zu mir: »Was ist?«
»Falls Sie zu Ihrer Tante Eileen fahren, ist das leicht genug festzustellen.«
»Das tun wir nicht - wir können hinfahren, wo wir wollen.«
»Natürlich können Sie das, ich bin nicht hier, um Sie daran zu hindern.«
»Was dann?«
»Haben Sie etwas von Ihrem Vater
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