Im Sog der Angst
Sie einen Termin?«
»Nein, aber ich …«<
»Sie brauchen einen Termin. Er ist nicht hier.«
»Oh Mann«, sagte ich. »Keine Ahnung, wann er wieder da ist?«
»Er ist gegangen«, erwiderte sie. »Vor einer Minute.«
Ich gab auf.
Milo fluchte. »Drei Uhr, und der Typ macht Feierabend.«
»Sie sagte, vor einer Minute«, erklärte ich. »Wenn er vor dem Haus parkt, sehen wir ihn vielleicht, wenn er rauskommt.«
Der Verkehr stand. Dann kroch er. Und blieb stehen. Vier Wagen vor uns. Die Downtown-Schatten machten die Bürgersteige anthrazitfarben.
»Zum Teufel«, sagte Milo und rammte den Schalthebel auf PARK. Er stieg aus und sah den Broadway hoch und runter. Die rechte Spur war stillgelegt, blockiert von orangefarbenen Kegeln. Die Kegel markierten rechteckige, ausgebaggerte Löcher. Die Luft roch nach Asphalt, aber es waren keine Arbeiter in Sicht.
Milo konfrontierte vier erschrockene Fahrer mit seiner Dienstmarke, stieg wieder ein, beobachtete, wie sie nach rechts ausscherten, gefährlich nahe an die Kegel heran. Er fuhr durch die Öffnung.
»Macht«, sagte er, während er ihnen zum Dank zuwinkte. »Ein berauschendes Gefühl.« Er ließ den Wagen ausrollen, fand einen illegalen Parkplatz neben einem von Kegeln umstellten Hydranten. Direkt gegenüber von dem Büro der Bewährungshilfe. Auf den Bürgersteigen herrschte viel Betrieb, und niemand achtete auf uns.
Sekunden später näherte sich uns eine stämmige Politesse mit ihrem Block in der Hand. Als sie vor seinem Fenster stand, zückte er die Dienstmarke. Er redete schnell, gab ihr keine Chance, etwas zu erwidern. Sie ging mit finsterem Gesicht weg.
»Ich würde sie in einem Gefängnisfilm besetzen«, sagte er. »Die unbarmherzige Matrone ohne goldenes Herz.«
Wir warteten. Kein Zeichen von Bennett Hacker.
»Vor einer Minute, wie?«
»Vielleicht gibt es einen Hintereingang?«, sagte ich.
»Wäre das nicht schade.«
Fünf weitere Minuten. Ein großes graues Regierungsgebäude, viele Menschen kamen und gingen.
Drei Minuten später wurde Bennett Hacker mit einem Haufen anderer Staatsbeamter aus der Eingangstür herausgespült.
Er war leicht zu übersehen, während er sich ein Stück von der Menge entfernte, um sich eine Zigarette anzuzünden.
Aber als die Sicht klarer wurde, paffte er immer noch. Er trug ein schlecht sitzendes graues Sportjackett über einer marineblauen Baumwollhose, einem dunkelblauen Hemd und einem silbern-aquamarin gestreiften Schlips. Rauchend ging er in der anderen Richtung die Straße hoch zu einem Hotdog-Stand.
Milo rollte langsam vorwärts, und ich machte ein Foto von Hacker. Den Mund voller Chili-Hotdog.
Hacker spazierte weiter den Broadway hoch, wobei er aß und rauchte. Ohne Eile. Einen völlig sorglosen Eindruck machend.
Ihm langsam genug zu folgen, ohne bemerkt zu werden, war nicht leicht. Die Fahrzeuge um uns herum standen entweder, oder sie waren deutlich schneller. Milo verstieß gegen zahllose Verkehrsregeln, schaffte es aber irgendwie. Ich machte Fotos, wenn das Blickfeld frei war. Die herausgleitenden Bilder offenbarten den klassischen Durchschnittsmann: groß, schlaksig, unauffälliges Gesicht. Das einzig Bemerkenswerte an ihm: die leicht einwärts gekehrten Fußspitzen. Sie verliehen ihm einen unsteten, fast betrunken wirkenden Gang.
An der nächsten Straßenecke steckte sich Hacker den Rest des Chili-Hotdogs in den Mund, warf das fettige Einwickelpapier in Richtung eines Mülleimers und verfehlte ihn. Er bog um die Ecke, ohne stehen zu bleiben und es aufzuheben.
»Da haben wir’s«, sagte ich. »Du kannst ihn wegen Verstoß gegen das Abfallgesetz festnehmen.«
»Alles notiert.« Milo näherte sich langsam der Ecke.
Hacker betrat einen städtischen Parkplatz.
»Wir bleiben hier und warten, bis er rauskommt«, sagte Milo. »Wir halten nach einem 99er Explorer Ausschau. Der Zulassung nach ist er schwarz, aber das könnte sich geändert haben.«
»Er hat zwei Adressen, aber nur ein Auto?«
»Yep.«
»Er gibt kein Geld für ein schickeres Auto aus«, sagte ich. »Oder für Klamotten. Die Wohnung in der Marina ist sein bestes Stück.«
»Das muss sie sein. Seine Bleibe an der Franklin ist ein Loch. Zwei Zimmer in einem alten dreistöckigen Haus ohne Aufzug. Ich bin gestern Nacht vorbeigefahren, in der Hoffnung, einen Blick auf ihn zu erhaschen, vielleicht zusammen mit Degussa. Kein Glück. Sein Briefkasten ist voll. Jetzt weiß ich, warum. Er zieht die Meeresbrise vor.«
Der Explorer war von einem
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